Auf der Sondershäuser Theaterwiese kann das Publikum eine heitere, amüsante Stunde mit Mozarts Verwirrspiel verbringen.
Auch in diesem Jahr gibt es bei den Thüringer Schlossfestspielen eine Produktion für die ganze Familie. Diesmal ist es ein Singspiel, das Mozart mit nur zwölf Jahren geschrieben hat. Bastienne ist eine Schäferin, die unsterblich in Schäfer Bastien verliebt ist. Aber der soll sich in eine Dame vom Schloss verguckt haben. Bastienne ist totunglücklich, fragt aber, statt sich umzubringen, den Wahrsager des Dorfes um Rat. Sie solle Bastien eifersüchtig machen, sagt der. Daraus entwickeln sich allerlei Irrungen und Wirrungen, ehe die beiden endlich zusammenfinden.
Die Sondershäuser Inszenierung (Andreas Simma) bedient sich eines französischen Librettos, das den Wahrsager (Thomas Kohl) in den Mittelpunkt stellt und die Geschichte erzählen lässt. Aber bevor Kohl zu Wort kommt, hat der Mond (Charlotte Ederer) zur Ouvertüre seinen großen Auftritt. Erst zieht er den Dirigenten (Julian Gaudiano) mit dem Schlüssel auf dem Rücken auf, dann legt er eine sportliche Hochleistung im Seilspringen hin, die einen Vorgeschmack auf das Tempo der Inszenierung gibt. Das Publikum spendet den ersten Beifall.
Und dann legt Thomas Kohl los. Simma hat immer wieder aktuelle Anspielungen in den Text des Librettos eingeschoben, die von den Kindern verstanden werden und Heiterkeit, auch bei den Erwachsenen, erzeugen. Bastien und Bastienne treten erst als Puppen auf, ehe sie die Zuschauer zu Gesicht bekommen.
Was für ein Anblick! Die Kostüme (Emma Gaudiano) sind ein Augenschmaus: Bastienne (Rina Hirayama) in Pink, der etwas trottelig wirkende Bastien (Kyounghan Seo) in Gelb. Von Hirayama habe ich schon bei mehreren Gelegenheiten geschrieben, dass sie wirklich alles spielen kann. Das trifft aber auch auf Kyounghan Seo zu, dem man den etwas tollpatschig wirkenden Dorfjungen gern abnimmt. Man fragt sich nur, wie Bastien bei der hinreißenden Bastienne auf den Gedanken kommen kann, von einer fernen Blondine zu träumen, deren einziger Vorzug es ist, zu den Reichen dieser Welt zu gehören. Über die wird sich ausgiebig lustig gemacht. Hier kommt Egon Muskmeister (Charlotte Ederer) ins Spiel, den Bastienne angeblich heiraten will, als sich Bastien endlich entschließt, ihr seinen Antrag zu machen.
Bemerkenswert ist, dass schon der zwölfjährige Mozart einen Hang zu Verwirrspielen hatte. Wie immer bei Mozart lösen sie sich schließlich in Wohlgefallen auf – wobei nicht ganz, denn die wiedervereinten Liebenden lassen erkennen, dass sie eher noch Kinder als Erwachsene sind.
Auf der Sondershäuser Theaterwiese verbringt das Publikum eine heitere, amüsante Stunde. Mozarts Musik und der Magier Kohl sind eine gute Mischung, die auch alle Kinder gefesselt hat. Mein Enkel (3) war zum ersten Mal im Theater. Seine Aufmerksamkeit hat eine Stunde lang nicht nachgelassen. Waren für ihn vor allem die effektvollen Kostüme und die turbulenten Szenen auf der Bühne interessant, freuten sich die Erwachsenen an Kohls witzigen Anspielungen.
Ein gelungener Theaternachmittag für Alt und Jung. Vor allem zeigte Charlottes Auftritt, dass man sich um den Nachwuchs nicht zu sorgen braucht. Sie ist Mitglied im Theaterjugendclub, der gut sein muss, wenn er solche Talente hervorbringt.
Nächste Aufführungen: 5., 6., 12., 13., 19. Juli
Karten können sie hier erwerben.
Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Dieser Beitrag erschien zuerst auf ihrer Seite vera-lengsfeld.de