Herr Held sollte mal eins der älteren Bücher von Achgut-Mitbetreiber Dirk Maxeiner und seinem damaligen Co-Autor Michael Miersch lesen. Ich kann mich nicht mehr an den Titel erinnern, aber das Problem der Subventionen für die Landwirtschaft wurde dort am Beispiel von Neuseeland abgehandelt, wo die Bauern plötzlich auf Subventionen verzichten und zu Unternehmern werden mussten. Preissignale kommen grundsätzlich vom Markt und maßgeblich für das niedrige Niveau der Lebensmittelpreise in Deutschland sind Angebot Nachfrage und die Struktur des Einzelhandels.
Die armen Bauern Sind heute, früher waren es die armen VerkäuferInnen, die armen Krankenschwester. Denkt jemand an die armen Dachdecker, an die armen Übersetzer, an die armen Busfahrer?!
Herr Held, “existenzsichernde Subventionen”? Wie Sie die Flächen-abhängige Subventionierung im angeblichen Interesse der Landwirte verteidigen können, wenn unter den TOP-10 der Agrar-Subventions-Empfänger in Deutschland kein einziger(!) Landwirt zu finden ist, leuchtet mir nicht ganz ein. Wenn das ein sinnvoller Verteilungs-Mechanismus der ca. 6,5 Mrd Euro pro Jahr sein soll, möchte ich gerne mal ein Beispiel für eine, Ihrer Meinung nach, Fehl-Allokation sehen. Darauf, dass es für “uns Städter” völlig egal ist, ob wir die Subventionierung der Landwirte entweder über Steuergelder oder über den höheren Preis leisten, sind ja schon enige user vor mir eingegangen. Ich denke, wir werden beides bekommen. Weiterhin Subventionen zahlen *und* deutlich höhere Preise für Lebensmittel. Es wäre ja gelacht, wenn wir weltweit nur bei Steuern/Abgaben und Energie-Kosten führend wären…
Bauern waren den Kommunisten schon immer ein Dorn im Auge, weil sie sich eben nicht in Arbeiterarmeen formieren lassen (der Begriff stammt von Marx). Und Bauernlegen ist ohnehin eine alte Tradition. Bauern erinnern unschön daran, worum es tatsächlich geht und was sich niemals austricksen und weglügen läßt. Wir sind sterbliche Wesen, welche auf die Natur angewiesen sind, welche uns die Nahrung liefert. Dümmer geht immer. Die Leute bekämpfen, welche die Nahrung produzieren, dass hatten die Kommunisten schon immer drauf.
Es wurde ja schon mehrfach angemerkt, dass der Artikel einige Schwächen hat. Ich möchte daher nur noch ergänzend hinzufügen, dass man am Beispiel Neuseelands (in den 1990ern wurden praktisch alle Agrarsubventionen abgeschafft) studieren kann, wie überflüssig Agrarsubventionen sind. Das mag nicht zu 100% auf Deutschland übertragbar sein, aber man sollte wenigstens mal versuchen, die Agrarsubventionengießkanne zu stoppen.
Zu den gezahlten EU-Subventionen an die Direktzahlungsempfänger (sprich Bauer) gibt es einen informativen Link des Bundeslandwirtschaftsministeriums BMEL. Hier kann man namentlich erfahren, wer welche steuerfinanzierten Agrarsubventionen erhalten hat. Google hilft unter den Stichworten „empfänger eu agrarfonds suche“. Dort kann man Namen und Ort der Empfänger abrufen. Bemerkenswert ist, für was es alles „Prämien“ gibt: Basisprämie, Umverteilungsprämie, Greening Prämie, Erstattung nicht genutzter Mitte der krisenreserve, Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, Ausgleichszulage benachteiligter Gebiete. Dann gibt es noch den Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER). Ich habe sicherlich noch einige Fördertöpfe vergessen. Fürs Schwanzdranlassen beim Mastferkel gibt es in Niedersachsen z.B. noch einmal 16,50 Euro pro armen Schwein dazu, obwohl es nach EU-Vorgaben ohnehin verboten ist, die Schwänze zu kupieren.Und wenn Bauer dann noch selbst Windkraftbetreiber ist oder Stellflächen zu üppigsten Pachtpreisen dafür zur Verfügung stellt, kann es so schlecht um viele Betriebe nicht stehen. So ein moderner Demo-Trecker, von denen ganze Kohorten den Straßenverkehr für noch mehr Nitrat im Grundwasser lahmlegten und die mit subventioniertem Diesel betankt werden, kostet je nach Ausstattung um die 75.000 Euro…Herrn Helds Sicht der Dinge kann ich nicht teilen.
Ich finde es gut, das Thema aufzugreifen und zu diskutieren, möchte aber eine andere These in den Raum stellen: Agrarsubventionen dienen dazu, sicherzustellen, dass wenigstens ein Teil der benötigten Lebensmittel im eigenen Land produziert wird. Werden hier erzeugte Lebensmittel zu teuer, dann werden nicht die Löhne stiegen, dann werden nicht zahlreiche Leute in anderen Bereichen auf Konsum verzichten. Vielmehr werden importierte Lebensmittel an die Stelle der hier erzeugten Lebensmittel treten. Nachteil 1: Wenn Deutschland keine Lebensmittel mehr produziert, sinkt die Gesamtmenge der weltweit erzeugten Lebensmittel, was in ärmeren Ländern zu einem Lebensmittelmangel bei Menschen mit geringerer Kaufkraft führt. Nachteil 2: Standards, die den Einsatz von Chemie und Hygiene betreffen, sind nicht mehr gewährleistet. Nachteil 3: Die Versorgungssicherheit nimmt ab. Versorgungsengpässe wie aktuell bei der Medikamentenversorgung, drohen dann auch bei Lebensmitteln. Nachteil 4: Mit der bäuerlichen Landwirtschaft wird eine ganze Lebensweise und eine über viele Jahrhunderte entwickelte Art, die Landschaft zu kultivieren. zerstört.
Das Hauptgutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) mit dem Titel: “Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte” aus dem Jahr 2016 zeigt eine globalistische Sicht und beschreibt nationale und regionale Unterschiede entsprechend als Probleme auf. Bestehende Stadt-Land-Interaktionen werden als traditionsbefrachtete Innovationshindernisse dargestellt. Internationale Beispiele und ein soziologisches Theoriegebäude werden herangezogen, um das “nachhaltige” urbane Leben der Menschheit (in 1000 Jahren) zu projizieren. Das alles soll “globale Governance” richten. Landwirtschaft und ländlicher Raum werden zum Spielfeld dystopischer Modelle. Bestehendes wird als “alt” oder “nicht nachhaltig” abwertet. Neue Formen der (industriellen) Lebensmittelerzeugung in den Megastädten der Zukunft und das “Land Grabbing” durch urbane Akteure sollen Landwirtschaft und Landleben beeinträchtigen. Agrarsubventionen auf EU-Ebene sind zu allererst ein protektionistischer Eingriff in den Welthandel mit Agrarerzeugnissen. Nicht zuletzt sollen sie aber die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln sicherstellen. Nicht dazu gehört, die Bauern zu knebeln, um hier (Milch, Butter, Obst, Gemüse, Kartoffeln) Tiefpreise und dort (Fleisch, Molkereiprodukte) Höchstpreise einzustellen, Im internationalen Handel wird spätkoloniale Übervorteilung von Partnern in Afrika in Kauf genommen. Warentermingeschäfte und Spekulation mit Lebensmitteln sind mafiös etabliert und generieren oligarchische Gewinne, an denen die existenziell Bedrohten einheimischen Bauern nie teilhaben können. Der große Irrtum der Globalisten ist, sie müssten und dürften in demokratisch verfassten Staaten alle Lebensbereiche von oben “gigantisch transformieren”. Die Agrarsubventionen dürfen nicht verkommen zu einem Schweigegeld für die unter Transformationsdruck gesetzten Bauern. Das Transformieren selbst ist eine zutiefst antidemokratische Regierungspraxis!
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