Beschreibung eines ethischen Lebens.

Jakob, der dritte der Erzväter der Israeliten, wird in der Bibel auch „Israel“ genannt. Wissen Sie, was der Name „Israel“ bedeutet? Er bedeutet „der, der mit Gott ringt“. Ein Mensch, der mit Gott ringt, das ist aus psychologischer Sicht eine hochinteressante Vorstellung.

Im Alten Testament wird nicht ganz deutlich, was es bedeutet, an Gott zu glauben. Jakob ringt mit Gott. Ich denke, das ist eine sehr gute Beschreibung eines ethischen Lebens. Denn wer versucht, ein guter Mensch zu sein, hat es nicht leicht. Blinder Glaube hilft einem nicht weiter, weil man nicht automatisch weiß, woran man glauben soll.

Wer bestrebt ist, sich am Guten zu orientieren, aber nichtsdestotrotz verwirrt ist von der Struktur unserer Existenz (und das sind wir alle), muss mit ethischen Prinzipien ringen. In der Bibel ringt Jakob wortwörtlich mit Gott und verletzt sich dabei. Gott renkt ihm seinen Oberschenkel aus. Die Moral von der Geschichte ist: Sei vorsichtig. Das Ding, mit dem du kämpfst, ist mächtig. Du kannst dich auf einen solchen Kampf einlassen, aber es besteht ein echtes Risiko.

Der Kampf des Lebens

Der Begriff „Israel“ kann sich auf das gelobte Land beziehen oder auf den modernen Staat. Aber es gibt noch eine wichtigere Bedeutung, eine psychologische Bedeutung: Israel ist der Zustand, in dem sich alle Menschen befinden, die mit Gott ringen. Dieser Zustand ist nicht der glückliche, naive Glaube an ein ewig seliges Leben nach dem Tod. Es geht nicht um Wunscherfüllung, sondern darum, sich aktiv mit den Schwierigkeiten des Lebens zu befassen und den richtigen Weg zu suchen.

Mit Gott zu ringen, heißt, den richtigen Weg zu suchen. Mir scheint, als ob das die Bedeutung von „Glauben“ ist, im Alten Testament und vielleicht auch im Neuen. Der Glaube eines Menschen drückt sich in seinem Bestreben aus, den rechten Weg zu finden. Das ist ein ethisches Ringen, der Kampf des Lebens. Wer sich auf diesen Kampf einlässt, hat potenziell die Unterstützung des Göttlichen.  

Problemlöser – also diejenigen, die die Dinge in Ordnung bringen, so dass uns die kosmischen Zerstörungskräfte nicht überwältigen, sind stets Menschen, die mit ethischen Fragen ringen. Und das hat etwas Erlösendes. Da sollte man nicht zynisch sein.

Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem Vortrag „Biblical Series XIII: Jacob's Ladder“. Hier geht’s zum Original-Vortrag auf dem YouTube-Kanal von Jordan B. Peterson.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Karla Kuhn / 16.08.2018

Ich bin Agnostikerin, ob es einen Gott gibt, kann ich weder bejahen noch beneinen. Allerdings hatte ich schon mehrere seltsame Erlebnisse, daß ich der Meinung bin, es muß eine höher Instanz geben. Für viele Menschen ist der Glaube auch eine Krücke, an der sie sich festhalten und das ist doch nicht schlecht. Die Ethik sehe ich allerdings mit keinem Glauben verbunden, denn dann müßten alle Gläubigen sehr ethisch handeln. Und seit Menschengedenken handeln viele eben nicht gerade ethisch.  Ethisches Denken und Handeln wäre ein paradiesischer Zustand, nur leider nicht erreichbar.

Werner Arning / 16.08.2018

Ja, und Jakob lässt diesen Mann nicht los, Jakob macht zur Bedingung, dass dieser ihm seinen Segen erteilen möge. Seinen Namen will der Unbekannte nicht nennen. Doch Jakob weiß, dass er mit Gott gerungen hat und er bekommt Gottes Segen. Jakobs Hüftgelenk hat bei dem Kampf Schaden genommen, doch fortan lebt er unter Gottes Segen. Diesen hat er sich erzwungen. Er war hartnäckig, stur, kampfbereit, der Kampf dauerte die ganze Nacht. Dadurch hat er Gott überzeugt, er wurde dadurch seiner (Gottes) wert. Ab jetzt durfte er den Namen Israel tragen. Israel steht für Gottesstreiter. Jakob hat den Kampf gewonnen. Er hat Gott Gottes Segen abgerungen. Und Glaube mag aus diesem Ringen bestehen. Denn nicht naives Nachplappern kann der Wille Gottes sein. Glaube besteht aus Zweifel, aus Wissenwollen, aus Unnachgiebigkeit, aus Suche, aus Kampf und aus einer Unbedingtheit. Es geht dabei ums Ganze, nicht um irgendwelche „Glaubensfragen“. Es geht um das Leben, um den Tod. Wir haben nur diese Chance. Um was es geht,  ist fundamental. Aber es bleibt, und muss bleiben, immer eine freie Wahl.

alma Ruth / 16.08.2018

Sehr geehrter Herr Peterson, mit diesem Satz “Dieser Zustand ist nicht der glückliche, naive Glaube an ein ewig seliges Leben nach dem Tod. Es geht nicht um Wunscherfüllung, sondern darum, sich aktiv mit den Schwierigkeiten des Lebens zu befassen und den richtigen Weg zu suchen.” haben Sie das vielleicht Wichtigste am Judentum (Religion) begriffen und beschrieben. Es gibt nicht viele Christen die das schaffen. Meine Verehrung! lg caruso PS Im Judentum geht es viel weniger um Glauben als um den Weg, den man gehen soll.

Wilfried Paffendorf / 16.08.2018

Werter Herr Peterson. Ich wurde streng katholisch sozialisiert. Diese Art der Sozialisation konnte ich bis auf den heutigen Tag (ich bin 70 Jahre alt) nicht restlos abstreifen; es bleibt ein kleiner Rest. Bereits als Kind im Alter von 11 oder 12 Jahren war ich mir jedoch sicher, dass es keinen Gott geben kann,  Jedenfalls keinen von Menschen definierten Gott. Mir wurde zunehmend bewusst, dass in Bezug auf die Frage nach der Existenz eines Gottes und seinem Wesen sowie seinen Merkmalen, vernünftigerweise nichts gesagt werden kann. Wenn es einen Gott gibt, dann könnte er alles andere sein, aber nicht dasjenige Wesen, das Menschen beschreiben. Alles was ich sah und hörte, waren Widersprüche und Versuche, Menschen so früh wie möglich geistig zu beeinflussen und in eine Organisation zu zwingen. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen mit anderen Religionen kam ich immer wieder zu demselben Ergebnis. Ich habe mich im Laufe der Jahrzehnte von jeder Gottesvorstellung verabschiedet, und das war gut so. Ich fühle mich geistig und psychisch frei, ich habe weder Angst vor dem Tod noch vor einem Wesen, das alle Menschen am Ende der Zeit richten wird. Ein solches Wesen gibt es nicht, denn es hielte über sich selbst Gericht. Das Einzige, vor dem ich mich in der eigenen Vorstellung fürchte, ist ein grausames Sterben. Vor dem Danach kann ich mich nicht fürchten. Im Gegenteil - ich bin neugierig auf dieses Danach, wenn es denn ein solches geben sollte. Ich sehe keinerlei Grund mehr für mich, mich mit Religion und Eschatologie zu beschäftigen. Es war eine ungeheure Erlösung, mich von diesem Irrsinn zu trennen. Wie andere damit umgehen, ist nicht mein Problem. MfG Wilfried Paffendorf.

Rudolf Dietze / 16.08.2018

Man ringt mit Gott und sucht den richtigen Weg. Einfache Gerüste wie die 10 Gebote helfen dabei. Aber schon diese wenigen Gebote. Wie schwer sind diese einzuhalten. Du sollst nicht töten und wie war die Entscheidung mit dem ungeborenen vierten Kind?  Du sollst nicht ehebrechen. Du hältst es ein und der Partner? Die Pfarrer*innen sind auch sehr weltlich geworden. Also was solls’. “Der Glaube eines Menschen drückt sich in seinem Bestreben aus, den rechten Weg zu finden.” Dies findet auch immer mit Reflexion zur Bibel statt. Das Problem ist, das ich diese Reflexionsmöglichkeit nicht mehr in meiner Kirche finde. Die Pfarrer sind weit weg von der Bibel , nah an der Politik, um ihre Fehler zu verdecken. Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Schalten wir den Computer auch mal aus und schauen auf das Göttliche um uns!

Helmut Driesel / 16.08.2018

Der alttestamentarische Gott begrenzt den Menschen. Besonders die Herrschenden und die Gesetzesbrecher mussten ihn fürchten. Denn das einfache Volk war bereits begrenzt von den vielen weltlichen Pflichten, Verboten und sonstigen Notwendigkeiten. Dahinter steht die Überzeugung, der Mensch sei a priori nicht vernünftig genug, um frei zu sein und seinen Freiheiten selbst nützliche Grenzen zu setzen. Das trifft bei grosszügiger Betrachtung genau so auf die Menschenaffen zu. Nach einigen tausend Jahren nun fühlen sich immer mehr Menschen reif und geistig auf der Höhe, um unbeschadet frei zu sein. Das Wesen Mensch differenziert sich von den Schwächen seiner Abstammung und nähert sich Gott an. Holt den geglaubten Schöpfer gleichzeitig aus der Welt des Gedachten und Informationellen ein Stück näher zu sich in die Realität. Er wird dann hier gegenwärtig sein und jeder wird sehen, es war weder schlimm noch falsch, zu glauben. Aber es war nicht zwingend notwendig. Die Missionare und Prediger waren bloß gerissene Trittbrettfahrer der Menschheitsgeschichte. Im günstigsten Falle haben sie keinen Schaden angerichtet. Was man auch von dem Autor Peterson hoffen darf.

Henner Borges / 16.08.2018

Schon Goethes Mephist erkannte, dass trotz 1.000-jährigen Kauens kein Mensch den alten Sauerteig - Israels Gegenstand - verdaue. Daran sollte man sich fröhlich halten und den Rest zu den Akten legen.

Gabriele Klein / 16.08.2018

Danke für diese klaren, kurz gefassten biblischen Gedanken. Hoffen wir dass kein(e) postmoderne(r) “Apostel(in)*”, “Prophet(in)*” oder sonstige(r) Gur(in)u* daherkommt um mit seiner* IHRER “Absoluten Wahrheit” sei sie nun braun oder schwarz, rot oder grün protestantistisch, katholizistisch, atheisistisch oder mohammedanISTisch, dieses Ringen um die Wahrheit mit dem eigenen SELFIE in ARD und ZDF zum Höchstpreis zu beenden…..

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