Roger Letsch / 10.09.2016 / 16:04 / Foto: Tim Maxeiner / 4 / Seite ausdrucken

Berlin gehört mir? Nix wie weg!

Fährt man dieser Tage durch Berlin, kann man dem Wahlkampf nicht entkommen. Ich muss ja ehrlich sagen, dass ich noch nie anhand der Aussage eines der Wahlplakate meine Wahlentscheidung geändert habe. Auch meine Entscheidung, überhaupt zur Wahl zu gehen, beeinflussen sie nie. Selbst als Erinnerung an den Wahltermin taugen die Dinger nicht, denn irgendwann schneidet mein Unterbewusstsein die Plakate aus meinem Alltag, wie Druckstellen beim Kartoffelschälen.

Dabei gibt es wirklich interessantes im Wahlkampf-Berlin zu entdecken! In der Vergangenheit waren es häufig die Plakate der Parteien, die unter „Andere“ zusammengefasst werden – wobei ich mich frage, warum diese sich nicht längst zu einer gleichnamigen Partei zusammengeschlossen haben, um endlich mal eine Chance zu haben. Bei der Senatswahl 2016 ist es aber der Slogan der Linken, der alles andere inhaltlich um Länge schlägt: „Und die Stadt gehört Euch!“

Ich wusste, es gibt ein Häkchen mit dem Kreuzchen! Da geht man womöglich Links wählen, weil man Gras legalisieren möchte, kostenlose Kita-Plätze oder Beugehaftanstalten für Superreiche haben will und dann hat man gleich die ganze Stadt Berlin an der Backe kleben! Und die ganzen Schulden gleich mit! „Und die Stadt gehört Euch“, na toll, also mir! Am Ende bleibt es sowieso immer an mir hängen.

Die anderen Berliner und all die Touristen latschen dann überall rum, lassen ihre Flaschen und Kippen liegen und ich muss mich in meiner Stadt um die Stadtreinigung kümmern. Wenn die dort wenigstens für umme arbeiten würden – aber die wollen Geld, diese kapitalistischen Straßenkosmetiker! Von mir natürlich! Und wer weiß wie viele andere Leute mir dann auch noch auf der Tasche liegen!

Ausgerechnet Berlin gehört mir nun – nur wegen eines kleinen Kreuzchens auf einem Zettel. Die einzige Hauptstadt Europas, ohne die das jeweilige Land wohlhabender wäre, als mit ihr. Kein Wunder, dass die Linke sie los werden will! Ein Kreuz auf einem Zettel und schon ist es meine Polizei, meine Kanalisation, mein Pannenflughafen (die Hälfte, noch mal Glück gehabt), mein A100-Verkehrschaos, meine Wohnungsnot, meine Drogenfahndung, meine Schlaglöcher, mein Kanzlerinnenamt, mein Neukölln. Wisst ihr was…behaltet Berlin!

Wohnte ich dort, machte ich mein Kreuz lieber woanders als ausgerechnet bei der Linken. Die Drohung auf den Wahlplakaten zeigt wohl doch Wirkung bei mir, das hätte ich nicht erwartet!

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt hier.

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Hans Heydrich / 11.09.2016

Herrlich! Danke für das Lächeln, das Sie auf mein Gesicht gezaubert haben

Andreas Rochow / 11.09.2016

Dieser schöne Text erinnert auch daran, dass Linke mit Eigentum beliebig umgehen. Handelt es sich um Produktionsmittel, sollen sie enteignet oder verstaatlicht oder in “Volkseigentum” oder nicht auffindbares Parteivermögen überführt werden. Eine Stadt aber bedingt an Wähler verschenken zu wollen, die das richtige Kreuz machen, ist voller Symbolkraft: hohl und unrechtmäßig. Das ist kein Humor, das sind leere Versprechungen. Leider ist die linke Devise nicht ganz falsch: Das macht doch nix, das merkt doch keiner!

Viola Heyer / 11.09.2016

In 70 Jahren Nachkriegsdeutschland gab es noch nie so viele gewalttätige Angriffe wie gegen AFD-Wahlkämpfer. Ob die Lückenpresse sich mal an die eigene Nase fasst und eine Mitschuld eingesteht?

Peter Hofstetter / 11.09.2016

Hihi, gut gewendet, das linke Plünderungsversprechen. Berlin sollte durchaus mal wem anders gehören, vielleicht mal einem Bundeskommissar, der ordentlich aufräumt. Der könnte dann mit der Müllzange am Kottbusser Tor verstreuten Abfall einsammeln, Hausbesetzer zur Kartoffelernte nach Niederbayern schicken und Neukölln wieder zu einem Stadtteil machen, der Turnvater Jahn, sollte er mal wieder in die Hasenheide kommen, mit Ehren begrüßen könnte. BER inclusive. Aber das dauert wohl noch bis nächsten Herbst.

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