Henryk M. Broder / 31.07.2020 / 10:00 / Foto: Axel Hindemith / 52 / Seite ausdrucken

Bedeutende Denkerinnen und Denker des 21. Jahrhunderts: W. B.

Der ehemalige Direktor des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung, Wolfgang Benz, hat gestern dem DLF ein Interview gegeben, in dem er erklärt, warum es falsch sei, "die Diskussion über Antisemitismus und Judenfeindschaft auf politische Momente einzugrenzen"; falsch sei es auch, "wenn der Bundestag die Boykott-Bewegung BDS als schlimmsten Auswuchs des Antisemitismus" definiere. Deswegen habe er, Benz, "gemeinsam mit anderen Intellektuellen" einen Offenen Brief an die Kanzlerin geschrieben. Erstens um "vor den jüngsten Annexionsplänen Israels" zu warnen und zweitens, "weil der Begriff Antisemitismus inflationär und oft unberechtigt gebraucht" werde.

So, jetzt wissen wir, wofür "Intellektuelle" in Deutschland zuständig sind. Um Israels Annexionspläne zu stoppen und darauf zu achten, dass der Begriff Antisemitismus weder inflationär noch unberechtigt gebraucht wird, sondern maßvoll und berechtigt, zum Beispiel im Zusammengang mit Auschwitz und der Endlösung, nicht aber mit Petitessen wie Roger Waters und BDS. In diesem Zusammenhang sagt Benz auch den Satz: "Die BDS-Bewegung ist an sich nicht judenfeindlich. Sie empfiehlt ein politisches Mittel, um eine politische Absicht durchzusetzen. Es geht gegen die Politik des Staates Israel. Es geht nicht um Juden."

An sich ist auch Benz kein Antisemit, zumindest kein lupenreiner. Wenn man aber genauer hinschaut, was er in den letzten Jahren so getrieben und gefördert hat, könnte man meinen, dass er ein kleines Problem mit Juden hat. Wie so viele, deren eiskalte Herzen für die Palästinenser schlagen, die in ihre historische Heimat zurückwollen, die ihnen von den Juden geraubt wurde. 

Man könnte Benz darauf aufmerksam machen, dass auch die Nazis politische Mittel einsetzten, um eine politische Absicht durchzusetzen, dass die Deportationen und die physische Vernichtung nicht die ersten, sondern die letzten Kapitel einer längeren Erzählung waren, die mit Ausgrenzung, Boykott und Entrechtung begann. Der Unterschied zwischen den Nazis und der BDS-Bewegung liegt im Wesentlichen darin, dass die Nazis technologisches Neuland betraten, während BDS in ausgetretenen Spuren wandelt. Das müsste ein so belesener und gebildeter Historiker wie Prof. Benz eigentlich wissen, wenn sein Blick auf die Wirklichkeit nicht von dem Drang getrübt wäre, es den Juden dafür heimzuzahlen, dass er sich 20 Jahre lang mit ihnen beschäftigen musste. 

Zu sagen, die BDS-Bewegung ist an sich nicht judenfeindlich, ist eine pathologische Entgleisung, kein Zufall, sondern einer Form der Judenfeindschaft geschuldet, die sich selbst attestiert, dass sie keine ist. Einfache Leute sagen: "Ich bin kein Antisemit, aber...", die Gebildeten: "An sich ist BDS nicht judenfeindlich..." 

"Wer Jude ist, bestimme ich", soll Hermann Göring gesagt haben. Was Antisemitismus und wer ein Antisemit ist, entscheidet heute Prof. Benz. Der muss es wissen. Er hat es von der Pike auf gelernt.

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Belo Zibé / 31.07.2020

@Joerg Gerhard: Gideon Levy und die vielen anderen Juden dienen Wolfgang Benz zur Rechtfertigung des BDS   wie   Gregor Gysis   jüdische Oma. Das Ass im Ärmel sozusagen.

Paul J. Meier / 31.07.2020

Anders sähe dies aus, wenn diese BDS von einer rechten oder populistischen Bewegung oder Partei gesteuert würde!? Wer sich selbst als Intellektuellen bezeichnet outet sich selbst, indem er so eine Art “Immunisierungsstrategie”, “Apriori-Rechthabenwollen” benutzt, eine primitive Form der Rhetorik die sich auf einen Sockel stellt, den die Niederungen der Durchschnittsmenschen nie erreichen werden und damit unangreifbar macht. Das ist schlichtweg unintelligent und leicht durchschaubar. Pars pro toto, einige Leute schreiben einen Brief und behaupten/meinen für das Ganze sprechen zu können. Würde er hier wenigstens Finessen der eristischen Dialektik anwenden, dann könnte man sich über eine intellektuelle Auseinandersetzung freuen, aber so… Nur am Rande noch erwähnt, zumindest müsste er einwerfen, dass solche Bewegungen auch(!) Antisemiten anzieht und zur Mitwirkung verleitet. Oder wie will man solche raushalten?

K.H. Münter / 31.07.2020

War dieser “Professor” nicht schon früher ein “Eiferer vor dem Herrn”? Meine Erinnerungen an ihn und seine Tätigkeiten sind durchaus negativ!

Th.F.Brommelcamp / 31.07.2020

Früher konnte die Linke solche Äußerungen nur innerhalb ihrer DDR Blase unausgelacht äußern. Nach der friedlichen Übernahme der BRD, kann das auch mit dem Einverständnis aller Sozialisten gesagt werden. Wer das anders sieht ist eben ein Nazi. Auch wenn er Jude sein sollte. Sorry meinte Israeli. Denn die sind ja voll Na….....

Wilhelm Lohmar / 31.07.2020

Der Lebenslauf von dem Herrn Prof. Dr. Wolfgang Benz zeigt mir einen 68er aus der zweiten Reihe. Wundert sich da noch jemand?

Rolf Lindner / 31.07.2020

Um Gnade vor solchen Antisemitismusforschern wie diesem Benz von Merkels und den de deutschen Zentralräten der Juden und der Moslems Gnaden zu finden, müsste die Juden in Israel ihre Politik auf Gender, Multikulti, Trump-Bashing, Rettung des Klimas vor dem kapitalistischen CO2 usw. umstellen. Da sie sicherlich nicht so bekloppt wie die Deutschen sein werden, ihr Land, ihre Kultur und Wirtschaft auf den Altären des Zeitgeistes zu opfern, werden sie weiter mit der Ungnade von Benz und Kumpane leben müssen und das sicherlich auch ganz gut aushalten.

Peter Peters / 31.07.2020

Der eigentlich unbedeutende Mann, dem man seinen Geltungstrieb mit einem Interview zu bester Sendezeit im staatsnahen Deutschlandfunk freie Bahn ließ, transportierte leider etwas viel Schlimmeres: was man viel weiter Oben zum Thema Israel und Juden wirklich meint. Noch äußert man sich nur indirekt mit Abstimmungen in UN-Gremien zu Israel. Aber die Richtung ist klar, man will endlich historisch bedingte Rücksichten loswerden und Wie andere „klare Kante“ zeigen dürfen. Und die Innenpolitik setzt zusätzlich mit den vielen meist israelfeindlichen Zuwanderern immer mehr Druckpunkte. Denn die sind in kurzer Zeit deutsche Staatsbürger und damit Wähler. Auch auf diese schnell wachsende Klientel zielen die Vorschläge zur Senkung des Wahlalters. Der pensionierte CDU-Scharfmacher Polenz darf einen Tag nach Benz im Deutschlandfunk dafür Propaganda machen. Solidarität oder Sensibilität gegenüber Israel bringen in diesen Zielgruppen keine zusätzlichen Wählerstimmen. Es ist aber auch ein Weckruf an Israel, sich vielleicht tiefer und intensiver mit den Vorgängen in Deutschland zu beschäftigen. Das sollte geschehen, bevor es zu spät ist.

Dirk Weidner / 31.07.2020

@Joerg Gerhard: man muss kein Literaturwissenschaftler sein, um Herrn Borders Text als Polemik erkennen zu können. Polemiken wiederum zeichnen sich durch Unsachlichkeit aus, oder besser gesagt: in einer Polemik wird eine sachlich überaus begründete Kritik einfach nur recht frank und frei formuliert. Darüber hinaus stelle ich jetzt einfach mal ganz sachlich fest, dass Sie zu den warmherzigen Menschen gehören, die sich sehr um das jüdische Volk und den Staat Israel sorgen, denn für ebendiese wird ja alles nur noch schlimmer, wenn Kritik an Israel/Juden “reflexhaft” abgelehnt wird, dabei ist doch Israelkritik das Gegenteil von Antisemitismus. Sie meinen es also wirklich gut mit den Juden! Außerdem freut es mich, dass Sie nicht alleine sind, vielmehr sind nicht nur ein paar, sondern viele Juden ebenfalls Ihrer Meinung, bzw. umgekehrt: Sie teilen lediglich deren israelkritische Haltung. Da kann ich natürlich verstehen, dass Sie sich selber nicht im geringsten für einen Antisemiten halten.

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