Henryk M. Broder / 21.12.2019 / 16:00 / Foto: Sven Teschke / 58 / Seite ausdrucken

Bedeutende Denkerinnen und Denker des 21. Jahrhunderts: U. G.-K.

Ich gebe zu, dass ich bis vor einer Stunde keine Ahnung hatte, wer Ursula Groden-Kranich ist, woher sie kommt und was sie so macht. Nun weiß ich es. Die charmante Bankkaufrau, die von 1989 bis 2014 als Anlageberaterin gearbeitet hat, sitzt seit 1999 im Mainzer Stadtrat und wurde 2013 in den Bundestag gewählt, wo sie in mindestens fünf Ausschüssen tätg ist. Sie gehört auch der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung an, einem Kryptoparlament, das "Vorschläge zu grenzüberschreitenden Fragen erarbeiten und die gemeinsame Umsetzung von EU-Richlinien voranbringen" soll. Nebenbei amtiert sie auch als Bundesvorsitzende des Kolpingwerkes Deutschland. 

Ich wurde auf die grenzüberschreitende Multitaskerin aufmerksam, als ich kurz beim Parlamentsfernsehen hängen blieb, eigentlich nur, um zu sehen, was für eine Outdoor-Jacke die Vizepräsidentin des Hohen Hauses, Claudia Roth, gestern angezogen hatte. Und da gab Frau Groden-Kranich gerade eine Erklärung im Rahmen der Aktuellen Stunde zur Flüchlingspolitik ab. Sie sagte unter anderem:

„Maria und Josef waren Flüchtlinge, Jesus war ein Mensch, der als Flüchtlingskind geboren wurde. In Bethlehem, im heutigen Westjordanland, Palästina, ist die Flüchtlingsproblematik auch 2000 Jahre danach leider immer so aktuell wie heute. Christentum und Botschaft des Neuen Testaments beginnen und beruhen auf einer Flüchtlingsgeschichte...“

Dummerweise wird die Geschichte in den Evangelien etwas anders erzählt. Da ist weder von Flüchtlingen noch von Geflüchteten die Rede. Josef und seine schwangere Verlobte Maria machten sich auf den Weg nach Bethlehem, um an einer Volkszählung teilzunehmen, die der römische Kaiser Augustus angeordnet hatte. Wären Maria, Josef und Jesus Flüchtlinge gewesen, hätte sich längst die UNRWA ihrer angekommen und nicht eine unbedarfte und überforderte CDU-Abgeordnete, die in der nächsten Aktuellen Stunde zum Thema offene Grenzen in Europa darüber sprechen wird, wie Hannibal mit seinen Elefanten zuerst über die Alpen und danach den Kürzeren zog.

 

Von Henryk M. Broder erschien am 8. November 2019 das Buch „Wer, wenn nicht ich – Henryk M. Broder“. Der Autor befasst sich darin mit „Deutschen, Deppen, Dichtern und Denkern auf dem Egotrip“. Das Buch kann im Achgut.com-Shop bestellt werden. Die zweite Auflage ist ab sofort lieferbar.

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Dirk Jungnickel / 21.12.2019

Vielleicht gründet die Dame noch einen Tierschutzverein rückwirkend. Von Hannibals Elefanten hat nämlich Zeitzeugen zufolge nur einer überlebt, der des Hannibal. Die anderen 36 haben die Tierquälerei der Alpenüberquerung im Nachhinein nicht überlebt. Das wäre doch ein erster Ansatz.

Rupert Reiger / 21.12.2019

Lk 2,1 (ff) Die Geburt Jesu: Es geschah aber in jenen Tagen, daß eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben (Aufstellung von Bevölkerungslisten zur Steuereinschätzung [sic] durch die römischen Behörden). Diese Einschreibung geschah als erste, als Quirinius Statthalter von Syrien war. Und alle gingen hin, um sich einschreiben zu lassen, ein jeder in seine <Vater->Stadt. Es ging aber auch Josef von Galiläa, aus der Stadt Nazareth, hinauf nach Judäa, in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt, weil er aus dem Haus und Geschlecht Davids war, um sich einschreiben zu lassen mit Maria, seiner Verlobten, die schwanger war. Josef ist also in seine Vater- und Geburtsstadt gegangen, da nach Lukas der in Nazaret wohnende Josef wegen einer Erfassung in Steuerlisten mit seiner Frau in seine Geburtsstadt hatte sich begeben müssen. Sie sind also heim (!!!) gegangen, was das Gegenteil von flüchten ist. Wären sie (Steuer-) Flüchtlinge gewesen, hätten sie nach ausserhalb des Römischen Reiches flüchten müssen. „Christentum und Botschaft des Neuen Testaments beginnen und beruhen auf einer Flüchtlingsgeschichte…“ verdreht die Sache ausgerechnet ins gerade Gegenteil. Ja, wer lesen kann ist im Vorteil.

Hubert Bauer / 21.12.2019

Alle Jahre wieder (zumindest seit 2015) erzählen diverse Politiker und Bischöfe die Geschichte der Heiligen Flüchtlingsfamilie. Ja, sie waren Flüchtlinge. Aber nicht weil Josef und Maria nach Bethlehem gegangen sind, sondern weil sie wegen des “Kindermordes von Bethlehem” nach Ägypten geflohen sind. Zumindest wenn die Geschichte in der Bibel richtig ist, war das Leben von Jesus tatsächlich und unmittelbar bedroht. Fluchtmöglichkeiten im eigenen Land hat es nicht gegeben. Josef ist nicht alleine geflohen, sondern mit Frau und Kind. Er hat in Ägypten gearbeitet und seine Familie selbst versorgt. Straftaten hat er dort sicher nicht verübt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er ständig eine Extrawurst wegen seines Glaubens gefordert hat. Als die Verfolgung vorbei war ist er wieder in seine Heimat zurückgekehrt. Gegen solche Flüchtlinge hat Niemand was. Aber unter den zwei Mio “Flüchtlingen”, die nach Deutschland gekommen sind, dürfte kein Einziger (!) sein, der auch nur im Entferntesten mit Josef, Maria und Jesus vergleichbar wäre.

Werner Arning / 21.12.2019

Kolping? Ich glaube, früher einmal streng CDU, heute streng grün. Deshalb geht Jesus als Flüchtling wohl locker durch. Nehmen wir es bitte nicht so genau. Irgendwie sind wir doch alle ein bisschen Flüchtling. Und es passt so schön in die Weihnachtsgeschichte. Eine Flüchtlingsfamilie. Auf der Flucht vor Krieg und Hunger und auf der Suche nach Mama Merkel. Und nach einem festen Gehalt, bezahlt für das schiere Bei-ihr-sein. Dann müssten wir konsequenterweise die Bibel etwas umschreiben. Fragen wir den Kolping, oder die Grünen danach, wie wir es denn passend machen könnten. Im Passendmachen kennen die sich doch aus. Und war der abweisende Herbergsvater nicht Mitglied bei der AfD? Und die Weisen aus dem Morgenland? Von welcher NGO waren die noch mal gesandt?

Bertram Scharpf / 21.12.2019

Sie ist nicht ein Mal dumm, sondern zweimal: Erst widmet sie Josef und Maria zu Flüchtlingen um, und dann die heutigen Migranten und Endringlinge. Wie kann jemand, der jedes intellektuelle Niveau derart mit Füßen tritt, für sich in Anspruch nehmen, er achtete Menschen?

Hannes Schmidt / 21.12.2019

“wie Hannibal mit seinen Elefanten zuerst über die Alpen und danach den Kürzeren zog.” Ohoh… Herr Broder, wenn sie damit nicht eine Steilvorlage geliefert haben??? Hannibal war Karthager, also Nordafrikaner… was zu einem Vergleich zwischen dem “bösen Rom und dem guten Karthago” (der “Punische Krieg” wird nicht erwähnt, es kommt ja das Wort “Krieg” darin vor) und der “Seenotrettung” vor der nordafrikanischen Küste heute führen könnte. zB.: - “Hannibal ist nur für das Recht auf Einwanderung über die Alpen nach Rom gezogen.” - oder zu Hannibals (Kriegs-)Elefanten: “Hannibal wollte nur die Elefanten in Europa heimisch machen und die bösen (rassistischen) Römer haben die armen Tiere einfach getötet… (was für ein böser Genozit an den armen Tieren.)” - oder es geht sogar den Alpen an den Kragen…: “Wenn die Alpen nicht wären, dann hätte Hannibal die Römer besiegt und wir hätten heute eine Gesellschaft die weniger “afrophob” ist und Afrika mehr einbeziehen würde… nur die Alpen stören dies, die sind für Afrikaner viel zu schwer zu überqueren (damals wie heute)...” - oder “Hannibal zog nur gegen Rom über die Alpen um einer römischen “Kolonisation” (Nord-)Afrikas durch Rom zu verhindern.” (Das Karthago ebenfalls eine Kolonie einer ursprünglichen Europäischen Macht war… Who cares? Hauptsache das Narrativ wird gestützt.) - Auch käme noch in Frage: “Nachdem Rom Karthago eroberte wurde Karthago bis auf die Grundmauern geschliefen… Und das hat der Kolonialismus in ganz Afrika wiederholt!” (Was auch so nicht stimmt, denn Karthago exestierte, anders als die Überlieferung, als römische Stadt weiter (auch wenn sie besetzt war)... Und was ist eigentlich mit den Straßen, Brücken, Gebäuden und sonstiger Infrastruktur, die die Kolonialmächte zurückließen? Wurden diese etwa abgebaut und mitgenommen(, zusammen mit der Infrastruktur die in den Ländern zuvor schon existierte)?) Und so weiter… Wenn Sie, Herr Broder, da mal nicht die Büchse der Pandora geöffnet haben….

Dr. Klaus Rocholl / 21.12.2019

Meine Güte - von welchen Idioten werden wir regiert?!

Konrad Walk / 21.12.2019

Lieber Herr Broder, wer Jesus als Flüchtling bezeichnet, bezieht sich damit nicht auf die Weihnachtsgeschichte bei Lukas (mit der Volkszählung) sondern auf die bei Matthäus, in der Jesus und seine Eltern tatsächlich (Mt 2, 13-15) vor einem Genozid an kleinen Jungs (Mt 2, 16-18). Insofern hat die Frau nicht unrecht. Ob die Botschaft des Christentums darauf basiert ist eine andere Frage.

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