Gerd Buurmann / 14.05.2020 / 13:30 / 32 / Seite ausdrucken

Bayerischer Rundfunk kritisiert Corona-Paranoia

„Wer die Apokalypse zur Basis seines Denkens macht, der schlägt Maßnahmen zu deren Verwirklichung vor.“

Dies erklärte Christoph Süß in der Sendung „quer“ vom Bayerischer Rundfunk. Über die Maßnahmen zur Eindämmung des Coranavirus sagt er:

„Kein Verkehr mehr, Flugzeuge bleiben am Boden, Züge fahren nicht, quasi Generalstreik, die Wirtschaft erlahmt, Krise“ und schon habe man „genau das, was man draußen halten will: das Desaster. Natürlich beteiligt sich auch der Asthmaanfall für Deutschland, kurz AfD, an der Paranoiaproduktion und rechte YouTuber kriegen sich vor lauter Endzeitpsychosen gar nicht mehr ein.“

Quer erklärt: Wer behauptet, das Coronavirus sei so gefährlich, dass Grenzen geschlossen, der Verkehr eingeschränkt und manche Berufe eingestellt werden müssen, sei ein rechter Verschwörungstheoretiker in Paranoiaproduktion mit Endzeitpsychose.

Für alle, die sich nun wundern, warum die Maßnahmen, die bundesweit von der CDU und SPD und in den Ländern von Grünen, der Partei Die Linke und von der FDP durchgesetzt wurden, sei erklärt, dass die Sendung am 30. Januar 2020 ausgestrahlt wurde (ab ca. 8:30), also ein paar Wochen vor dem Lockdown.

Beitrag sehr schlecht gealtert

Schon ein paar Monate später ist dieser Beitrag sehr schlecht gealtert. Heute nämlich gelten jene, die das sagen, was Christoph Süß noch vor ein paar Wochen gesagt hat, als rechte Verschwörungstheoretiker. Ist Christoph Süß somit ein Aussteiger aus der rechtsextremen Szene? Hat am 30. Januar 2020 ein Verschwörungstheoretiker für einen öffentlich-rechtlichen Sender moderiert? Ich möchte mal etwas vorschlagen: Wir nehmen einfach mal alle wirklich Abstand!

Wir sollten Abstand davon nehmen, uns ständig gegenseitig vorzuwerfen, unsachliche Irre mit Psychosen und bösen Absichten zu sein, nur weil wir unterschiedliche Sichtweisen im Umgang mit dem Virus haben. Ob wir die momentane Politik nun unterstützen, beklagen oder kritisieren, wir sollten aufhören, krampfhaft nach rechtsextremen oder linksextremen Spinnern zu suchen, die ähnliche Worte formulieren, nur um dann die andere Meinung in diese Ecke zu stellen und somit den Menschen, dessen Meinung wir nicht teilen, persönlich zu diskreditieren.

Wir alle schwimmen im unklaren Gewässer. Niemand weiß wirklich, was gerade richtig und geboten ist. Dennoch treffen wir in dieser Zeit der Ungewissheit für alle einschneidende Entscheidungen. Gerade werden die massivsten Einschränkungen der Grundrechte seit 1949 in Westdeutschland und seit 1990 im vereinigten Deutschland exekutiert. Diese Maßnahmen werden auf der Basis von Vermutungen und Prognosen durchgeführt. Der Zweifel bleibt.

Natürlich ist eine solche Situation nicht leicht zu ertragen. Es ist verständlich, dass man versucht, auf andere Menschen herabzuschauen, wenn man ahnt oder weiß, dass man selbst nicht auf einem hohen moralischen Plateau steht und dennoch handeln muss. Dafür muss man aber nicht seine politischen Gegner in den Dreck treten, nur um ein wenig erhabener zu wirken.

Gott ist eine absolute Verschwörung

Verschwörungstheoretiker hat es immer gegeben. Schon vor Corona habe ich mich mit Leuten auseinandergesetzt, die erklären, die Anschläge vom 11. September 2001 seien eine Verschwörung – oder die an die magische Kraft von Globuli glauben. Einige meiner besten Freunde sind religiös. Es ist sehr leicht, sie als Verschwörungstheoretiker zu diffamieren, denn was ist Gott anderes, wenn nicht eine absolute Verschwörung, der wir alle ausgeliefert sind?

Statt diese Menschen zu diffamieren, habe ich mich entweder mit ihnen auseinandergesetzt, wenn ich sie mochte, sie ignoriert, wenn sie mir egal waren oder sie kritisiert, wenn ich sie nicht ignorieren konnte. Manchmal habe ich sogar etwas von ihnen gelernt. Sogar das berühmte blinde Huhn findet mal ein Korn, und die Wahrheit bleibt die Wahrheit, auch wenn ein Affe sie formuliert.

Verschwörungstheoretiker gab es immer. Warum also werden sie ausgerechnet jetzt in den Fokus gerückt?

Mich interessiert viel weniger, wie Verschwörungstheoretiker ticken, sondern viel mehr, warum gerade alle über sie reden. Ich vermute, es liegt daran, dass jene, die gerade Verschwörungstheoretiker in den Fokus stellen, ganz so, als habe es sie vorher nicht gegeben oder als hätte sich die Anzahl dieser Individuen auf magische Weise in den letzten Tagen vervielfacht, alle selbst sehr unsicher und daher neidisch sind auf jene, die fest davon überzeugt sind, eine Antwort zu haben. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass sie es nicht ertragen, selber keine bis wenig Ahnung zu haben, dennoch Entscheidungen fällen und mit den Konsequenzen leben müssen und daher (vermeintlich) dumme Menschen brauchen, auf die sie herunter blicken können, um sich selbst etwas erhabener zu fühlen.

Wer sich selbst nicht sicher ist, braucht die Kranken, Dummen, Irren und Wahnsinnigen, um sich selbst als normal zu fühlen.

Irre, Wahnsinnige und Kriminelle

Dabei vergessen wir sehr oft, dass es gerade in der Geschichte des Widerstands oft die Irren, Wahnsinnigen und Kriminellen waren, die als erstes den Mut hatten, gegen ein unterdrückendes Regime aufzubegehren, da sie aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung mit der herrschenden Situation im Konflikt standen.

Ich mache mir daher keine Sorgen, wenn wahnsinnige Menschen von einer Verschwörung phantasieren, in der ein paar Milliardäre angeblich versuchen, Computerchips in die Menschen zu pflanzen, um so die Welt zu unterwerfen. Ich mache mir aber Sorgen, wenn diese Irren die Einzigen sind, die neben all dem wahnsinnigen Unfug, den sie von sich geben, das wahre Korn finden und ansprechen. Ich mache mir Sorgen, wenn jede berechtigte Kritik in die Ecke des Wahns gestellt wird.

Sachlichkeit bedeutet, sich nicht auf die Unsachlichkeit des Gegenübers zu stürzen, sondern den sachlichen Kern in jeder Aussage zu extrahieren, um sich, im selbstkritischen Bewusstsein einer gewissen Unsachlichkeit im eigenen Denken, auf die Sache zu fokussieren, die von beiden Seiten als wahr erkannt werden kann.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Gerd Buurmanns „Tapfer im Nirgendwo“.

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Leserpost

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Andreas Hofer / 14.05.2020

....ich hatte vor ein paar Wochen mal die Gelegenheit „quer“ zu sehen. Ging um die Landwirte. Und natürlich auch alles egoistische Schwachköpfe, also Standard im Fernsehen: Wer nicht 100% auf Regierungslinie ist, ist entweder ... oder halt auch einfach nur blöd. Brauche ich nicht ausführen, den Tenor kennt hier ja jeder. Interessant ist aber der Herr Süß und insbesondere sein Mienenspiel. Das war dann nur noch Haß und Abscheu. Was ist bei dem Mann passiert? Ich denke mir, als Jugendlicher ist der als Anti-Strauss gewesen, Wackersdorf, die ganze Geschichte. Also eine typische, grüne Prägung. Aber jetzt? Ob ihm je die Idee kommt, dass „er“ jetzt das Establishment ist, brutaler, als er sich das überhaupt vorstellen kann?

Christian Rochat / 14.05.2020

Jordan Peterson (Regel 9): Gehe davon aus, dass die Person, welcher du zuhörst, etwas wissen könnte, was du nicht weisst. Wir wären ebenfalls besser dran, wenn wir alle, insbesondere auch die Mainstream-Medien und die Linken, folgende Regel beachten würden (Regel 8): Sag die Wahrheit - oder lüge zumindest nicht.

martina schneider / 14.05.2020

alles zusammen hier in ein paar wochen…kam hier nicht auch ein kommentar, das deutschland und andere länder nicht früher einen exportstopp zwecks schutzausrüstung befehlt hat? und der kommentar, das schutzausrüstung an allen ecken und enden fehlt und natürlich auch die bundesregierung schuldig ist. man sollte sich hier schon einig sein über die reaktionsschnelligkeit und gesetzes schutzmaßnahmen! hier wird über bürokratie gejammert bei schutzmaßnahmen. und gleichzeitig gejammert, wenn keine erfolgen. der autor berichtet von einer sendung am 30. Januar! der lockdown begann am 16. märz. am 26. februar gab es theoretisch die ersten 2 Infektionen in deutschland. weltweit wurden wohl die ersten fälle im dezember bekannt. am 17. märz wurde das risiko vom rki als hoch eingestuft. es sind nur ein paar wochen. allerdings sollten sich hier alle fragen, was sie persönlich in den paar wochen geändert haben, ebenso der autor. und sich fragen, wieviele tote oder infektionen es geben muss, ab wann ein lockdown gerechtfertigt ist. und vor allen dingen fragen, ab wann sagen sie, die regierung hat zu spät reagiert. sprich keine umstrukturierung von krankenhäusern, keine produktion von mund-nasen-schutz usw, einfach nix.

Hans Ludwig / 14.05.2020

der süss war doch schon immer ein übler verleumder

Jörg Themlitz / 14.05.2020

Die Maßstäbe Wahrheit und Lüge, gesetzestreu und kriminell, rechts und links, freie Meinung und Unterdrückung, Information und Propaganda sind nicht mehr existent. Es gilt ein Maßstab, “Mutti” und der böse Rest. Herr Süß ist bei Mutti! Da kommen Sie (wir) nicht gegen an. Wenn Sie jetzt behaupten, das sind ja Anzeichen einer Diktatur, habe ich keine Gegenargumente.

Martin Schmidt / 14.05.2020

Frau Probst stellte alle! die glauben SARS-CoV-2 sei gefährlicher als eine harmlose Grippe als CoroNazis da. Einen Tag (31.01.2020) später verhenkten die USA die gesundheitliche Notlage. Immerhin mehr als fünf Wochen bevor die WHO SARS-CoV-2 zur Pandemie erklärte und Frau Merkel tönte die Grenzen bleiben offen.

Torsten Hopp / 14.05.2020

Bisher wurden (fast) alle Kritiker, die zur Vermeidung von Panik beigetragen haben, in der Öffentlichkeit ignoriert. Das hat funktioniert. Die kennt nämlich niemand, der sich nicht umfangreicher informiert. Stelle ich sehr oft fest. Jetzt wird die Aufmerksamkeit auf “Verschwörungstheoretiker” gelenkt. Also wieder keine Auseinandersetzung mit kritischen Sachargumenten. Auch das wird funktionieren. Die Vorgehensweise hat sich einfach verselbständigt. Die Verantwortlichen kommen da nicht mehr raus. Es droht ein weiterer und dann endgültiger Vertrauensverlust der Politik.

Georg Dobler / 14.05.2020

Setzen wir uns gedanklich ins Jahr 1944 zurück und nehmen wir an das Wort “Verschwörungstheorie"gäbe es schon. Kommt ein Soldat vom Osten in Heimaturlaub und flüstert seinen Angehörigen zu, im Osten habe er Lager gesehen mit hohen Kaminen, es werde gemunkelt dass dort tausende Juden umgebracht und verbrannt würden. “Bist Du verrückt, so was würde der Führer nie zulassen, halt die Klappe mit dieser Verschwörungstheorie bringst Du Dich noch um Kopf und Kragen.”

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