Die EU hat auch im vergangenen Jahr wieder einen großen Teil ihres Haushalts unrechtmäßig ausgegeben. Wie aus dem Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofs hervorgeht, den die Behörde am Dienstag in Brüssel vorgelegt hat, gibt es insbesondere bei den Agrar- und den Strukturhilfen noch immer massive Defizite. Quelle: FAZ
Das wäre natürlich schon ärgerlich genug. Aber richtig skandalös ist es, dass der Rechnungshof bislang jeden einzelnen Haushalt der EU seit 1994 beanstandet hat (über die Zeit davor kann man nichts sagen, weil die Prüfungen erst 1994 begannen).
Man stelle sich das einmal in der Privatwirtschaft vor, wenn ein Unternehmen dreizehn Jahre lang regelmäßig bei der Bilanzprüfung durchfallen würde oder wenn (wie etwa im Falle Siemens) Fälle von Korruption aufgedeckt würden. Es wäre ein Skandal, den sich keine Zeitung und kein Magazin entgehen lassen würde.
Bei der EU ist das aber der Dauerzustand, doch der Bericht des Rechnungshofs interessiert kaum jemanden. Ein paar vereinzelte Zeitungsmeldungen, jedoch kaum vergleichbar mit der Berichterstattung über Unregelmäßigkeiten in privaten Unternehmen, die es selbst auf die Titelseiten von Boulevardzeitungen bringen. Dem Staat scheint man einfach mehr durchgehen zu lassen als der Wirtschaft. Eigentlich unverständlich, denn in der Privatwirtschaft sind davon im Zweifelsfall nur die Aktionäre betroffen, im staatlichen Bereich jedoch alle Steuerzahler.
Dazu noch ein anderes Beispiel: Wie vor kurzem bekannt wurde, gab es in einem einzigen englischen Krankenhaus Dutzende Todesfälle aufgrund mangelnder Hygiene. Wie sich später herausstellte, war dies leider kein Einzelfall, denn in den amtlichen Hygienestatistiken schnitt das betreffende Hospital sogar noch vergleichsweise gut ab. Man darf also von Hunderten vermeidbaren Todesfällen im NHS insgesamt ausgehen. Darüber wurde denn auch in der Tat berichtet. Aber wie wären die Schlagzeilen wohl ausgefallen, wenn sich beispielsweise die Supermarktkette Tesco für vergleichbar viele Tote etwa durch Lebensmittelvergiftungen zu verantworten hätte? Wahrscheinlich hätte es sofort Forderungen nach der Schließung, vielleicht auch nach der Verstaatlichung Tescos gegeben. Eine Schließung oder Privatisierung der NHS-Krankenhäuser wurde hingegen noch nicht gefordert.
Und so wird auch die jüngste Meldung über den EU-Haushalt mangels des Interesses der Medien nicht dazu führen, dass sich an der Praxis des Umgangs mit europäischen Steuergeldern etwas ändert. Im nächsten Jahr gibt es dann dazu eine Kurzmeldung über den 14. kritischen Bericht des EU-Rechnungshofs seit 1994.