Kletterhaken in den Alpen werden entfernt, weil sie auf einer von FPÖ-Chef Kickl erstbegangenen Route liegen, eine Grundschule nannte keine christlichen Feiertage in ihrem Kalender und Agnes Strack-Zimmermann geht gegen ein Satire-Video vor.
„Antifa ist Handarbeit“, lautet eine gängige linksextremistische Parole. In der Hand braucht man zuweilen eine Flex, z.B. wenn man Bohrhaken in einem Felsen abschleifen möchte. So geschehen im Hochschwab-Massiv in der Steiermark. Auf Indymedia brüsten sich Antifanten damit, die Kletterroute Geheimer Schwob unbrauchbar gemacht zu haben. Fotos zeigen einen Schwarzvermummten bei der „Arbeit“. Denn sie wollen „Faschisten aus dem Gebirge jagen“. Den Geheimen Schwob hat nämlich 2020 eine Dreiergruppe erstbegangen, der sowohl der FPÖ-Chef Herbert Kickl als auch Thomas Behm angehörten. Behm nutzt als Erstbegeher zahlreicher Routen sein damit verbundenes Recht, diesen ihre Namen zu geben, seit langem schon weidlich aus. So hat er Bezeichnungen wie Negerkuss, Zigeunerschnitzel, aber auch Riefenstahl und Swastikaar vergeben, sowie nicht zuletzt Greta Dummberg.
Außerdem werde laut Antifa „von rechter Seite aus versucht, die Berge zu vereinnahmen, um den Nationalstaat Österreich zu romantisieren und eine vermeintliche Volksidentität zu schaffen.“ So etwa „auf großer Bühne, wenn sich Kickl als Extremsportler und Kletterer darstellt“. „Man kann zu Herbert Kickl […] stehen, wie man will“, antwortet Bergsteigen.com. „Uns ist nicht bekannt, dass sich die Erstbegeher mit dieser Route in irgendeiner Form öffentlich inszeniert hätten, auch ist der Routenname, anders als die Routennamen von anderen Kletterrouten, von Thomas Behm hier normal gewählt.“ Die Website bedauert, dass jetzt noch weitere „die Berge für ihre Botschaften missbrauchen“.
Gefahren lauern für den, der dort kraxelt, ohne zuvor von der alpinen Sabotage Kenntnis erlangt zu haben. „Wer in gutem Glauben in eine Route einsteigt und dann plötzlich feststellt, dass entscheidende Sicherungspunkte fehlen, gerät in akute Lebensgefahr“, erklärt FPÖ-Nationalratsabgeordneter Sebastian Schwaighofer. „Hier wird nicht nur Vandalismus betrieben, sondern bewusst das Risiko schwerer Unfälle oder gar Todesfälle in Kauf genommen“. „Absolut irre und lebensgefährlich“, urteilt der verhinderte Bundeskanzler Kickl selbst. Die steirische FPÖ-Landtagsfraktion verspricht 1.000 Euro Belohnung für sachdienliche Hinweise, mittels deren die Polizei die Täter ergreifen kann.
Falsche Vorschläge
Verbleiben wir kurz im Alpenland. Eine Wienerin habe bei der Stadtbibliothek, Büchereien Wien genannt, Anschaffungsvorschläge eingereicht, die dort auf keine Gegenliebe stießen. Das berichtet der österreichische Exxpress. Die Dame, deren schmaler Geldbeutel den Kauf der Bücher nicht zuließe, habe den Erwerb folgender Werke angeregt: Shitbürgertum von Ex-Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt (bei Achgut rezensiert), Der neue Kulturkampf aus der Feder von der Ethonologin Prof. Susanne Schröter (ebenfalls bei Achgut rezensiert) und den von Ulrich Mies herausgegebenen Sammelband Der tiefe Staat schlägt zu.
Die Büchereien Wien, so der Exxpress, lehnten alle Vorschläge ab. Schröters Buch sei zu schlecht besprochen worden, der Mies-Band enthalte „zumindest in Ansätzen verschwörungstheoretische Züge“, und bei Poschardt sparte man sich die Begründung gleich ganz. Im Öffentlichen Bibliotheksdienst wähnt sich der eine oder die andere erziehungsberechtigt.
Termine unterschiedlicher Priorität
Die Theodor-Haubach-Schule in Hamburg-Altona gerät wieder in die Schlagzeilen. 2022 erregte die Leiterin der großen Grundschule, Dagmar Solf, durch ihre Vorgaben für die Kostümierung bei einer Karnevalsfeier Aufsehen. Sie wollte damals „die Überzeichnung zahlreicher Ethnien vermeiden und geschlechtsspezifische Rollenzuschreibungen aufheben“. Empfohlen wurde hingegen die unverfängliche Verkleidung als Karotte oder Spiegelei. Warf man dieser Tage einen Blick auf die Website der Lehranstalt, so tauchten unter der Überschrift „Der nächste Termine[!]“ derer drei auf, nämlich der gestrige Newroz – der aus dem persischen Raum stammende Neujahrstag –, das Ende des Ramadan am 30. und das Fastenbrechen am 31. dieses Monats. Im Online-Kalender der Schule stößt man z.B. auch auf das islamische Opferfest im Juni. Bis vorgestern fehlten allerdings Ostern, Pfingsten, Weihnachten und andere christliche Feiertage gänzlich.
Kaum hatte jedoch ein Artikel bei Apollo News dies am Montag thematisiert, wurde am Mittwoch fleißig nachgetragen. Inzwischen finden sich für das ganze Jahr 2025 die einschlägigen Termine, sogar die Heiligen Drei Könige sind schon für den Januar 2026 vermerkt. Allerdings zeigt ein Blick auf den vergangenen Dezember, dass für den Monat nichts dergleichen verzeichnet war, aber immerhin ein „Rumi Kulturabend“, der sich wohl auf den gleichnamigen islamischen Gelehrten und Mystiker aus dem 13. Jahrhundert bezieht. Dass der 1. Mai im Kalender als „Tag der deutschen Arbeit“ [Hervorhebung von mir] bezeichnet wird, erinnert wiederum an eine andere vergangene Zeit. Eine stichprobenartige Prüfung des Speiseplans der Schulkantine für die letzten Jahre ergibt übrigens, dass dem Nachwuchs drei bis vier Veggie Days pro Schulwoche aufgezwungen werden, aber immer mal wieder nordafrikanischer Couscous kredenzt wird.
Was darf Satire?
Muxmäuschenstill X nennt sich die Fortsetzung des Films Muxmäuschenstill, der 2004 zum Überraschungserfolg avancierte. Hauptdarsteller und Drehbuchautor Jan Henrik Stahlberg übernahm diesmal zusätzlich auch die Regie. Finanziert hat den neuen Streifen Ralph Suikat, allerdings – darauf legen die Macher wert – noch bevor der Unternehmer Schatzmeister des BSW wurde. Zur Werbung vor dem Kinostart am 1. Mai dienen mehrere kurze Videos, in denen Politiker KI-verfremdete Talkshowauftritte absolvieren. Neben Friedrich Merz und Olaf Scholz taucht darin FDP-Granate Agnes Strack-Zimmermann auf. In mit veränderten Aussagen versehenen Ausschnitten aus einer Talkshow mit Sandra Maischberger tritt als Ehemann der Militärpolitikerin ein fiktiver Oberst a.D. Horst Strack-Zimmermann vor, der auf Geheiß seiner Ehegattin in den Krieg gezogen war und durch eine Rheinmetall-Mine beide Beine verloren hat.
„Ich kann nur sagen, dass ich das erste Mal froh bin, unfruchtbar zu sein“, sagt die computergenerierte Figur, „Agnes hätte ohne mit der Wimper zu zucken die ganze Familie an die Front geschickt.“ Der Europaabgeordneten, die laut Video Südkoreaner für den Ukrainekrieg rekrutiert, werden dort zum Schluss die Worte „Jetzt wird zurückgeschossen“ in den Mund gelegt. Strack-Zimmermann wäre nicht die Anzeigenhauptmeisterin der FDP, wenn sie dagegen nicht rechtlich vorginge. Sie verlange, berichten die NachDenkSeiten, „eine sofortige finanzielle Entschädigung von den Filmemachern“. Die Plattform TikTok, wo das Video oft aufgerufen wurde, hat es bereits entfernt. In diesem, so der Anwalt der Düsseldorfer Politikerin, „fehlt […] insgesamt eine künstlerische Anmutung oder eine satirische Überspitzung“. Da ist sogar etwas dran, die Parodie läuft im Falle dieser Frau Gefahr, von der Realität überholt zu werden.
Teilnehmer zu rechts
Nächste Woche findet in Jerusalem die Internationale Konferenz zur Bekämpfung des Antisemitismus statt, die das israelische Diaspora-Ministerium veranstaltet. Dort sollen der israelische Staats- und der Ministerpräsident sprechen, außerdem Argentiniens Javier Milei, Achgut-Gastautorin Ayaan Hirsi Ali und zahlreiche weitere. Inzwischen sind aber einige Teilnehmer wieder abgesprungen. So etwa der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy und der britische Oberrabbiner Ephraim Mirvis. Aber auch deutsche Größen haben abgesagt, wie der bedeutendste Aachener Politiker seit Karl dem Großen, Armin Laschet (CDU), Volker Beck (Grüne) als Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung. Und zwar nachdem ihnen das ganze Teilnehmerfeld bekannt wurde. Zu diesem gehören ein paar Europaabgeordnete, die manche offenbar lieber hinter einer Brandmauer sähen, darunter Jordan Bardella, Chef des französischen Rassemblement National (RN), Marine Le Pens Nichte Marion Maréchal, eine Politikerin der ungarischen Regierungspartei Fidesz und einer von der spanischen Vox.
„Wenn wir uns mit rechtsextremen Kräften zusammentun, diskreditieren wir unsere gemeinsame Sache“, so Volker Beck. Die Mehrheit der französischen Juden wählt den RN, vermutete Nazijäger Serge Klarsfeld letztes Jahr. Nathan Sharansky, einst als Sowjet-Dissident über die Glienicker Brücke in den Westen ausgetauscht, erachtet es als wichtig, dass der Kampf gegen den Antisemitismus von links bis rechts geht. Felix Klein wiederum freut es, dass wenigstens keiner von der AfD nach Jerusalem eingeladen wurde. Und Nicole Dreyfus von der Jüdischen Allgemeinen, dem Zentralorgan des Zentralrats der Juden in Deutschland, belehrt die israelische Regierung: „Israel […] würde gut daran tun, diszipliniert Distanz zu all jenen zu wahren, die seine Werte nicht teilen.“ Diesen Vorschlag könnte der Zentralrat selbst nicht beherzigen, schließlich ist er von der deutschen Bundesregierung finanziell abhängig.
Nicht nur Warweg weg
Journalist Florian Warweg war in dieser Kolumne schon mehrfach zu Gast, insbesondere, weil er sich den Zugang zur Bundespressekonferenz erst vor Gericht einklagen musste. Warweg war früher beim deutschsprachigen Angebot des Regierungssenders Russia Today (RT DE) tätig. Am 8. April sollte er bei einer Veranstaltung mitwirken, die das städtische Theater Düren für 14- bis 20-Jährige organisiert hatte. Unter dem Titel Düren Spring Break war vorgesehen, dass ein DJ, der Psychologe Varnan Chandreswaran, die Schauspielerin Philine Conrad und eben Warweg als Journalist in jeweiligen Workshops „aus Ihrem Berufsalltag erzählen […] und dazu praktisch mit [den Teilnehmern] arbeiten.“
Doch nun fällt die ganze Veranstaltung flach, wie Conrad und Warweg berichten. Als Gründe habe man Warwegs RT-Vergangenheit angegeben, Conrads öffentliche Gegnerschaft zur Corona-Politik, und den Umstand, dass Chandreswarans Buch Gefangen in der Opferrolle. Warum Wokeness scheitert positiv in der Jungen Freiheit besprochen worden sei. Conrad und Warweg zufolge trägt der Bürgermeister der rheinischen Mittelstadt, Frank Peter Ullrich (SPD), die Verantwortung für die Absage. Dieser sei nicht gesprächsbereit. „Wohl leider ein exemplarisches Beispiel für die Diskursfähigkeit bundesdeutscher Funktionseliten im Jahre des Herrn 2025“, urteilt der Journalist. „Wo wollen wir denn hinsteuern?“, fragt die Schauspielerin.
Es lebe der König?
Dass das Amt der Pfälzischen Weinkönigin abgeschafft und durch „PfalzWeinBotschafter“ beiderlei Geschlechts ersetzt werden sollte, hatten wir letztes Jahr behandelt. Nach Protesten konnte dies – wie berichtet – noch abwendet werden. Die derzeitige Königin hat übrigens neben einer Weinprinzessin auch eine männliche „Weinhoheit“ im Gefolge. In zwei anderen Weinanbaugebieten wurden erstmalig Männer zu „Weinkönigen“ gewählt: Felix Grün am Mittelrhein und – der Name klingt eher nach Whisky – Levin McKenzie in Rheinhessen.
Dieses Novum hat zur Folge, dass die nächste Deutsche Weinkönigin ein König sein könnte. Denn die Auswahl erfolgt aus den jetzigen Majestäten der 13 Anbaugebiete. Bisher waren alle 76 Weinköniginnen – die Krone wechselt jährlich – „weiblich gelesene Personen“. Eine aus dieser Reihe soll ab demnächst sogar ein hohes Staatsamt bekleiden. Gewänne einer der kandidierenden Männer den zweiten oder dritten Platz auf dem Treppchen, hieße er „Weinprinz“. Ginge einer sogar als Sieger hervor, hätten wir erstmals keine Deutsche Weinkönigin mehr, sondern einen „Deutschen Weinkönig“. Der dürfte dann jedoch keine Krone tragen, hat das Deutsche Weininstitut entschieden, sondern müsste sich mit einer Amtskette begnügen. Die Entscheidung fällt im September.
Du sollst dir kein Bild machen
Wokeness erinnert zuweilen an Stammesdenken, das Menschen nach Zugehörigkeit zu irgendwelchen Communities (insbesondere anhand von Hautfarben und sexueller Identität) schubladisiert. Dazu bedient man sich in Nordamerika auch klassischer Stämme, nämlich der Ureinwohner. Ein Thema dabei sind Gegenstände, die solchen Indianerstämmen vermeintlich „gehören“ und die man ohne Zustimmung von deren Vertretern nicht verwenden dürfe. Das bezieht sich auf Alltagsgegenstände wie Geschirr und auf sterbliche Überreste. Betroffen sind davon – wie berichtet – Museen, aber nicht nur. Der Community-College-Bezirk Los Rios, der mehrere Bildungseinrichtungen in und um die kalifornische Hauptstadt Sacramento betreibt, verbietet seinem Personal jetzt, solche Gegenstände zu benutzen – oder auch nur ihre Abbildungen. Selbst Fotos von Indianerknochen werden damit im Unterricht tabu. Verfassungswidrig, befindet die Bürgerrechtsorganisation FIRE. Es besteht immerhin die Ausnahme, dass man Überbleibsel zeigen darf, wenn der Betroffene in die Verwendung für Lehr- und Forschungszwecke ausdrücklich eingewilligt hat – bei einem 12.000 Jahre alten Skelett aber eher unwahrscheinlich.
Glaswurf
Zuletzt noch etwas zur blauen Partei. Ein 29-jähriger, der zur Besetzung eines AfD-Infostands in Bremen gehörte, wurde von zwei Männern mit den Worten „Nazi, verpiss dich aus Bremen“ beschimpft und mit einer Glasflasche beworfen; er trug eine leichte Verletzung davon. Eine Täterbeschreibung gibt es bei der Polizei.
Und so endet der allwöchentliche Überblick des Cancelns, Framens, Empörens, Strafens, Umerziehens, Ausstoßens, Zensierens, Denunzierens, Entlassens, Einschüchterns, Moralisierens, Politisierens, Umwälzens und Kulturkämpfens. Bis nächste Woche!
Ein Archiv der Cancel Culture in Deutschland mit Personenregister finden Sie unter www.cancelculture.de. Um auch weniger prominente Betroffene aufnehmen zu können, sind die Betreiber der Website auf Hinweise angewiesen. Schreiben Sie ihnen gerne unter cancelculture@freiblickinstitut.de.
Christoph Lövenich ist Novo-Redakteur und wohnt in Bonn. Er hat zum Sammelband „Sag, was Du denkst! Meinungsfreiheit in Zeiten der Cancel Culture“ beigetragen.
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