In meinem gestrigen Artikel schilderte ich, wie sich Katja Kipping und Bernd Riexinger mit ihrer Programmatik zu den Totengräbern der Linkspartei aufschwingen. Besonders Riexinger überbot in der vorletzten Juli-Woche dann mit seinen sozialistischen Schauergeschichten aus Tausend und einem gescheiterten Realsozialismus sogar selbst den von ihm und Katja Kipping im Jahr 2018 intonierten „Klassenkampf“ und den in der Wahlnachlese 2019 zur Avantgarde der Arbeiterklasse erklärten Hipster-Sozialisten.
Dieser Riexingsche Vierklang bestand aus einer „Ausweitung der Flüchtlingsrechte auf Klimaflüchtlinge“, damit auch garantiert jeder nach Deutschland kommende Migrant den Flüchtlingsstatus erhält, dann einer staatlich sanktionierten Belohnung für diejenigen Städte, die sich bereitwillig an dieser Selbsterosion Deutschlands beteiligen. Werden Städte, die sich diesem Diktat nicht unterwerfen, dann im nächsten Schritt eigentlich bestraft?
Weiter mit einer Verstaatlichungsoffensive, beginnend bei Fluggesellschaften, damit Schlüsselindustrien künftig in staatlicher Hand liegen (Venezuela lässt grüßen) und im Schlussakkord einer Dämonisierung der Bundeswehr, die als Parlamentsarmee und somit letzte demokratisch legitimierte Bastion diese Angriffe auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung noch abwehren könnte.
Schauergeschichten aus 1001-mal gescheitertem Sozialismus
Doch dieser Prozess der in den Mainstream-Medien nicht reflektierten staatlichen Selbstauflösung (kritisches Hinterfragen würde nun auch wirklich jedes linksgrüne Narrativ zerstören!) ist noch viel gravierender, wenn man Riexingers Papier „Das Klima, nicht den Kapitalismus retten“ vom 28. Juni 2019 in die Analyse einbezieht.
Diese Klimarettung gliedert sich in sieben Punkte auf, die nicht nur wie Marx' und Engels „Manifest der Kommunistischen Partei“ von 1848 klingt, sondern letzteres als Vorbild für Riexingers Werk gedient haben muss, und dabei, so viel sei schon einmal vorweggenommen, ganz im Sinne von Marx und Engels, der Diktatur des Proletariats das Wort redet. Marx und Engels schrieben in ihrem Manifest bekanntlich:
„Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d. h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren.“
Um nun Riexingers Visionen mit denen von Marx und Engels zu vergleichen, hier die sieben Punkte aus Riexingers kommunistischem Manifest. Stellt man sie Marx' und Engels „Manifest der Kommunistischen Partei“, der Antwort auf die 18. Frage („Welchen Entwicklungsgang wird diese Revolution nehmen?“) der Engelsschen „Grundsätze des Kommunismus“ von 1847 sowie Marx' und Engels „Kölner Flugblatt von 1848“ gegenüber, offenbaren sich folgende Übereinstimmungen (zuerst immer Riexingers Elaborat, dann in kursiv Marx’ und Engels’ Vision). Anmerkung: Die folgenden Zitate aus Marx' und Engels’ „Manifest der Kommunistischen Partei“ sind in der ursprünglichen Rechtschreibung gegeben.
Was Marx will, will Riexinger erst recht
(1) Energiekonzerne vergesellschaften: statt Stromerzeugung aus Atom oder Kohle nunmehr „eine dezentrale Energiewende, der die Menschen zustimmen, weil sie ihnen dient […] die das Öffentliche und demokratische Teilhabe stärkt […] die sich in Genossenschaften, Bürgerenergie und Stadtwerken organisiert“. Marx und Engels schrieben in ihrem „Manifest der Kommunistischen Partei“ zu solch einer Kollektivierung:
„Vermehrung der Nationalfabriken, Produktions-Instrumente, Urbarmachung und Verbesserung der Ländereien nach einem gemeinschaftlichen Plan.“
(2) Individualverkehr abschaffen: eine „Mobilität der Zukunft […] frei von unnötigem Individual-Autoverkehr“ sowie ein „Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs“, der dann „kostenfrei sein“ wird. Hat man nun noch Riexingers Forderung nach Verstaatlichung von Fluggesellschaften im Sinn, ergibt sich beim Abgleich mit dem „Manifest der Kommunistischen Partei“ wie dem „Kölner Flugblatt von 1848“:
„Centralisation alles Transportwesens in den Händen des Staats […] Alle Transportmittel: Eisenbahnen, Kanäle, Dampfschiffe, Wege, Posten u. s. w. nimmt der Staat in seine Hand. Sie werden in Staatseigentum umgewandelt und der unbemittelten Klasse zur unentgeltlichen Verfügung gestellt.“
(3) Kollektivierung von Eigentum: ein „Grundrecht auf Wohnen“ wird dem Markt entzogen und in Genossenschaften kollektiviert, mit einem „gesetzlichen Fahrplan für energetische Sanierungen“. In den „Grundsätzen des Kommunismus“ klingt das so:
„Zerstörung aller ungesunden und schlecht gebauten Wohnungen und Stadtviertel […] Errichtung großer Paläste auf den Nationalgütern als gemeinschaftliche Wohnungen für Gemeinden von Staatsbürgern“
(4) „Marktmacht der Agrar- und Lebensmittelkonzerne“ brechen: d.h. Agrarindustrie und Massentierhaltung einschränken, stattdessen „regionale Erzeugung“, damit alle Menschen „Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln“ und „biologisch produziertem Essen“ erhalten. Im „Manifest der Kommunistischen Partei“ heißt es dazu:
„Errichtung industrieller Armeen besonders für den Ackerbau […] Vereinigung des Betriebs von Ackerbau und Industrie, Hinwirken auf die allmählige Beseitigung des Gegensatzes von Stadt und Land.“
Der Bourgeoisie alles Kapital entreißen
(5) Deindustrialisierung Deutschlands: „gesamten Industriebereich“ umbauen, „Industrie muss verbindlich Emissionen reduzieren“, „Industrie entwickelt mittels Vorgaben ressourcensparende, langlebige Produkte, die stärker in eine regionale Kreislaufwirtschaft eingebettet sind“. Dies alles überwacht von „Wirtschaftsräte[n] unter Beteiligung der Belegschaften, der Gewerkschaften, Umwelt- und Sozialverbänden sowie gewählter Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen, Länder und des Bundes“. Das „Manifest der Kommunistischen Partei“ artikuliert diese Forderung ja wie folgt so:
„Vermehrung der Nationalfabriken, Produktions-Instrumente, Urbarmachung und Verbesserung der Ländereien nach einem gemeinschaftlichen Plan.“
(6) Enteignung der Wohlhabenden: „Einführung einer Vermögenssteuer zur Finanzierung dieser Zukunftsinvestitionen“, „DIE LINKE bittet die Vermögenden und die Konzerne zur Kasse, wodurch Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz, zukunftsfähige Arbeitsplätze und ein Transformations- und Konversionsfonds für ,gerechte Übergänge‘ finanziert wird“. Im „Manifest der Kommunistischen Partei“ klingt das so:
„Expropriation [Enteignung, Anm. des Autors] des Grundeigenthums und Verwendung der Grundrente zu Staatsausgaben […] Starke Progressiv-Steuer […] Abschaffung des Erbrechts.“
(7) Bourgeoisie nach und nach alles Kapital entreißen: „Der historisch und anhaltend hohe Ressourcenverbrauch und die Klimaschuld des reichen Nordens treibt Menschen im globalen Süden in Armut, Migration und Flucht […] DIE LINKE gemeinsam mit den Menschen aus diesen Weltregionen auf allen Ebenen für Klimagerechtigkeit, echten Klimaschutz und gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur“. Marx und Engels formulieren diesen Prozess in ihrem „Manifest der Kommunistischen Partei“ so:
„Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktions-Instrumente in den Händen des Staats, d. h. des als herrschende Klasse organisirten Proletariats zu centralisiren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren. Es kann dies natürlich zunächst nur geschehen vermittelst despotischer Eingriffe in das Eigenthumsrecht und in die bürgerlichen Produktions-Verhältnisse, durch Maaßregeln also, die ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen, die aber im Lauf der Bewegung über sich selbst hinaus treiben und als Mittel zur Umwälzung der ganzen Produktionsweise unvermeidlich sind.“
Riexingers despotische Weltenrettung
Riexinger, wie auch Kipping, geht es demnach nicht um die Rettung des Klimas, diese Rabulistik ist nur ein typisch sozialistischer Aufhänger, vielmehr wollen beide die Welt mit einem neuen Kommunismus beglücken. Riexingers kommunistisches Manifest ist der Leitfaden für diese gesellschaftliche Umwälzung.
Es geht also darum, der „Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen“, das heißt, alles zu verstaatlichen und zu zentralisieren und dies mittels „despotischer Eingriffe in das Eigenthumsrecht“. Mögen diese Eingriffe auch noch so „ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen“, doch für den feuchten Traum des Kommunismus ist Riexinger jeder „despotische Eingriff“ erlaubt, der in seiner totalitären Konsequenz wie historischen Tradition des Realsozialismus jede Menschenverachtung und jeden Massenmord für das hehre übergeordnete Ziel einer besseren Welt billigen muss.
Riexingers Machwerk „Das Klima, nicht den Kapitalismus retten“ kann sich jedoch auch als Boomerang für die im Wahlkampf stehenden ostdeutschen Landesverbände der Linkspartei erweisen, wenn ihre politischen Gegner Riexingers Werk herumreichen und dies mit der Frage an die Wähler verbinden, ob diese denn gerne eine DDR 2.0 wieder hätten, wenn die Linkspartei in ihrem Bundesland in Regierungsverantwortung käme.