Die häufig beschworene Zivilgesellschaft kann plötzlich auch aus einer völlig anderen Ecke aktiv werden, wenn einer hinreichend großen Zahl von Menschen etwas nicht mehr passt. Was Millionen von Menschen nicht gefällt, ist zweifellos der öffentlich-rechtliche Rundfunk in seiner aktuellen Verfasstheit. Da die Klagen gegen die Erhebung der „Demokratieabgabe“ erfolglos bleiben dürften, gab es Ende 2019 zwei Vorschläge, wie man auf anderem Wege seinen Unmut deutlich machen und das Finanzierungssystem attackieren kann.
„Weihnachtsgrüße an den Beitragsservice“, das Verlangen auf Auskunft über die eigenen Daten, die vom „Beitragsservice” kostenlos innerhalb eines Monats zu erteilen ist.
Und „Neujahrsgrüße an den Beitragsservice“, die Strategie, sämtliche Lastschriften zu widerrufen und Barzahlung anzubieten. Wer nicht zahlen will, sollte es doch denen, die nach seinem Geld trachten, wenigstens so schwer wie möglich machen. Nach Maßgabe einer gerichtlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts muss der „Beitragsservice“ Bargeld annehmen. Das Verfahren liegt zur Zeit beim Europäischen Gerichtshof, ist also noch nicht rechtskräftig.
Offenbar scheint diese Strategie erste Früchte zu tragen. Wie anders ließe es sich erklären, dass der „Beitragsservice” sogar in einer Pressemitteilung einräumen muss, dass das System extrem herausgefordert ist?
Es scheint etwas Zug in den Kamin gekommen zu sein, um den ehrenwerten Peer Steinbrück zu zitieren.
„Mit dem Verzicht auf weitere Nachfragen helfen Sie uns dabei, Ihr Anliegen schneller zu bearbeiten.”
Soll das ein Witz sein? Antwort:
„Mit dem Verzicht auf weitere Gebührenforderungen löst sich ihr Problem von ganz alleine!”
Also sollte man das Gegenteil tun und mit Anfragen noch mal richtig nachlegen. Wenn jetzt schon „Hochdruck” herrscht, liegt es doch für jeden Unzufriedenen nahe, die Weihnachtsgrüße und die Neujahrsgrüße auch jetzt noch zu verschicken, um den Kessel am kochen zu halten.
Ich halte mich zwar aus Gründen der Transparenz dazu verpflichtet, diese Mitteilung eines Aktivisten zu publizieren, die mich heute erreichte. Ich finde den Vorschlag, dem „Beitragsservice” jetzt Faxe statt Mails zu schicken, jedoch gar nicht nett:
„Hier vielleicht ein Tip für die Aktivisten: Die (ziemlich geheimgehaltene) (kostenlose!) Festnetz-Faxnummer des Beitragsservices lautet: (0221) 5061 8292 01 – ein Fax absenden kann man auch bei vielen E-Mail-Anbietern online (z. T. sogar kostenlos), also auch ohne Faxgerät.”
Aus höchster Vorsorge und bei besonderer Sorgfalt bietet es sich eventuell sogar an, per Post und/oder Mail an den „Beitragsservice” gerichtete Schreiben wie das Auskunftsbegehren oder den Widerruf der Befugnis, Lastschriften einzuziehen oder das Angebot, bar zahlen zu wollen, nochmals per Fax zu übersenden.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Joachim Steinhöfels Website.
Nachtrag/Update (1) von Joachim Steinhöfel am 10.01.2019: Leser wiesen nach Konsultation von Internet-Archiven darauf hin, dass die Pressemitteilung aus April 2019 stammt. Das trifft zu. Allerdings enthält die Pressemitteilung selber kein Datum. Erhält man nur den Link zur PM selber, findet sich kein Hinweis auf das Datum ihrer Veröffentlichung. Und: Wenn schon damals beim “Beitragsservice” Land unter war, dann jetzt erst Recht.
Nachtrag/Update (2) von Joachim Steinhöfel am 11.01.2019:
Dieser Eintrag sich jetzt auf der Startseite von „rundfunkbeitrag.de“: "Beim Beitragsservice kommt es derzeit zu einem erhöhten Aufkommen von Anrufen und schriftlichen Anfragen. Eine kurzfristige Antwort kann nicht immer garantiert werden. Mit dem Verzicht auf weitere Nachfragen helfen Sie uns dabei, Ihr Anliegen schneller zu beantworten. Für eine unter Umständen entstehende Verzögerung bitten wir um Ihr Verständnis".