Bedingt abwehrwillig

Tatsächlich würde ich heute eher ein Russisch-Lexikon als eine Waffe in die Hand nehmen. Ich gebe auch gerne zu, dass ich sehr neugierig wäre, wie sich ganze Einheiten aufgrund des Mangels an Handcreme selbst auflösen.

Ich habe mich damals, Mitte der 80er, freiwillig zur Bundeswehr gemeldet. Das hatte mehrere Gründe: Ich wollte bestimmen, wann ich hingehe (wer „gezogen“ wurde, wurde eben gezogen), wohin ich gehe (Panzer oder Fallschirmjäger fand ich interessant) und vielleicht sogar den Standort (in Luxemburg gab es da dieses eine blonde Fräulein…). Und weil ich es wirklich für meine Pflicht hielt, mein Land und damit meine Freiheit und die meiner Lieben zu verteidigen. Ich war ein paarmal „drüben“ gewesen, „übern Zaun“ und den arroganten und überheblichen Zöllnern, und den verlogenen Betonköpfen dort im Politbüro von Einheitsfarbenhausanstrichland wollte ich meine schöne Bundesrepublik nicht kampflos überlassen. Immerhin hatte ich mir bereits mit 16 durch Arbeit meine Yamaha verdient und auch sonst wenig Lust, Jahre auf ein hässliches Spielzeugauto zu warten, wenn ich doch jenen hübschen Sportwagen gleich haben konnte… Ich war kein guter Soldat, um das vorneweg zu sagen, aber ja: Ich hätte Deutschland verteidigt. Nicht lange, da ich mit Sicherheit früh gefallen wäre, aber ja, ich wäre dazu bereit gewesen. Ich habe tapfer „abgeschreckt“.

Ich ging als Obergefreiter und als KGV („im Kriegsfall als Geisel verwendungsfähig“) ab und hätte mich, sofern das Codewort „Brauner Fuchs“ über den Äther gegangen wäre, bei meiner Stammeinheit melden sollen. Zu Wehrübungen wurde ich nie gerufen, wahrscheinlich bestand wenig Bedarf an einem „MG Zwei“-Schützen, der den Verschluss falsch herum in die Waffe hämmert. Aber bis in die 00er hinein hätte ich tatsächlich „mein Land“ verteidigt. Neben der Tatsache, dass ich heute als Mittfünfziger nur noch 500-Meter Märsche (bergab) stemmen könnte und auch nur G3 und Uzi bedienen könnte, gäbe es einen weiteren Grund, warum ich heute nicht mehr für „die BRD“ kämpfen würde: Ich kann dieses Land nicht mehr so gut leiden.

Dass mir hierzulande viel zu viele oberlehrerhafte Spinner und Angsthasen und offensichtlich Verrückte oder hyperengagierte linke Vollpfosten herumrennen, ist sowieso kein Geheimnis und für diese Blase von Realitätsleugnern und Biologieverdrehern hätte ich nullkommanull Lust, meine Freizeit oder sogar mein Leben zu riskieren. Da würde ich lieber mein Haus weiß oder blau-weiß-rot beflaggen und Borschtsch kochen, damit die jungen Russkis was in den Magen kriegen, bevor sie die lustige Clowncommunity weiter aufrollen. Ich habe kein Vertrauen mehr. Weder in die Regierung noch in die Bundeswehr noch in die Gesellschaft. Im Gegenteil wüsste ich bei Putin wenigstens, dass er tatsächlich ein Diktator ist und ich meine Klappe halten muss, wenn das nächste Ferienziel nicht Othrozny statt Usedom heißen soll. Das heutige #Scholzland kennt weder Ehre noch Wehrhaftigkeit, geschweige denn irgendeine Art nationaler Identität, Geschichts- oder Selbstbewusstsein. Wir haben uns selbst freiwillig und unter Beifall und Gejohle kastriert und freuen uns pflichtschuldig über jeden, der im Bahnhof im Trainingsanzug auf den Boden spuckt. Das „freundliche Gesicht“ hat eine rote Pappnase, eine grüne Perücke und ist grell überschminkt. Mit diesem Land will sich auch niemand mehr identifizieren, denn auch nur der leiseste Anflug von Patriotismus führt heute nach offizieller Lesart direkt auf die Gleise nach Auschwitz.

„Lasst uns ihnen Zwiebeltürme bauen!“

Ja, aber die Freiheit? Die Freiheit, sich beschimpfen zu lassen, sich belügen zu lassen, sich beleidigen zu lassen? Und dass ich alles kaufen kann, was ich will? Also, von dem Geld, das mir nach Steuern, Benzin- und Energiekosten übrigbleibt? „Druff gschisse“. Ich habe alles, was ich brauche und ich habe wenig Lust, das durch einen Artillerietreffer zu verlieren. Vielleicht hole ich mir ein paar Hühner, die ich dann neben meiner Haut zum Dorfmarkt trage, aber das war es dann. Ich muss auch nicht wirklich nach Usedom, und von den hübschen Flecken der Welt habe ich schon ganz viele gesehen. Meine Kinder und Kindeskinder wollen sowieso lieber Lastenfahrrad fahren als mit einer 767 die Welt zu erkunden und zu verstehen. Sollen sie haben, was sie begehren. Ich bin gespannt, ob es ihnen gefällt. Das werden dann vielleicht nicht so hübsche Zeiten für alle Penisfrauen, die sich gerne Röcke anziehen und Perücken aufsetzen, aber hey: Wenn die das nicht wollen, sollen sie selbst sehen, wie sie sich verteidigen. „Toxische, misogyne Männer und binäre Frauen mit Vagina“ verachten sie ja. Warum also sollten die „Binären“ für die „Paradiesvögel“ auch nur buchstäblich einen Finger um einen Abzug krummmachen? Wenn sie ohne Internet überhaupt den Weg zur Front finden oder sich nicht vernünftigerweise mit den Resten des Materials vorher abgesetzt haben. Beispielsweise nach Israel. Falls die die Klatschpappen haben wollen.       

Tatsächlich würde ich heute eher ein Russisch-Lexikon als eine Waffe in die Hand nehmen. Ich gebe auch gerne zu, dass ich sehr neugierig wäre, wie sich Schwangere in ihren frauengerechten Panzern so schlagen und sich ganze Einheiten aufgrund des Mangels an Handcreme und einem Handy-Ladegerät selbst auflösen. Und sich die paar echten Soldaten vor einem Kriegsgericht dafür verantworten müssen, auf den Feind geschossen (und vielleicht sogar getroffen) zu haben. Nein, bei mir und meinen Altersgenossen hat die pazifistische Umerziehung zum Internationalisten voll funktioniert. Wir sind nicht nur „bedingt abwehrbereit“, wir sind überhaupt nicht mehr abwehrwillig. Fast schon im Gegenteil! „Lasst uns ihnen Zwiebeltürme bauen!“

Die Bundeswehr wurde jahrzehntelang verlacht und gemobbt und als finanzieller Steinbruch für so spannende Projekte wie „Omas gegen Rechts“ oder notdürftig getarnte Stasi-Parkplatz-Organisationen missbraucht. Und sie hat sich wenig bis gar nicht dagegen gewehrt. Außerdem ist es doch egal, ob uns Scholz oder Putin eine Frikadelle auf die Backe malen. Die Unterschiede sind nicht mehr so groß, in Russland gibt es auch Internet und westliche Autos und keine Hungersnöte. Die Leute haben auch 40 Jahre DDR überlebt und da war es mit Sicherheit übler, als wenn Russisch hier und heute offizielle Amtssprache werden würde. Gut, es würde für unsere nahöstlichstämmigen Mitbürger etwas verwirrend, wenn es offizielle Formulare nur noch in kyrillischer Schrift statt auf Arabisch, Bantu und Türkisch gäbe, aber ich mutmaße, die würde es dann schlimmstenfalls wieder in die Heimat der Ahnen und Urahnen ziehen. Und sie dürften ebenfalls wenig geneigt sein, #Scholzland zu verteidigen. Wozu auch? Die sind ja extra hierher geflohen. Das macht ja wenig Sinn, wenn es in Aachen wie in Aleppo aussieht.

Polen ist das letzte ernstzunehmende gesellschaftliche und militärische Bollwerk Europas vor einer russischen Expansion. Die letzten, die noch ansatzweise motiviert sind. Und die wurden gerade mal wieder von den Leyen in Brüssel wegen Unbotmäßigkeit in den Senkel gestellt. Wenn Polen fällt, gehen in Berlin die Lichter der Darkrooms aus. Und ich weiß nicht, ob ich mir das nicht insgeheim wünschen soll. Jetzt kommt es in Europa zum Schwur, wie „feministische Außenpolitik“ und „Verteidigung mit Klimaschutzpanzern“ einer „inkludierenden Armee“ und andere abgehobene Hirnfürze funktionieren. Mit den antiken Tastentelefonen auf Putins Schreibtisch kann ich jedenfalls noch umgehen! Und ein 56K-Modem liegt hier auch noch irgendwo herum. Dobro pozhalovat, tovarischtsch Putin!

(Weitere Kapitulationserklärungen des Autors gibt´s unter www.politticker.de)  

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.  

Foto: Bundesarchiv/ Hirschberger, Ralph CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Wolfgang Richter / 23.02.2022

“Wir haben uns selbst freiwillig und unter Beifall und Gejohle kastriert…” , also quasi in ein Nichts aufgelöst, sind nur noch eine wabernde Masse ohne Halt und Werte. Deshalb klappts im übrigen auch so “gut” mit der Integration, denn auch den Neubürgern haben wir nichts Gehalt- und Sinnvolles zu bieten. Wenn dann demnächst auch noch die Buden und Herde kalt und bestenfalls von Kerzenlicht erleuchtet vor sich hin gammeln, ähnlich der Infrastruktur, bleibt nur ein kleiner Trost - es zieht auch niemanden mehr von auswärts her, vermutlich nicht mal mehr den “Iwan”.

Dietrich Herrmann / 23.02.2022

Oh je, was für ein Zyniker, der Herr Autor. So viel Zynismus kann nicht gut sein, bspw. für die Manneskraft…

Hans Habech / 23.02.2022

Mein Vater war mit 19 Jahren Soldat im 2. Weltkrieg, sein jüngerer Bruder ist “gefallen” in dem Krieg. Wenn ich eines weiß nach den Schilderungen meines Vaters, dann dies: NIE WIEDER KRIEG! Auch heutzutage scheint Abschreckung leider unverzichtbar. Aber im Ernstfall würde ich es vorziehen, unter z. B. russischer oder chinesischer Herrschaft zu leben als von einem Geschoss zerfetzt zu werden. Und ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe mich wiederholt und auch länger in diesen und ähnlichen Ländern (Iran, Pakistan) aufgehalten. Welche Rachegedanken ich gegen unsere Politiker hätte, darf ich hier nicht schreiben, wenn ich eines meiner Kinder tot zurückerhalten würde, weil es sein Leben hergeben musste für einen Kampf in Deutschland. Sollen unsere Politiker für die sogenannte Abschreckung sorgen. Ich habe immer ein weißes Betttuch im Schrank liegen.

Biggi Jaspert-Gärtner / 23.02.2022

Kann ich unterschreiben! Würde ich sogar meinen Namen drunter setzen! Der Treppenwitz wäre - im Fall der Fälle - vor einer Schussabgabe das Gewehr zu desinfizieren oder Panzer, wo neben der Turmluke Zutritt 2G+ und Maske steht. Die Munition muss CO2 neutral sein und aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen ... Ich weiß nicht, wohin sich diese Gesellschaften hin entwickeln - die Richtung steht jedoch fest: Steil nach unten! Der Aufschlag wird jedenfalls fürchterlich sein!

P. Tannenberg / 23.02.2022

Lieber Herr Schneider, auch mir sprechen Sie aus der Seele. Bin so alt wie Sie und habe seinerzeit auch meinen W-15-Grundwehrdienst in der alten BRD abgeleistet. Abgang als Gefreiter. Es war für mich überhaupt keine Frage, mein Heimatland gegen einen Angriff zu verteidigen. An eine Wehrdienstverweigerung habe ich seinerzeit nicht mal gedacht. Jahrzehnte später, gegen Ende der bleiernen Merkel-Jahre, beschloss ich, in eine Reservistenkameradschaft einzutreten. Mir sind die Wehrlosigkeit, der Toleranzterror und die Tendenz zur Aufgabe des Eigenen in unserem Land ein Horror. Ich hoffte dort auf Kameraden zu treffen, die noch so etwas wie Mumm in den Knochen haben und in irgendeiner Form eine patriotische Einstellung pflegen. Aber nix dergleichen. Das einzige, was dort hochgehalten wird, sind die Einhaltung der Coronamaßnahmen und die Maskenpflicht. Ich bin im Übrigen ungeimpft – und gesund! Politik ist dort nie ein Thema gewesen. Ich werde jedenfalls diesen Verein wieder verlassen. Geschossen habe ich immerhin einige Male. Das G36 ist übrigens besser als sein Ruf. Mein Vaterland liebe ich. Den Staat und seine Repräsentanten hingegen verachte ich - und mit ihm den Großteil der hiesigen Bevölkerung. Wenn es so weit, werden wir wissen, was zu tun ist.

Sybille Schrey / 23.02.2022

Na, na, na, Herr Schneider, Sie werden sich doch nicht der russophoben und anti-putinistischen Tradition der Achse entziehen wollen! Da ist aber bald Schluß mit Lustig, wettten das.

Christoph Müller / 23.02.2022

Ich habe alle Beiträge und vor allem meinen eigenen Beitrag noch einmal gelesen und muss mich fragen: Was bin ich nur für ein verbitterter alter Mann geworden? Eigentlich sollte ich mich schämen!

Klaus Pagenkopf / 23.02.2022

Der Leser hat es als einverleibter Neubundesbürger nie für möglich gehalten, dass ihm das in der Ex-DDR erlernte und praktizierte autoritäre Denken einmal in derartigem Ausmaß und in solcher Verbreitung in seiner neuen politischen Heimat wieder begegnen würde. Es ist einfach erschütternd.

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