Die wichtigste Fortbildungseinrichtung im Freistaat für Lehrer und Schulleiter wirft gegenüber Corona-Impfungen skeptische Menschen und Reichsbürger in einen Topf.
Seit nunmehr über einem Jahr haben viele Menschen, die auf die Corona-Spritze verzichten möchten, unter Ausgrenzung und Anfeindungen zu leiden – auch in Bayern. Zwei Lehrerinnen aus dem Freistaat berichteten Achgut.com von ihren diesbezüglich unangenehmen Erfahrungen mit Kollegen. Die oft schikanierten „ungeimpften“ Lehrkräfte (fälschlich so genannt, obwohl sie wie andere auch gegen alle möglichen Krankheiten geimpft sind) mussten kürzlich außerdem erfahren, dass die altehrwürdige Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung (ALP) in Dillingen an der Donau (die zentrale Fortbildungseinrichtung für Lehrkräfte und Schulleiter in Bayern) unter der Leitung von Michael Debbage-Koller ab dem 29. März 2022 einen mehrtägigen Lehrgang anbietet, in dem bayerische Schulleiter offenbar weiter gegen Menschen wie sie aufgestachelt werden sollen:
„Querdenker, Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker – schulrechtlicher und pädagogischer Umgang mit demokratie- und staatsskeptischen Personen und Gruppierungen (...) Diese Fortbildung richtet sich an Schulleitungen und greift neben schulrechtlichen Aspekten vor allem kommunikative Strategien auf, wie mit undemokratischen oder beleidigenden Äußerungen umgegangen werden kann.“
Wie genau die Akademie, die unmittelbar dem Bayerischen Kultusministerium untersteht, „Querdenker“ definiert, und was diese denn mit „Reichsbürgern“ zu tun haben, bleibt vollkommen unklar. „Staatsskeptische“ Menschen müssen keineswegs zugleich „demokratieskeptisch“ sein – ganz im Gegenteil.
Keine Antwort
Wir stellten Michael Debbage-Koller die folgenden Fragen:
1. Wie definieren Sie „Querdenker“?
2. Was haben „Querdenker“ Ihrer Meinung nach mit Reichsbürgern zu tun?
3. Ist „staatsskeptisch“ Ihrer Meinung nach gleichbedeutend mit „demokratieskeptisch“?
4. Können Sie Beispiele für „undemokratische Äußerungen“ nennen?
Doch der Mitarbeiter dieser staatlichen und von unseren Steuergeldern bezahlten Einrichtung hielt eine Antwort offenbar für nicht notwendig. Weiter heißt es in der Kursbeschreibung:
„An bayerischen Schulen äußern Eltern und Schüler in den vergangenen Monaten verschiedene durch die Pandemie verursachte Sorgen, Ängste und Befürchtungen. Immer wieder hinterlassen aber Personen oder Personengruppierungen durch unsachliche, teils provozierende Äußerungen oder durch einen aggressiven, beleidigenden Ton den Eindruck, einem antidemokratischen oder staatsdelegitimierenden Weltbild anzuhängen."
Dass die Eltern der von Corona weitgehend ungefährdeten Kinder, denen im Unterricht das Tragen einer Maske aufgenötigt wird, durchaus einmal „unsachlich“ werden können, sollte nach all der Zeit, die mittlerweile vergangen ist, verständlich sein – da ist Menschen schon wegen weniger die Hutschnur geplatzt. Jedoch sind mit „provozierenden Äußerungen“ und „aggressiven, beleidigenden Tönen“ zuletzt vor allem Trommler für die Corona-Impfung aufgefallen wie etwa der nun abgewählte saarländische Ministerpräsident Tobias Hans („Zuerst einmal müssen wir eine klare Botschaft an die Ungeimpften senden: Ihr seid jetzt raus aus dem gesellschaftlichen Leben.“) oder Wirrköpfe wie Ulrich Montgomery, die Corona in einem Atemzug mit Ebola nennen.
Die Frage nach konkreten Beispielen für „undemokratische Äußerungen“ ließ Michael Debbage-Koller ebenfalls unbeantwortet.
Politische Neutralität erwartet man ja heutzutage von den meisten staatlichen Stellen kaum noch. Dass aber Menschen, die ohnehin unter Schikanen zu leiden haben, nun auch noch als Wüteriche mit schlechtem Benehmen oder „demokratische Wackelkandidaten“ dargestellt werden, mit denen ein besonderer „Umgang“ praktiziert werden müsse, zeigt den gesteigerten Irrsinn, der ausgebrochen ist.
Simon Akstinat arbeitet als Autor und Fotograf. Sein neues Buch „Pantheismus für Anfänger – Der kaum bekannte Gottesglaube von Goethe, Einstein und Avatar“ ist hier und hier bestellbar.