Henryk M. Broder / 31.12.2019 / 08:00 / Foto: Infrogmation / 236 / Seite ausdrucken

Bei Anruf – Mord. Was sonst?

Beim WDR ist die Luft so dick wie in einer Raucherkneipe, die von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch nicht gelüftet wurde. Mitarbeiter taumeln durch die Gänge und fragen sich gegenseitig: Wie konnte das nur passieren? Ja, wie war das nur möglich? Dabei ist es nicht der erste Fall von Kontrollverlust in dem Haus am Appellhofplatz. Die Intervention des Intendaten, der vom Krankenbett seines Vaters in einer Live-Sendung anrief, hat die Sache nur verschlimmbessert, wie wir Habsburger sagen. Jetzt ergreift der Intendant wieder das Wort, diesmal nicht an die Gebührenzahler- und Zahlerinnen, sondern an die  Mitarbeiter*Innen:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Sie haben es über das Wochenende mitbekommen: Der WDR steht mitten in einer Kontroverse, die inzwischen jedes erträgliche Maß überschreitet. Auslöser war ein Satire-Video von WDR 2, das zugegebenermaßen misslungen war und die Gefühle vieler Menschen verletzt hat. Der Wellenchef und auch ich als gesamtverantwortlicher Intendant haben das öffentlich eingeräumt.

Meinungsmacher nutzen diese Kontroverse nun aber für ihre Zwecke und hetzen gegen den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Bei einer Protestaktion vor dem WDR in Köln musste gestern die Polizei rechte und linke Demonstranten voneinander trennen, damit es keine Gewalt gab. WDR-Mitarbeiter*innen erhalten Morddrohungen. Wir bieten diesen Kolleg*innen Personenschutz an und gehen mit allen juristischen Mitteln dagegen vor. Wir werden alles tun, um unsere Mitarbeiter*innen zu schützen.

Gewalt oder die Androhung von Gewalt dürfen nicht unser Miteinander bestimmen. Ein missglücktes Video ist eine Sache, Morddrohungen eine ganz andere. Die Hetze und Verrohung in der Gesellschaft werden uns nicht einschüchtern. Sie bestärken uns darin, zu einem besseren Miteinander in Deutschland beizutragen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen guten Jahreswechsel und Kraft für das neue Jahr.

Herzliche Grüße

Ihr

Tom Buhrow

Damit verlagert sich der Schwerpunkt der Empörung von einem missglückten Video auf Morddrohungen, ohne die in Deutschland offenbar nichts mehr geht. Aber der WDR lässt sich nicht einschüchtern. Bereits in der Silvesternacht 2015/16 hat das Haus sehr entspannt auf die Vorfälle auf der Domplatte vor seiner Haustür reagiert und damit wesentlich zu einem besseren Miteinander in Deutschland beigetragen. 

Jetzt kann es nur noch besser werden. Siehe hier und hier und hier.

 

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Claudia Maack / 31.12.2019

Soso, die Halbwertszeit, bis der Spieß herumgedreht wird, dauert also 48 Stunden: Haß und Hetze sind nunmehr nicht der WDR, sondern die faschistischen Oma-Verteidiger, der liebenswerte Dirigent und die inzwischen völlig verzweifelten Chorkinder sind arme Opfer von rechtem Mob, der WDR ist schrecklicherweise eingeknickt anstatt die Umweltsau zu verteidigen (bei dem Wort “entsorgen” ist hingegen Empörung ohne Ende erlaubt) und die Deutsche Umwelthilfe mahnt nicht ab, sondern mahnt zu mehr Diffamierung. Gleichzeitig will man nicht “spalten”. Tja, an diesem bescheuerten Lied zeigt sich der ganze Abgrund deutscher Befindlichkeit.

Ilona Grimm / 31.12.2019

Der WDR hat’s wirklich drauf, jeden Spieß einfach umzudrehen. Nun sind wieder die Verunglimpften, also die Opfer, die eigentlichen Täter. Ähnlichkeiten mit deutschen Justizorganen sind rein zufällig.

Ralf Fehrmann / 31.12.2019

Ich weise in diesem Zusammenhang auch auf die Sendung der Tagesthemen von gestern Abend, 23.45 Uhr hin, gleich der erste Beitrag und abrufbar über die Mediathek.

Frank Stricker / 31.12.2019

Das Procedere bei solchen Fällen läuft immer nach dem gleichen Muster ab ; Wenn nach einem solch skandalös Vorfall das Netz tobt (zurecht !!) , dann sucht man sich immer die Fälle aus , wo übers Ziel hinausgeschossen wurde. Die überwältigende Mehrheit , die pointiert und klar die Instrumentalisierung der Kinder herausstellt (Wie z.B. hier auf der Achse),wird dann sehr gerne untern Teppich gekehrt……..

Markus Kranz / 31.12.2019

Wenn man seinen Hass gar nicht mehr verstecken kann, kann man immer noch versuchen, sich als Opfer darzustellen. Leidet nicht auch der IS unter der Intoleranz der aggressiven deutschen Omas? Leistet die Hamas nicht auch verzweifelten Widerstand gegen israelische Omas? Der WDR will ja nur helfen, dass er dabei zufälligerweise immer auf der falschen Seite steht, ist ja kein Missgeschick, sondern hat System.

Stefan Riedel / 31.12.2019

Und was lernen wir daraus? Lieber Bürger und Gebührenzahler! Äußere nie mehr Kritik (berechtigt oder unberechtigt) am Staatsfunk. Es könnte zu Morddrohungen gegen die Mitarbeiter kommen. ( Die ideologiekritischen Begriffe Immunisierungsstrategie, Selbstimmunisierung (gegen Kritik) oder auch Kritikimmunisierung sind von dem deutschen Soziologen und Philosophen des Kritischen Rationalismus, Hans Albert, in die Wissenschaftstheorie eingebracht worden, Wikipedia).

Mark Schild / 31.12.2019

Herr Buhrow hat vergessen zu erwähnen, dass ein “freier” WDR-Mitarbeiter Senioren als “Nazisau” bezeichnete. Dass die unfreiwilligen Sponsoren dieser Teufeleien nicht mehr jede unappetitliche Kröte schlucken wollen, kann er nicht verstehen.

Rainer Hanisch / 31.12.2019

Gerade lese ich in den Nürnberger Nachrichten, dass die hinterwäldlerischen Bayern auch keine andere Erklärung für die Empörung etlicher Menschen haben, als dass “der WDR in die rechtspopulistische Falle” getappt ist. Beschränkter gehts wohl nicht mehr! Allerdings gibt es auch hier noch einige, die sich den gesunden Menschenverstand bewahrt haben; diejenigen mögen meine obige Charaktrisierung nicht auf sich beziehen!

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