Was wäre ein Prophet ohne Streit um die richtige Wiedergabe seiner Worte, ohne verschiedene Fassungen der heiligen Suren, ohne Apokryphen, die man sich um die Ohren hauen könnte? Das Internet macht’s möglich…
Erstaunlich: klickte man so gegen 12 Uhr heute auf den Link zu Frank Schirrmachers Artikel über das Ende des Kapitalismus, bekam man einen Text, in dem über Obama Folgendes stand:
“Wenn es stimmt, dass die Krise sich wie eine Spirale immer tiefer in die Fundamente bohrt, dann ist dies ihr rhetorisches Spiegelbild. Obama könnte zu spät kommen – das ist, unter allen Endzeitparolen unserer Zeit, die radikalste. Denn was ist, wenn er pünktlich ist, aber den Erwartungen, die jetzt fast mythisch aufgebaut werden, nicht gerecht wird?”
Diese Selbstzensur der Printfassung, in der noch Obama mit Gorbatschow verglichen worden war, hatten die Kollegen von Perlentaucher spöttisch aufs Korn genommen, ich jedoch als späte, wenn auch stillschweigende Einsicht gedeutet.
Klickte man jedoch wenig später auf den gleichen Link, las sich die Passage plötzlich so:
“Wenn es stimmt, dass die Krise sich wie eine Spirale immer tiefer in die Fundamente bohrt, dann ist dies ihr rhetorisches Spiegelbild. Obama könnte zu spät kommen - das ist, unter allen Endzeitparolen unserer Zeit, die radikalste. Es ist die aktuelle Version von Gorbatschows berühmten Satz - und keinem Romancier hätte man diese Koinzidenz der Systemangst und der Systemrhetorik abgenommen, wenn er sie erfunden hätte.”
Da war also die Printfassung stillschweigend wiederhergestellt worden. Vielleicht um die Kollegen von Perlentaucher reinzulegen? Sie als unzuverlässig vorzuführen? Schließlich hat die FAZ ein Problem mit ihnen.
Sicher nicht, um meine Kritik zu entkräften.
Bei der bleibe ich: Restaurantboykotts sind kein gutes Mittel gegen die Krise. Das individuelle Sparen ist vielmehr ein Paradebeispiel für die zuerst von John Maynard Keynes gemachte Beobachtung, dass individuell rationales Verhalten in einer irrationalen Situation gemeingefährlich ist.