Peter Grimm / 10.03.2017 / 16:44 / Foto: Alexei Shevelev / 2 / Seite ausdrucken

BER: Durchstarten mit Verschieben

Der Berliner Flughafenbau ist ein schönes Symbol für die neue deutsche Zuverlässigkeit. Man werkelt teuer vor sich hin, gibt Milliarden aus und niemand rechnet ernstlich damit, dass der Bau in absehbarer Zeit fertig wird. Nur eines geht nicht: Das Eingeständnis, dass das ganze Projekt ein Fehler war, dass die nach politischen Maßgaben zusammengezimmerte Flughafengesellschaft lieber aufgeben und man besser Fachleute an einem anderen Standort noch einmal ganz von vorn anfangen lassen sollte.

Zuverlässig wird nun alle paar Monate der Eröffnungstermin verschoben, in etwas größeren Abständen ein leitender Mitarbeiter als Sündenbock entlassen und manchmal trifft es, wie zuletzt, den Chef. Nun gibt es mit Engelbert Lütke-Daldrup einen neuen Chef, einen ehemaligen Staatssekretär, mithin wieder einen aus dem Politikbetrieb. Der künftige Sündenbock muss sich sinnvollerweise am Beginn seiner Amtszeit zunächst vom Eröffnungstermin verabschieden, den ihm sein Vorgänger hinterlassen hat. Dumm nur, dass das Eröffnungsjahr 2018 vom Berliner Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) erst vor wenigen Monaten verkündet wurde, verbunden mit der Entschuldigung, es doch nicht, wie vor der Abgeordnetenhauswahl noch angekündigt, 2017 zu schaffen. Da trifft es sich, dass zufällig eine Risikoanalyse der Unternehmensberatung Roland Berger an die Presse durchgesickert ist, wonach eine Eröffnung des BER bis Ende 2018 höchst unwahrscheinlich ist.

Als Gründe zitiert ein Bericht des rbb einen „fehlenden Planungsabschluss“, „unzureichende Koordination der Bauleistungen“, „keine vollständige Transparenz über technische Risiken“ sowie eine „unzureichende Koordination der Sachverständigen“. Außerdem müssten alle „Risiken identifiziert“ werden. Bei einem ordentlich geführten Bauvorhaben gehört all das eigentlich zu den Mindeststandards, insofern ist die Analyse vernichtend.

Der neue Chef verspricht derweil einen Termin, zu dem er einen neuen Eröffnungstermin nennen wird. Im Sommer soll es so weit sein. Allerdings wäre er nicht der erste BER-Frontmann, der auch den Termin zur Bekanntgabe eines neuen verschobenen Eröffnungstermins verschiebt. Im Verschieben ist man im neuen Deutschland zuverlässig. Nicht nur Termine werden beim Berliner Flughafenbau vorbildlich verschoben, auch Verantwortung. Für das Milliardendesaster scheint erstaunlicherweise niemand wirklich verantwortlich zu sein. Es sind halt die Umstände. Insofern leben diese Unverantwortlichen eine organisierte Verantwortungslosigkeit vor, die heutzutage bei Entscheidungsträgern immer beliebter zu werden scheint. Vielleicht ist der BER einfach nur ein Vorreiter: Wir verschieben Verantwortung, koste es was es wolle und nichts wird fertig. Zahlen müssen ja andere.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Peter Grimms Blog Sichtplatz hier

Foto: Alexei Shevelev spotters.net. GFDL via Wikimedia

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Leserpost

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Horst Jungsbluth / 11.03.2017

Da im politischen Betrieb bei Verantwortungslosigkeit und noch Schlimmeres die Verursacher nie zur Rechenschaft gezogen werden , bleibt der Schaden eben bei den steuerzahlenden Bürgern hängen und die haben eh nichts zu sagen. Das “dumme Volk” wird schnell mit idiotischen Phrasen wie mit dem Nachbeten von der “sozialen Gerechtigkeit”  und mit “tollkühnen” Plänen zur Errichtung von “Radschellwegen”, auf denen mehrere Monate, im Jahr kaum jemand unterwegs ist, abgelenkt. Dass man Schulen schließt, weil kein Geld für die Reparatur von Klos vorhanden ist, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Den Medien in Berlin fällt dazu überhaupt nichts ein, sie sind vollauf damit beschäftigt, nicht nur Meinungen, sondern auch harte Tatsachen zu schönen oder gar zu unterdrücken, Dabei könnte der BER geradezu exemplarisch als Beispiel dafür dienen, den Kunden in Form von Lesern, Hörer und Sehern klarzumachen, dass unsere gesamte politische Klasse nichts taugt.

Andrea Reich / 11.03.2017

Danke für diesen Text. Meine Meinung dazu: Es lösen also ständig einander Personen ab, deren Verantwortung es ist, die Bekanntgabe eines Termines zur Bekanntgabe eines Termines bekannt zu geben, wenn der bekannt zu gebende Termin nicht zu halten ist. Das ist Deutsche Gründlichkeit und Wertarbeit beim Vorgang der Bekanntgabe von Terminen anno 2017! Durchstarten, das war einmal, kleckern statt klotzen ist angesagt in Buntdeutschland. Im Großen, am Beispiel BER wird sichtbar, was durch politische Entscheidungen den Häuslebauern seit Jahren zugemutet wird, sie zum Verzweifeln bringt.  Über Generationen von Handwerkern geschaffene Qualitätsstandarts lösen sich in NICHTS auf bei gleichzeitig sich aufblähender EU Regulierungsbürokratie. Nun bekommen endlich die Politiker am BER ihre eigene Medizin zu schlucken, aber leider, leider auf Steuerzahlerkosten.

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