Ausgestoßene der Woche: Maxim Biller und die Spielplätze

Eine Zeit-Kolumne von Maxim Biller mit Israel-Bezug wird von der Website gelöscht, die Spielplätze in Köln sollen einen inklusiveren Namen bekommen und eine Angestellte verliert ihren Job, weil sie nichts vom Gendersprech hält.

„Kommt ein Israeli zum Arzt und sagt: ‚Herr Doktor, ich war gerade vierzig Tage mit meiner Einheit in Gaza und hab keine Lust mehr, auf Araber zu schießen. Was soll ich tun?‘ ‚Sie könnten damit natürlich sofort aufhören, wenn Sie wollten‘, sagt der Arzt, ‚aber raten würde ich es Ihnen nicht. Auch nicht nach unserer Therapie.‘“

Mit diesem bitteren Witz endete letzte Woche die Folge von Maxim Billers Kolumne in der Zeit. Dort widmete sich der Schriftsteller mit der spitzen Feder dem gestörten Verhältnis vieler Deutscher (und des migrantischen Moderators Markus Lanz) zu Israel. Biller, der als Sohn jüdischer Eltern aus der Sowjetunion während seiner Kindheit von Prag nach Westdeutschland einwanderte, kritisiert darin Hamas-, Mullah- und „leicht entflammbare Islamversteher“. An einer Stelle sprach er von der „strategisch richtigen, aber unmenschlichen Hungerblockade von Gaza“. Neben dem vorgenannten Witz entzündete sich Unmut an der Formulierung, keineswegs weil „unmenschliche Hungerblockade von Gaza“ nach gutmenschlicher Verirrung bei der Bewertung des Sachverhalts klingt, sondern offenbar weil umgekehrt das Verhalten Israels im Gaza-Krieg nicht so verteufelt wird, wie es sich für gewisse Empörte gebührt.

Die Zeit entfernte daraufhin den Artikel. Einen Tag nach seinem Erscheinen ersetzte ihn das Hamburger Wochenblatt durch folgenden Hinweis: „Der an dieser Stelle erschienene Beitrag enthielt mehrere Formulierungen, die nicht den Standards der ZEIT entsprechen. Unsere aufwändige redaktionelle Qualitätssicherung hat leider nicht gegriffen. […].“ Das „klingt wie eine technokratische Verspottung jener intellektuellen und literarischen Freiheit, für die Maxim Biller als radikaler Einzelgänger in der deutschen Medienlandschaft steht“, reagiert Andreas Rosenfelder in der Welt. „Sicher, die Deutschen sind nicht gerade für ihren Humor bekannt“, spottet die NZZ – übrigens in Person des Deutschen Morten Freidel. „Aber selbst ein vollkommen humorbefreiter [Redakteur] hätte erkennen können, dass es ein katastrophales Bild abgibt, ausgerechnet den Beitrag eines jüdischen Autors wegen eines drastischen Scherzes zurückzuziehen.

Freidel bemängelt nicht nur die Humorlosigkeit „eines Teil des bürgerlichen, linken Milieus“, sondern auch den Abgang andersdenkender Kolumnisten bei bestimmten Medien, wie den Jan Fleischhauers beim Spiegel oder Harald Martensteins beim Tagesspiegel. „Das Ziel der neuen Zensoren – oft jung, woke, und ausgestattet mit Hoodie und Nike – ist nicht das Verbot selbst, sondern die Einschüchterung“ urteilt Ulf Poschardt in der Jüdischen Allgemeinen zu dieser Causa. „Hoffen wir“, fährt er fort, „dass Maxim Biller weiter für die ZEIT schreiben kann. Und hoffen wir, dass auch in anderen Redaktionen, in denen der Diskurs längst gekippt ist, ein Umdenken einsetzt.

Erweiterte Inklusion am Rhein

Wechseln wir zu Kindern, die in den nächsten beiden Fällen eine Rolle spielen, wenn auch nur indirekt. Dass Kinder den Begriff „Spielplatz“ „eingrenzend“ empfänden, wäre mir neu. Die Kölner Stadtverwaltung weiß das aber besser. Angeblich würden Jugendliche von der Benutzung der als solche apostrophierten „Kinderspielplätze“ abgeschreckt. Auch deshalb sollen sie in der Domstadt künftig „Spiel- und Aktionsflächen“ heißen. Die alte Beschilderung soll ausgetauscht werden, so eine Verwaltungsvorlage, die neue „muss dem erweiterten Inklusionsgedanken, der die Diversität der Nutzer*innen in [sic!] Rahmen ihres Alters, ihrer kulturellen Hintergründe und möglicher Behinderungen berücksichtigt, Rechnung [tragen]“. Die Figuren auf dem neuen Schild sind so gestaltet, dass sie „kaum Rückschlüsse auf das Alter der Personen, aber vor allem auch auf kulturellen Hintergrund und Nationalität oder eventuelle Beeinträchtigungen“ zulassen – „ein Schild für alle!“ 

Bisher waren die Figuren weiß, in der Neugestaltung finden wir u.a. eine blaue, violette und grüne Hautfarbe vor. Da muss sich niemand ausgeschlossen fühlen. Allerdings könnten mehrere als männlich oder weiblich ‚gelesen‘ werden – vielleicht ein Tribut an Kulturen mit geringer Verbreitung der Nicht-Binarität. Nach massenmedialem Bekanntwerden des Vorgangs nimmt die parteilose Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker jetzt davon (eine Armlänge) Abstand. Sie kritisiert die Vorlage der von ihr geleiteten Verwaltung sowohl inhaltlich („finde die Bezeichnung ‚Spielplatz‘ klar und verständlich“) als auch formal – sie sah keinen Stadtratsbeschluss vor, der nun kurz vor der Kommunalwahl im September erfolgen soll.

Zu deutsch für Geld

Die Verweigerung einer Kultursubvention muss nicht auf einer Cancel-Entscheidung beruhen. Im Falle des Theaters der kleinen Form in Berlin lässt allerdings die Begründung aufhorchen. Dieses Puppentheater für Kinder in Friedrichshain – also dem Ostteil des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg – besteht seit 25 Jahren, kann sich finanziell gerade so über Wasser halten und beschäftigt gerade mal eine Teilzeit-Mitarbeiterin, wie Chefin Evelyn der B.Z. gegenüber mitteilt. Man hatte Gelder aus einem Senats-Fördertopf für Kinder- und Jugendtheater beantragt, eine Jury auf Bezirksebene sprach allerdings ihr Njet aus. Als mögliche Begründung drang jetzt ein mehrere Jahre altes offizielles Papier nach außen, demzufolge die Aufführungen des Theaters zu altmodisch seien, obwohl sich der Stadtteil in den letzten 20 Jahren doch gewandelt habe. Wörtlich heißt es: „Themenauswahl ist klassisch, sehr deutsch, Familienverein“.

„Sehr deutsch – was ist daran falsch?“, fragt die CDU-Bezirksverordnete Marita Fabeck, die die Entscheidung der ihres Erachtens „grünen Jury“ kritisiert. „Kinder brauchen Märchen und Fantasie, keine Ideologie!“ Im vergangenen Jahr hatte Fabeck bereits gemutmaßt: „Vielleicht ist das Theater für den Bezirk nicht zeitgemäß oder woke genug“. Es fehlt wohl an afghanischen Puppenspielern oder an Frühsexualisierung von Kindern. Laut Website des Theaters der kleinen Form sei dessen Fortbestand dank Spenden gesichert.

Professor auf Plakat

Aus Kindern werden (zu) oft Studenten – und Feindmarkierung gehört zu den Usancen auf der linksextremen Website Indymedia. Dort bestimmt man, wer Nazi ist, und als solcher – z.B. durch Information des Arbeitgebers oder Nachbarschaft – an den Pranger gestellt werden darf. Jetzt wurde an der Uni Leipzig nicht nur ein Student mittels Plakaten „geoutet“, der der Identitären Bewegung zugehören soll. Sondern man warnt per Aushang auch vor Chemieprofessor Jörg Matysik: „ACHTUNG! Rassistischer Prof an der Uni“. Sie kennen Matysik vielleicht als Corona-Aufklärer, der sich gegen den Impfzwang ausgesprochen hatte und mit mehreren Kollegen zusammen seit JahrenHersteller und Behörden mit Fragen in Sachen Impfstoffe löchert. Worin soll denn nun der Rassismus liegen, den der Hochschullehrer auf seinem Blog angeblich verbreite –  neben von den Antifanten dort verortetem „Corona-Schwurbel“ und „Klimawandelleugnen“? 

Der Aushang zitiert zwei Stellen aus Blog-Einträgen. In einer mokiert sich Matysik über „woken Wahnsinn“ („‚Frauen mit Penis‘, ‚stillende Männer‘, Damenbinden auf Männertoiletten“) – die ist schon mal nicht einschlägig. Im anderen allerdings geht es um kriminelle Ausländer, die, wenn man sie nicht abschieben kann, seiner Meinung nach eingesperrt gehören. Ursprünglich sprach der Autor – und diesen Wortlaut gibt die Antifa wieder – in diesem Zusammenhang von „kriminellem Abschaum […], der polizeibekannt ist“, später hat er die derbe Formulierung in „kriminelle Abenteurer“ umgeändert. Schaut man sich den Kontext dieses Auszugs an, klingt das noch mal anders; Matysik unterscheidet dort nicht nach Rassen, sondern zwischen einerseits kultivierten und konstruktiven sowie andererseits „destruktiveren und gefährlichen Menschen“ unter den Migranten. Das geht den Linksextremen natürlich trotzdem gegen den Strich; sie erinnern daran, „dass der Antifaschismus am Ende weiterhin Handarbeit bleibt“. Zuweilen hält eine solche Hand auch einen Hammer.

Gendern oder gehen

Dass jemand seine Tätigkeit verliert, weil er nicht gendert, kommt inzwischen vor. Der – mittlerweile leider verstorbene – Gewerkschafter Dirk von Kügelgen durfte ab 2022 nicht mehr ein bestimmtes Internetangebot von ver.di pflegen, weil er die Auffassung vertratdass der ‚Gender-Stern‘ nichts in der Deutschen Schriftsprache zu suchen hat“. Bei der Entlassung eines Vereinsgeschäftsführers namens Klaus Roggenthin im gleichen Jahr könnten entsprechende Differenzen eine Rolle gespielt haben. Und beim THW Karlsruhe ging letztes Jahr – wie berichtet – der ehrenamtliche Pressesprecher David Domjahn, weil er sich der Gendersprache nicht unterwerfen konnte.

Nun schildert die Initiative Stoppt Gendern den Fall der Bernadette B. Diese trat kürzlich  eine Stelle als pädagogische Fachkraft bei einer Einrichtung der Lebenshilfe – also im Behindertenbereich – an. Aus dem Arbeitsvertrag hatte sie zuvor Formen der Gendersprache gestrichen. Eine Woche nach Arbeitsaufnahme teilte ihr die Personalabteilung telefonisch mit, sie müsse sich an die „moralische Verpflichtung“ zum Gendern halten. Etwas später erfolgte die Kündigung. „Dass man seine Arbeitsstelle verliert, weil man das Gendern ablehnt, darf es in einer Demokratie nicht geben“, urteilt Stoppt-Gendern-Gründerin (und Achgut-Gastautorin) Sabine Mertens.

Illegal Alien in Augsburg

Kommen wir nun zu mehreren Veranstaltungen, die nicht wie geplant stattfinden konnten oder können. Erneut erhielt der österreichische Rechtsidentitäre Martin Sellner ein Aufenthaltsverbot in der Stadt Augsburg (Achgut berichtete). Dort wollte er am Montag aus seinem Buch Remigration. Ein Vorschlag lesen. Das von der Stadt Potsdam erwirkte generelle Einreiseverbot des Alpenländlers nach Deutschland ist bekanntlich Geschichte, zwischenzeitlich konnte Sellner nach einigen solcher Aufenthaltsverbote – mehrere hatten wir hier und hier zum Thema – hierzulande ein paar Auftritte unbehelligt absolvieren. Süddeutschland, zumal Bayerisch Schwaben, scheint aber ein schwieriges Pflaster für ihn zu sein. Und in Augsburg, wo der Österreicher im Dezember sein damaliges Betretungs- und Aufenthaltsverbot – wie erwähnt – in einem Reisebus umging, regiert Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU). 

Eine „Christsoziale mit dem rot-grünen Touch, die schon zu Corona-Zeiten durch teilweise absurde Maßnahmen bundesweit für Aufsehen sorgte – etwa mit Maskenpflicht beim Joggen“, informiert Journalist Boris Reitschuster, ein Kind der Stadt. Weber hatte Reitschuster wegen kritischer Berichterstattung mit einer Strafanzeige überzogen, die letztlich im Sande verlief. Ihre Stadtverwaltung begründete den neuerlichen Bescheid mit dem Schutz der „verfassungsmäßigen Ordnung“. Rechtsanwalt Ulrich Vosgerau – wie Sellner ein Potsdam-Veteran – kritisiert, dass für die Stadt Augsburg nicht zähle, ob der unerwünschte Ausländer Straftaten begehen oder zu ihnen aufrufen könnte. „Völlig legales Verhalten und an sich der Meinungsfreiheit unterfallende Äußerungen“ genügten der Behörde bereits, um restriktiv tätig zu werden. Vosgerau fühlt sich dadurch an Ernst Fraenkels Doppelstaat erinnert, eine juristische Analyse der ersten Jahre des Dritten Reichs. Vordergründig, so der habilitierte Öffentlichrechtler, besteht der Rechtsstaat fort, zugleich aber entwickle sich eine „hinter den Kulissen‘ abspielende Kooperation zwischen NGOs, ‚Sicherheitsbehörden‘ und Geheimdiensten“, wo „die Frage nach der Rechtmäßigkeit einer Äußerung keine Rolle mehr spielt“.

Was passierte nun am Montag in Augsburg? Sellner postete ein Video, das einen angeblichen Standort der geheimen Lesung an der frischen Luft zeigen sollte, das aber offenbar früher – vielleicht sogar an einem anderen Tag – entstanden war. In der Folge stürmte die Polizei das betreffende Areal, traf aber den Identitären-Führer nicht an. Der Internetzeitung DAZ zufolge hatte die Lesung außerhalb Augsburgs unter mehr oder weniger konspirativen Bedingungen stattgefunden, während die Lokalität nur dem Schein diente, genau wie Anhänger Sellners, die sich dort während des polizeilichen Eingreifens aufhielten. Ein solches Katz-und-Maus-Spiel hatte der Remigrationsredner im Vorfeld bereits angekündigt. 

Bei einem in Dresden geplanten Vortragsabend mit Sellner musste laut einem Organisator kurz vorher die Lokalität gewechselt werden, weil es Drohungen gegen deren Inhaber gegeben hatte. Und in Chemnitz soll der Österreicher heute Abend im Rahmen einer Fraktionssitzung von Pro Chemnitz/Freie Sachsen auftreten, die Stadt kündigte jedoch die städtischen Räumlichkeiten. Das zuständige Verwaltungsgericht bestätigte dieses „Rathausverbot“, eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts stand bei Redaktionsschluss noch aus.

Hotel unter Druck

Für mehrere Interviews stand Sellner Thomas Grabinger alias Der Digitale Chronist zur Verfügung. Dieser, so das Aktionsbündnis „Aartalsee bleibt bunt“, „verbreitet Hass und Hetze auf mehreren Internet-Plattformen“. Der rechte YouTuber hatte nämlich zu einem Zuschauertreffen im hessischen Lahn-Dill-Kreis eingeladen. Nach Protesten und einer Gegendemo des Aktionsbündnisses wurde die Veranstaltung an ihrem ursprünglich geplanten Ort in Bischoffen-Niederweidbach abgesagt. Statt im Seehof Hotel am Aartalsee zu tagen (die Gegend ist übrigens nicht mit dem Ahrtal oder gar dem Aatal zu verwechseln), wich man kurzfristig auf eine Alternativ-Location aus. In den Medien war von einem „Treffen mutmaßlich Rechtsextremer“ die Rede – mutmaßen kann man vieles –, das Aktionsbündnis sprach von einem „Schwurbler- und Nazitreffen“ bzw. einem der „Reichsbürger- und Querdenker-Szene mit der Neuen Rechten“. Das würde den Termin vom vergangenen Samstag über Gebühr aufwerten.

Hotelinhaber Ioannis Arabatzis, in dessen Haus der Treff schon mal stattgefunden hatte, erklärte wiederum aus Erfahrung: „Es war in Ordnung, was dort gesagt wurde, es war nichts Rechtsextremes“. Er stellte klar: „Die […] geplante Veranstaltung wurde aus Sicherheitsgründen abgesagt – nicht wegen der Inhalte, sondern wegen der angekündigten Gegendemonstration und der damit verbundenen Eskalationsgefahr.“ Und er beklagte sich, „dass wir in sozialen Medien persönlich angegriffen, unter der Gürtellinie kritisiert und gezielt boykottiert werden sollen – offenbar mit dem Ziel, uns wirtschaftlich zu schaden“. Vor diesem Hintergrund wirkt seine Weigerung, sich inhaltlich von dem Chronisten-Treffen zu distanzieren, mutig; sie wird ihm von Gegnern übelgenommen. Die Teilnehmer tagten zwar andernorts, einige von ihnen übernachteten aber offenbar wie geplant in dem Hotel. Grabinger zeigte sich trotz der Umänderung zufrieden.

Kein Tumult in der Fabrik

Nun geht es nach Dresden und wir begegnen, wie oben in Leipzig, wieder der Antifa. Eine Beschwerde des Antifa Recherche Team Dresden soll beim Ausfall einer Veranstaltung des Magazins Tumult den Ausschlag gegeben haben. Die Zeitschrift, die den Untertitel Vierteljahresschrift für Konsensstörung trägt und sich laut ihrem Herausgeber Frank Böckelmann als „neoreaktionär“ versteht, wollte in drei Wochen eine Vortragsveranstaltung abhalten, bei der Valerio Benedetti über „die fortschreitende Islamisierung Europas“ gesprochen hätte. Der Historiker Benedetti kommt aus der italienischen CasaPound, einer im Wortsinne neofaschistischen – sich also in der Tradition Mussolinis verstehenden – Organisation. Der Künstlerverein, der die Veranstaltungsstätte Blaue Fabrik betreibt, sagte ab. 

In seinem Schreiben, das Achgut vorliegt, legt der Vereinsgeschäftsführer dar, dass er selbst durchaus zwischen deutschem Nationalsozialismus und italienischem Faschismus zu differenzieren weiß und dem inflationären Gebrauch gewisser einschlägiger Kampfbegriffe kritisch gegenübersteht – bei Dritten genügt jedoch die Einordnung Benedettis als „neofaschistisch“, damit sofort die Schotten dichtgehen. „Im Unterschied zu den heute beliebig unterstellbaren Maximalübeln ‚Faschismus‘ und ‚Neofaschismus‘“, kommentiert Tumult-Herausgeber Böckelmann, „ist die Islamisierung eine reale, stetig wachsende Gefahr für alles, was uns in Europa wert und teuer ist, Demokratie, Toleranz und Vielfalt eingeschlossen.“

Gewalt gegen Kundgebung

Wo wir schon beim Thema sind: Als beim Attentat auf den Islamkritiker Michael Stürzenberger vor gut einem Jahr in Mannheim Polizist Rouven Laur getötet wurde, wurden neben Anschlagsziel Stürzenberger weitere Personen schwer verletzt. Darunter Aktivisten der Bürgerbewegung Pax Europa (BPE), die die Kundgebung veranstaltete, z.B. ein unter seinem Vornamen Moritz bekannter BPE-Redner, in dessen Oberschenkel das Messer des Attentäters landete (hier mit heller Kappe zu sehen). Inzwischen spricht besagter Moritz wieder auf BPE-Kundgebungen. Dass es dort zu Angriffen kommt, war schon vor Mannheim nichts Neues und bei uns auch Gegenstand der Berichterstattung.

Vergangen Samstag erwischte es BPE-Moritz mehrfach, als er für seine Vereinigung bei einer Kundgebung in der Mainzer Innenstadt ins Mikro redete. Während er mit einem Passanten über den ethnokulturellen Hintergrund gewisser Straftäter diskutierte, schleuderte ihm jemand ein Ei ins Gesicht (hier eine andere Perspektive), was eine junge Frau mutmaßlich einschlägigen Migrationshintergrunds mit den Worten „Geschieht dir recht, Junge!“ quittierte. Anschließend wurde sie gegen Passanten gewalttätig. Beim Täter des Eierwurfs soll es sich einer Quelle zufolge um einen Linksextremen gehandelt haben. Zuvor schlug ein älterer Herr, dem die (legale) Lautstärke der Veranstaltung mit ihren Verstärkern missfiel, jenem Moritz mit dem Krückstock auf dem Kopf (hier eine andere Perspektive). Bis zum Eintreffen der Polizei hielt der BPE-Mann den Senior an besagtem Stock fest.

Wo man singt, …

Alleine dafür, dass man in den Social Media irgendwelche „Daumen hoch“ gegeben hat, kann man es schon mit der Strafjustiz zu tun bekommen. Wie der Liedermacher Jan W. alias Yann Song King schildert, drohte einem seiner Hörer sogar die Entfernung aus dem Öffentlichen Dienst, weil er einen Smiley unter einen geposteten Song des Dresdners platziert hatte. Dies sei ihm als Indiz für mangelnde Verfassungstreue ausgelegt worden. Wenn die anderen Indizien ähnlich bestechend waren, müsste der Sieg, den der Mann laut Yann Song King vor dem Bundesverwaltungsgericht errungen hat, ein Kinderspiel gewesen sein. Beim inkriminierten Lied des Musikers, der 2020 auf Coronademos als Protestbarde begann und inzwischen auch zu Themen wie Energiepolitik und Frieden singt, handelt es sich um „Wir fahren heut‘ zum Putsch“.

Wie in der humoristischen Mehrzahl seiner Lieder weiß Yann Song King darin als Satiriker zu überzeugen. Verstärkt durch das dazugehörige Video haben die Leipziger Bundesrichter das Werk als „Posse über die Reichsbürgerszene“ aufgefasst und zurecht nicht als „ernsthaften Umsturzaufruf“ eingeordnet. Die eigentliche Stoßrichtung des Spottes liegt natürlich woanders, nämlich beim Mainstream-Narrativ über die Wohnmobil-Putschisten um Prinz Reuß. Zu den 32 Grad an meinem Schreibtisch beim Verfassen dieser Zeilen passt aber eher der Song über den Hitzetod.

Vor Gericht

Zuletzt zum Verwaltungsgericht Greifswald. Das hatte jüngst gleich zwei Mal mit Schülern zu tun. In einem Fall ging es um Loretta B., die letztes Jahr von der Polizei wegen (legaler) rechter Internetposts aus dem Unterricht geholt worden war. Das war rechtswidrig, entschieden nun das Gericht (Achgut berichtete). Seine Begründung laut Junger Freiheit (JF): „Das Gespräch der Polizisten mit Loretta hätte auch zu Hause oder auf der Polizeiwache stattfinden können. Es ist nicht notwendig gewesen, sie vor aller Augen aus dem Unterricht zu holen und damit eine Stigmatisierungswirkung hervorzurufen.

In einem anderen Fall wurde der Schulverweis eines Neuntklässlers aufgehoben. Dieser war im Mai von seiner Schule geflogen, weil diese und das zuständige Schulamt ihm das Zeigen des sogenannten White-Power-Grußes bei einem Schulausflug ins KZ Auschwitz unterstellten. Dabei handelt es sich um das vor allem bei Tauchern gebräuchliche O.K.-Zeichen, das – wie ich zu betonen nicht müde werde –, Internettrolle im Scherz als angeblich rechtsextreme Geste erfunden haben. Das Verwaltungsgericht behauptet allerdings, dass beim O.K.-Zeichen Mittel- bis kleiner Finger aneinandergepresst und bei der anderen Geste auseinandergespreizt würden. Im Video der Tat, so die JF, war aber für das Gericht „weder […] ein korrektes ‚OK‘ noch […] ein korrektes ‚White-Power-Zeichen‘“ zu erkennen, sondern wohl irgendwas dazwischen. Da der Betroffene außerdem bisher in der Schule nicht als rechtsradikal aufgefallen ist, kann man ihm da nichts nachweisen. Was Richter so verhandeln und wir hier so behandeln müssen…

Und so endet der allwöchentliche Überblick des Cancelns, Framens, Empörens, Strafens, Umerziehens, Ausstoßens, Zensierens, Denunzierens, Entlassens, Einschüchterns, Moralisierens, Politisierens, Umwälzens und Kulturkämpfens. Bis nächste Woche!

 

Ein Archiv der Cancel Culture in Deutschland mit Personenregister finden Sie unter www.cancelculture.de. Um auch weniger prominente Betroffene aufnehmen zu können, sind die Betreiber der Website auf Hinweise angewiesen. Schreiben Sie ihnen gerne unter cancelculture@freiblickinstitut.de.

Christoph Lövenich ist Novo-Redakteur und wohnt in Bonn. Er hat zum SammelbandSag, was Du denkst! Meinungsfreiheit in Zeiten der Cancel Culturebeigetragen.

Die in diesem Text enthaltenen Links zu Bezugsquellen für Bücher sind teilweise sogenannte Affiliate-Links. Das bedeutet: Sollten Sie über einen solchen Link ein Buch kaufen, erhält Achgut.com eine kleine Provision. Damit unterstützen Sie Achgut.com. Unsere Berichterstattung beeinflusst das nicht.

Foto: playgroundfails screenshot

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Horst Teltschick / 04.07.2025

Zu Köln: aufs neue Schild hätten noch ein paar Kippen rauchende und Bier trinkende Jugendliche, Fixer und Dealer gehört, oder auf wen sonst bezieht sich „Aktionsfläche“?

Fritz Dieterlein / 04.07.2025

Die Juden in Stuttgart bekommen jeden Freitag von der Gemeinde eine Mail über anstehende anti-israelische Demos in der Stadt. Verbunden mit dem Rat, bestimmte Bereiche „zu vermeiden“. Dem, der 3 Zitate von Hannah Arendt kennt, sei dieses von 1941 empfohlen: „Vor Antisemitismus aber ist man nur noch auf dem Monde sicher.” Nachts durch Stuttgart zu gehen, es ist schon Kalkutta u. Istanbul in einem. Dass dies auch tagsüber so wird, daran arbeiten jene Intelligenzbolzen aus dem Morgenland, die der AfD bald zur Mehrheit verhelfen. Man muss ihnen dankbar sein, denn die mutmaßlichen demokratischen Politiker sind außerstande, Vernunft für die Eigenen anzuwenden. Sie stecken mit ihren Köpfen weit im TreibSand- der bunt Gesalbten und Hochmoralisten. M.f.G.

Rainer Niersberger / 04.07.2025

Tatsaechlich kann der AG ein AV in den ersten 6 Monaten ohne Grund ordentlich kündigen. Mit der Probezeut hat das nichts zu tun, mit dem KSchG sehr viel. Allerdings kommt seit geraumer Zeit eine Feinheit ins Spiel, die fuer unfaehige Personaler problematisch sein kann. Der AG muss die Kuendigung nicht begründen, tut er es allerdings trotzdem , sollte er aehnlich aufpassen wie bei der Absage gegenueber Bewerbern. Eine Begruendung sollte naemlich dem ADG standhalten, welches die rotgruenschwarzen Ideologen eingeführt haben, um die vorher von Art 3 GG unbehelligten Privaten auf Kurs zu bringen. Der AG sollte bei seiner Begruendung auf die im Gesetz genannten Merkmale oder Anlehnungen daran verzichten, wobei bereits Unterstellungen sprich vermutete Gedanken riskant sein koennen. Mit einer Ausnahme : Eine Kündigung wegen der weissen Hautfarbe oder des Deutschseins waere natuerlich unproblematisch, erst recht, wenn der An sich AfD - affin geaeussert haben sollte.  Diskriminierung ist, manche wissen es bereits, eine Handlung, die nur bestimmte Personen bzw Gruppen, sogen Opfer, betreffen kann. Fuer die Taeter greift das ADG kraft Eigenschaft nicht. Das Problem beginnt bereits beim Geschlecht. Als PL aD. rate ich dringend, auf wirklich jede Begruendung zu verzichten. Auch auf solche, aus denen die rotgruenen Richter ihre genehmen Schlüsse ziehen. Das mag fuer die Betroffenen etwas ärgerlich sein, ist aber in diesem Land unvermeidlich. So sind zwar die Palaestinenser ein “Volk”, natuerlich nicht, die Deutschen hingegen nicht. Ihnen wurde der Status trotz Fakten entzogen, mit bzw nach WK II. Ohne Widerstand. Jedenfalls sind sie kein Volk im Sinne der “Verhetzung” oder Diskriminierung. Sie sind quasi vogelfrei. Ihre Individuen auch. Wer oder was “Volk” ist, oder Opfer, bestimmt die herrschende Ideologie, wobei auch manche Kommentare hier seltsam geprägt sind. Liberalkonservative sind uebrigens auf der taktisch ” richtigen” Seite.  Wie immer.

Roland Magiera / 04.07.2025

Noch klingen die politisch korrekten Nachwuchs-Akademiker so: „ACHTUNG! Rassistischer Prof an der Uni“. Bald werden sie Verantwortung tragen müssen und kurz darauf klingt es so: „ACHTUNG! Wer rest von verschimelten Broot abgeben kann, bitte melden“.

Karsten Dörre / 04.07.2025

Dass im besten Deutschland, dass es je gegeben hat, überhaupt Plätze mit Sandkiste und Spielgeräten mit Spielplatzschildern ausgewiesen werden, fällt niemanden auf.

Rosemarie Könen / 04.07.2025

Totalitäre Zeiten locken das Widerwärigste und Abgründigste aus den dafür konditionierten Menschen. Daher der Zulauf zu derartigen Systemen.  Was gibt es Schöneres, als von der Obrigkeit belobigt und finanziell gesponsert seinem Hang zur Denunziation, Rudeljagd und Gewalt ausüben zu können?

A. Nölle / 04.07.2025

Wenn jetzt öffentliche Spielplätze künftige “Spiel- und Aktionsplätze” heißen sollen, wird sozusagen Neil Postmans These vom “Verschwinden der Kindheit” ordnungsrechtlich dokumentiert. Ich finde auch, dass es heutigen Kindern, zumal in einer Großstadt, zumutbar sein muss, Verständnis für die Inklusion auch von Drogenabhängigen in “ihren” Bereichen aufzubringen. Wir gehen harten Zeiten entgegen, da müssen alle Opfer bringen, auch die Kinder. Die gleiche Verwaltungslogik finden wir ja auch schon bei “Altenheimen”, die offiziell zu “Alten- und Migrantenheimen” umgewidmet werden. Mittelfristig werden wir uns mit einem neuen Menschenbild auseinanderzusetzen haben: Die Multifunktionalität des Menschen ist unantastbar.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Christoph Lövenich, Gastautor / 11.07.2025 / 10:00 / 15

Ausgestoßene der Woche: Piratensender auf dem Bodensee

Eine Schifffahrt des Senders Kontrafunk fällt nach Protesten ins Wasser, in einer Kita dürfen Kinder statt Indianer nur noch Pony spielen, und Hans-Georg Maaßen wurde…/ mehr

Christoph Lövenich, Gastautor / 27.06.2025 / 12:00 / 15

Ausgestoßene der Woche: Schwein, Negroni, Kirmeswagen

U21-Fußballern kredenzt der DFB-Koch kein Schweinefleisch, in Italien halten Ausländer den Namen des Cocktails Negroni für rassistisch, und ein Talahon-Kirmeswagen in der hessischen Provinz sorgt…/ mehr

Christoph Lövenich, Gastautor / 20.06.2025 / 06:15 / 24

Ausgestoßene der Woche: Eine Schriftstellerin, die Frau sein will

Der Beitrag der österreichischen Schriftstellerin Gertraud Klemm (Foto) darf nicht in einem Buch erscheinen, weil sie nicht woke ist, Zitate aus der Literatur gereichen einem…/ mehr

Christoph Lövenich, Gastautor / 13.06.2025 / 06:00 / 32

Ausgestoßene der Woche: Fußballer ohne Regenbogen

Fußballspieler in Frankreich erhielten eine Sperre, weil sie ein Regenbogen-Emblem auf ihren Trikots verdeckt hatten, das Wiener Stadtmuseum bewertet die Türkenbelagerungen neu, und in Sachen…/ mehr

Christoph Lövenich, Gastautor / 06.06.2025 / 10:00 / 14

Ausgestoßene der Woche: Wonder Woman

Hollywood-Schauspielerin Gal Gadot gerät bei Dreharbeiten ins Fadenkreuz von Israelfeinden, YouTube löscht den populären rechten Kanal Honigwabe, und eine Veranstaltung mit Querdenken-Gründer Michael Ballweg muss…/ mehr

Christoph Lövenich, Gastautor / 30.05.2025 / 10:00 / 25

Ausgestoßene der Woche: Polizistenkinder

Eine Dresdner Linksaußen-Kita darf Sprösslinge von Polizeibeamten ausschließen, die Brüsseler Antifa wollte eine Diskussion über Frauen im Konservatismus verhindern und die AfD-Bundestagsfraktion erhält einen zu…/ mehr

Christoph Lövenich, Gastautor / 16.05.2025 / 12:00 / 19

Ausgestoßene der Woche: Clownswelt und Yuval Raphael 

Ein rechter YouTuber wird aus seiner Metalband geschmissen, weil Zeit und Böhmermann seine Identität preisgegeben haben, und manche wollen Israel von der Teilnahme am Eurovision…/ mehr

Christoph Lövenich, Gastautor / 09.05.2025 / 10:00 / 25

Ausgestoßene der Woche: Männer und Blaue

Manche Schwimmbäder schließen männliche Gäste zu bestimmten Zeiten aus, in Berlin werden reine Frauenwaggons im öffentlichen Nahverkehr gefordert, und die AfD-Aktion des Verfassungsschutzes zeitigt verschiedene Folgen.…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com