Stefan Frank / 16.06.2022 / 06:15 / Foto: Pixabay / 46 / Seite ausdrucken

Australien: Stromkrise im Energieparadies

Australien gehört zu den Ländern, die mit Energievorräten jeder Art reichlich gesegnet sind. Von der Sonne am Himmel bis zur Kohle unter der Erde. Und doch ist jetzt eine Stromkrise ausgebrochen – eine Geschichte über unbeabsichtigte Nebenwirkungen der Energiewende in Down Under.

Der amerikanische Publizist William F. Buckley Jr. zitierte vor rund 50 Jahren in einer seiner Kolumnen einen Kalauer über den Kommunismus. Der geht so: Was passiert, wenn die Kommunisten die Sahara besetzen? 50 Jahre lang nichts. Dann wird der Sand knapp. Sandknappheit in der Sahara – daran fühlt man sich erinnert, wenn man hört, dass es in Australien eine Energiekrise gibt. Australien! Zeitungen berichten von eskalierenden Strompreisen und drohenden Blackouts. Wenn das in Deutschland passiert, ist das kaum noch schockierend; wir sind Kummer gewohnt. Aber Australien? Ein Land, das über reichlich Erdgas, Öl und die beste Kohle der Welt verfügt (dazu Wind, Sonne und beträchtliche Uranvorkommen)? Egal, welche Form der Stromerzeugung man präferiert, Australien ist mit den natürlichen Voraussetzungen dafür gesegnet. 

Die Energiekrise betrifft nicht den gesamten Kontinent, sondern das Stromnetz in den bevölkerungsreichen Regionen im Osten und Süden des Landes, das in Australien unter dem Namen National Electricity Grid (NEM) bekannt ist. Zum NEM gehören die Staaten Queensland, New South Wales, Victoria, Tasmanien und Südaustralien. Nicht aber Westaustralien und das nördliche Territorium. In allen fünf NEM-Staaten drohen Blackouts. Was sind die Ursachen? Von den Verantwortlichen und Journalisten immer wieder genannt wird: der Winter. In Sydney etwa wurde es am Dienstag nicht wärmer als 14° Celsius. Um in dieser klirrenden Kälte nicht zu frieren, schalten die Aussis ihre Klimaanlagen auf Heizbetrieb. Das verbraucht Strom, und davon gibt es zu wenig. Es wird nämlich offenbar nicht genug produziert und auf den Markt gebracht.

Konkurrenz durch „erneuerbare“ Energien

Ein Grund für die Misere liegt darin, dass die Energiewende in Australien in den letzten Jahren so erfolgreich war. Das Land ließ das Herz jedes Solarenergielobbyisten höher schlagen. Etliche Kohlekraftwerke wurden in den letzten Jahren abgeschaltet, etwa die Northern Power Station bei Adelaide (2016) oder die Hazelwood Power Station bei Melbourne (2017). Die Kraftwerke wurden nicht stillgelegt, weil der Staat es angeordnet – und dafür vielleicht sogar Prämien gezahlt – hätte, sondern weil sich ihr Betrieb tatsächlich nicht mehr rentierte: Die Konkurrenz der „erneuerbaren“ Energien war zu groß. Vor allem im Sommer scheint die Sonne in Australien nämlich sehr tüchtig, die Strompreise an den Großhandelsbörsen gehen tagsüber in den Keller.

Kohlekraftwerke lassen sich aber nicht schnell ein- und ausschalten. Sie laufen also auch dann, wenn der von ihnen erzeugte Strom sich nicht gewinnbringend verkaufen lässt. So heißt es in einem Bericht der australischen Behörde zur Regulierung des Strommarkts von 2021:

„Das Wachstum erneuerbarer Energien trägt auch zu finanziellen Belastungen für Erzeuger fossiler Brennstoffe bei, da Anlagen früher als geplant vom Markt verschwinden. Im Großen und Ganzen wurde die Rentabilität von Steinkohle- und Gaskraftwerken durch niedrige oder negative Preise mitten am Tag, wenn die Solarstromerzeugung am höchsten ist, in Frage gestellt.“

Eine von Kohlegegnern in Auftrag gegebene Studie von Juni 2021 kam zu dem Ergebnis, dass die Kohlekraftwerke in Queensland wohl „niemals mehr profitabel“ sein werden. Trotzdem aber entfällt auf Kohlekraftwerke immer noch mehr als die Hälfte der australischen Stromproduktion. Es fällt also auf, wenn sie vom Netz gehen. „Es gab in der Vergangenheit starken Druck, Kohlekraftwerke abzuschalten, dadurch ist der Sicherheitspuffer kleiner geworden“, erklärte Graeme Bethune, Chef des Energieversorger EnergyQuest, vor einigen Tagen gegenüber dem Sender ABC.

Regierung will alle Kohlekraftwerke schnell wieder in Betrieb sehen

Von den Kraftwerken, die offiziell noch in Betrieb sind, liefern rund 30 Prozent derzeit keinen Strom: wegen geplanter Wartungsarbeiten, aber auch wegen ungeplanter Reparaturen. Weil in neue Kohlekraftwerke nicht investiert wird, stammen viele der Anlagen aus den 1970er und 1980er Jahren. Aber selbst eines der jüngsten Kohlekraftwerke, die Callide Power Station in Queensland, ist derzeit ausgeschaltet, nachdem es dort letztes Jahr eine Explosion und ein Feuer gab. 

Die Regierung wäre keine Regierung, wenn sie sich nicht bemühen würde, die Situation schlimmer zu machen. So wurden den Stromversorgern nun Preisobergrenzen auferlegt, was dazu führt, dass manche nicht kostendeckend arbeiten können. Lily D’Ambrosio, die Energieministerin von Victoria, macht das „seltsame Verhalten“ der Stromkonzerne für den Mangel verantwortlich. „Niemandem gefällt die Situation, die wir jetzt sehen“, sagte sie. „Der Strommarktbetreiber hat uns versichert, dass es in Victoria mehr als genug Strom gibt; bloß wird er dem Markt nicht angeboten.“

Nach dem Willen von Australiens neuer sozialdemokratischer Regierung – sie ist seit letztem Monat im Amt – liegt eine kurzfristige Lösung des Problems darin, die derzeit stillstehenden Kohlekraftwerke möglichst schnell wieder in Betrieb zu nehmen. Wie ABC berichtet, hat die neue Ressourcenministerin Madeleine King „telefoniert“, um australische Gasproduzenten dazu zu bringen, mehr Erdgas in das System einzuspeisen. Sie habe jedoch „festgestellt“, dass es an den notwendigen Pipelines fehle. „Was wir wirklich tun müssen, ist, dass die Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen, denn das ist im Moment das fehlende Puzzleteil“, sagte Frau King gegenüber ABC.

Auch Kohle knapp?

Aber werden die Kraftwerke dann auch etwas zum Verbrennen haben? Die Frage ist ernst: Wie Zeitungen berichten, fehlt es dem Kohlekraftwerk Eraring in New South Wales derzeit an Kohle. Fast 25 Prozent der potenziellen Kohleproduktion in Australien, heißt es, steht derzeit still. In New South Wales im Südwesten Australiens liegt auch das Hunter Valley. Dort betrieb der weltgrößte Bergbaukonzern BHP einen Kohletagebau, der zu den größten der Welt gehörte. Bis letztes Jahr, dann verabschiedete sich BHP aus Imagegründen (Stichwort: ESG) von der Kraftwerkskohle. Den Arbeitern in Hunter Valley sagte das Management laut Zeitungsberichten, sie müssten nach Queensland oder Südaustralien umziehen, anderenfalls würden sie gefeuert. 

In diesem Zusammenhang muss man auch das New-Acland-Expansion-Projekt erwähnen. New Acland ist eine Kohlegrube in Queensland. Weil die Reserven zur Neige gingen und eine Schließung unausweichlich werden würde, wenn es keine Kohle mehr abzubauen gibt, beantragte der Betreiber, das Unternehmen New Hope, die Förderzone zu vergrößern. Im Mai 2022 gab ein Gericht dem Antrag statt. Vorangegangen war der wohl längste Rechtsstreit in Australiens Geschichte: New Hope hatte die Erweiterung im Jahr 2007 beantragt, also vor 15 Jahren. Einige der Auszubildenden, die heute für New Hope arbeiten, waren damals womöglich nicht einmal geboren.

Nun glaubt das Management, könne der Betrieb von New Acland wiederaufgenommen und die 2019 entlassenen Arbeiter wieder eingestellt werden. Gegner des Projekts aber sagen, New Hope habe noch keine Grundwasserlizenz. Sie hoffen, das Projekt, wenn nicht stoppen, so doch um weitere Jahre verzögern zu können. Unterdessen zahlt die Regierung in Queensland Großverbrauchern von Strom seit kurzem Prämien, damit sie ihre Produktion drosseln und weniger Strom verbrauchen. Ist das Kommunismus? Nein. Aber ein wenig verrückt ist es schon, oder?

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Richard Rosenhain / 16.06.2022

Den Kommunistenwitz haben wir uns als Ingenieurstudenten in der DDR auch erzählt - allerdings in Bezug auf die „Ökonomen“.  So, UND NUR SO ergibt er ja im Zusammenhang zu den darauf folgenden Schilderungen des australischen Energiedebakels einen Sinn, denn der Verfasser schreibt ja ausdrücklich, dass kein staatlicher Zwang die Ursache ist, sondern ökonomische Sachverhalte. Es gibt unendlich viele Arten, ein funktionierendes technisches System zu zerstören. Eine davon ist Ideologie, eine andere ist das Zusammenspiel von Gier und technischer Blödheit - also ein typisches Verhalten von Wirtschafts“Wissenschaftlern“.

Wilfried Cremer / 16.06.2022

Lieber Herr Frank, in Australien wird klar, dass es beim Opfern für den Klimagötzen letztlich nicht ums Klima, sondern darum geht, dass man es irgendwie erreicht, sich Schmerzen zuzufügen. Sprich: Die westliche Kultur ist einem Borderline-Syndrom verfallen.

RMPetersen / 16.06.2022

Das Problem entsteht doch dadurch, dass die Produzenten von Wind- und Solarstrom nicht dazu verpflichtet werden, 24-h am Tag ihre Leistung anzubieten. Dann müssten sie für NAcht und Windflaute Speicher vorhalten, meinetewegen auch (Bio-)Gasktaftwerke, und in die Kalkulation einbeziehen. Wind- und Solarstrom-Verkäufer betreiben Rosinenpickerei.

Alexandra Klabuter / 16.06.2022

Der Irrsinn der linksgrünen Ideologen hat weltweit Methode. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Bürger diese offensichtlich komplett Verrückten aus dem Amt jagen. Oder es kommt bereits vorher zur Katastrophe. Leider gibt es noch genügend Bürger, die diesen Lügnern, Betrügern und korrupten linken Ideologen glauben. Die allgemeine Verblödung dank ‚moderner’ Erziehung macht es möglich.

O. Ganser / 16.06.2022

Lernen durch Erfahrung ist der leidvollste Weg des Lernens. Leider beherrschen zu viele Leute aus unterschiedlichen Gründen nur diese eine Art des Lernens.

Klaus Schmid / 16.06.2022

Ihr australischen Politikerinnen habt ja von Technick einfach keine Ahnung - bei uns wird Strom aus Tiefkühl-Hähnchen erzeugt, ihr Banausinnen! Sollen wir Annalena mal zu euch schicken? (Wir nehmen sie dann aber nicht zurück)

Franz Michael / 16.06.2022

Immer wieder, dazu weltweit die gleichen Notlügen bzw. Verzerrungen. “Sie laufen also auch dann, wenn der von ihnen erzeugte Strom sich nicht gewinnbringend verkaufen lässt.” Ein Generator im Leerlauf benötigt kaum “Energie”. Das z.B. die Rockefeller Erben seit langem eine “grüne” Revolution in Exxon (Rio Tinto, BHP ) und dazu auch einen Putsch in der Vorstandsebene durchführten, wird ausgeblendet.—>“Moralisch verwerflich” Öldynastie Rockefeller trennt sich von Exxon. Es ist fast schon ein historischer Schritt: Die Rockefeller-Familie trennt sich von Firmenanteilen, die ihr Geschäft mit fossilen Brennstoffen machen - und damit auch vom Ölriesen Exxon. Die Begründung dazu ist deutlich. “Es macht keinen Sinn - weder finanziell noch ethisch - weiter in diese Unternehmen zu investieren, während die globale Gemeinschaft die Abkehr von fossilen Brennstoffen vorantreibt.”<—Es scheint ein 5-Eyes Glaubenskrieg zu Lasten aller ausgebrochen zu sein. Das die FFF Gretas nebst “Letzte Generation”, “Rebel Instinct” im Zusammenhang stehen, sollte jedem klar sein.

Jörg Themlitz / 16.06.2022

@Frank Danton: Schönes Beispiel heute Morgen DDR Fernsehen 2.0. Ca. 5 Minuten vor den “Nachrichten” schaltete ich immer ein, um Sport zu sehen. Ergebnisse, Tabellen, Kurzfilme. Inzwischen 5 Minuten Propaganda- und Erziehungssendung. Was darf! ich essen, wie muss ich mich bewegen, wer ist gut und wer ist böse. Heute die Bundestrainerin Frauenfußball und ein Moderator. Ich gebe es mit meinen Worten wieder. Die hatten unverständliche, geschwurbelte Worte gewählt. Der Inhalt ist derselbe. ´Wir sind zu doof mit unserem Frauenfußball Kohle zu machen. Darum sollen die Männer die viel Kohle machen uns bezahlen.`, ÄÄhhh, warum sollen andere deren Hobby bezahlen? Stadien gefüllt wie in Coronazeiten. massenhaft Freikarten, Schulklassen füllen nicht mal kleine Stadien. Die Oberfrechheit, teure Fernsehzeit für Frauenfußball vergeudet, obwohl sich das fast niemand ansieht. Frauen sehen lieber CR7. Ändert sich alles, wenn die 11 Geschlechter Mannschaften auflaufen.

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