Der Beitrag der österreichischen Schriftstellerin Gertraud Klemm (Foto) darf nicht in einem Buch erscheinen, weil sie nicht woke ist, Zitate aus der Literatur gereichen einem Lehrer und einem Schüler zum Nachteil, außerdem wurden einige Gewaltakte verübt.
Das Pen!smuseum lautet der Titel eines Buches, das Anfang September im österreichischen Leykam-Verlag erscheint, und von dessen Lektüre ich Ihnen unbesehen bereits abrate. Die Anthologie enthält Texte der Herausgeberinnen Mareike Fallwickl und Eva Reisinger, die ein „literarisches Feuerwerk“ des Feminismus entzünden sollen. „Während Anna hochschwanger fremdgeht, fotografiert Simone heimlich den schlaffen Penis ihres Mannes“, heißt es in der Ankündigung. Weitere Beiträge stammen von anderen Autorinnen. Allerdings fehlt ein ursprünglich geplanter der österreichischen Schriftstellerin Gertraud Klemm. Nach einem woken Shitstorm gegen deren Beteiligung am Werk distanzierten sich Herausgeberinnen und Verlag von „Aussagen […], die Klemm in früheren Interviews und Beiträgen vertreten hat – insbesondere dort, wo sie eine nicht-intersektionale Perspektive auf feministische Fragen vertritt“.
Feministin Klemm hält nämlich am Begriff „Frau“ fest und findet es „zynisch, die Existenz von Geschlecht zu hinterfragen, während zeitgleich Abermillionen von Frauen wegen ihres Geschlechts weltweit genitalverstümmelt, zwangsverschleiert, entrechtet, pränatal abgetrieben und unterbezahlt werden". Mit „sprachlichen Einschränkungen von links“ kann sie sich ebenso wenig anfreunden. „Wollen wir uns“, fragt sie an anderer Stelle Mitfeministinnen, „nicht lieber auf Gemeinsamkeiten konzentrieren, anstatt jede identitätspolitische Sau durchs digitale Dorf zu treiben?“ Das macht sie zur TERF, zur angeblichen transfeindlichen Feministin, bei deren berühmtestem Exemplar es sich um eine Berufskollegin Klemms handelt, nämlich Harry-Potter-Autorin J. K. Rowling.
Warum hat der Verlag so gehandelt, fragt die Welt, „Feigheit, Kalkül, Indifferenz?“ Sicher werden Fallwickl und Reisinger ein Wörtchen mitgeredet haben. Ihnen wurde im Internet auch schon mit dem Boykott ihrer Werke gedroht, falls der Klemm-Beitrag in ihrer Sammlung erscheinen sollte. Wie die NZZ berichtet, solidarisieren sich verschiedene Schriftsteller mit Klemm.
Sag niemals Ni****
Um ein Buch geht es auch im nächsten Fall. Die Ritter, die in Monty Pythons Ritter der Kokosnuss immer „Ni“ sagen, ersparen sich Ärger, indem sie keine weiteren Buchstaben anfügen. Anders Matthew Mastronardi, Spanischlehrer in Spokane im US-Bundesstaat Washington. Als er zufällig vernahm, wie Schüler nach eigener Aussage in einem Buch aus ihrem Englischunterricht ein „N-Wort“ überspringen müssten, ergriff er seine Chance, und führte vor, dass man selbstverständlich ein literarisches Werk in seinem Wortlaut vortragen kann. Laut las er aus Harper Lees Roman Wer die Nachtigall stört eine Passage vor, in der das Wort „nigger-talk“ vorkommt. Es ging ihm darum, dass „der Nachwuchs sich ehrlich mit einem Text auseinandersetzen kann“.
Das blieb nicht ohne Konsequenzen. Der Schulleiter seiner High School rügte Mastronardi wegen „unprofessioneller Kommunikation“. Künftig sollte er – egal in welcher Absicht oder in welchem Kontext – darauf verzichten, „Nigger“ oder „Nigga“ zu sagen, und sich auch sonst benehmen. Damit war die Sache aber keineswegs ausgestanden. Eine Woche später wandte sich die Personalchefin des Schulbezirks, Sabre Dahl, an ihn. Vor einer Frau, die mit Vornamen „Säbel“ heißt, sollte man sich Acht nehmen. Dahl und der Schulleiter forderten Mastronardi auf, selbst den Hut zu nehmen.
Als er dies verweigerte, teilte ihm der Chef des Schulbezirks, Superintendent Kyle Rydell, mit, dass sein Arbeitsvertrag nicht fürs nächste Schuljahr verlängert werde. Behauptungen, es gebe noch andere Gründe als das „Nigger“-Vorlesen sowie Elternbeschwerden, konnten dem Lehrer zufolge bei einer Besprechung nicht substantiiert werden. Die Entscheidung über die berufliche Zukunft des dreifachen Vaters Mastronardis soll am 25. Juni im Schulbezirksvorstand fallen. Ein Schüler der betreffenden High School hat eine Online-Petition zugunsten des Lehrers gestartet. Dem geht es dabei auch um die Meinungsfreiheit. Übrigens transportiert der Klassiker Wer die Nachtigall stört eine antirassistische Botschaft, und den Begriff „nigger talk“ legt Autorin Lee als indirektes Zitat einer Schwarzen in den Mund.
Wing-Wong-Witz
Bleiben wir bei Buch und Schule, wechseln aber von Sabre Dahl zu Roald Dahl, von den USA ins frühere Mutterland und von einem betroffenen Lehrer zu einem betroffenen Schüler. Der 12-jährige Andrey Bragin musste nachsitzen, weil er in der Schule einen Witz aus einem Buch erzählt hatte. Es handelte sich dabei um Charlie und der große gläserne Fahrstuhl aus Dahls Feder, die Fortsetzung des mehrfach verfilmten Charlie und die Schokoladenfabrik. Der Junge mit russisch-ukrainischen Wurzeln hatte sich den Band in der Schulbücherei geliehen. Die Passage, die er daraus zum Besten gab, sei des Wortspiels wegen – und auf das kommt es hier an – nur in der Originalsprache wiedergegeben: „‚It is very difficult to phone people in China […]. The country's so full of Wings and Wongs, every time you wing you get the wong number.'“
Daraufhin wurde der Siebtklässler von zwei Lehrerinnen zur Rede gestellt und des Rassismus bezichtigt. Zwei Stunden soll er dafür nachsitzen. In einer E-Mail der Schule, die GBNews öffentlich macht, wird die Passage auch noch falsch zitiert: „Warum können Chinesen so schlecht telefonieren?“ entspricht jedenfalls nicht der Formulierung im Buch. Und der Frechdachs Andrej soll vor den Lehrerinnen, die ihn des Witzes wegen in die Mangel nahmen, geprotzt haben: „Ich kenne einen noch schlimmeren“. Die Schule habe mit dieser Strafe noch Gnade walten lassen, lässt sie wissen – wegen der guten Führung des Schülers –, eigentlich werde bei solchen Äußerungen der Schulleiter eingeschaltet.
Andrejs Vater Greg Grimer kritisiert, man habe seinem Sohn nicht erklärt, was daran Rassismus sei und überhaupt sollte man Kinder nicht einschüchtern, wenn sie Bücher lesen und daraus zitieren. Sein Sohn werde das Nachsitzen nicht antreten, bevor die Schule nicht deutlich macht, worin beim Erzählen eines solchen Witzes das Problem liege. Grimer zufolge agiert das ganze Lehrpersonal inzwischen „hypersensibel“, nachdem es vom „Universitätssystem gehirngewaschen“ worden ist. Schriftsteller Dahl verfasste übrigens neben Kinderbüchern u.a. das Drehbuch für den James-Bond-Film Man lebt nur zweimal von 1967, der in Japan spielt und heutzutage mit Sexismus- und Rassismus-Vorwürfen überhäuft wird.
Juden unerwünscht
Herein, wenn’s kein Schneider, äh Jude, ist? Auf der Facebook-Seite einer Brandenburger Änderungsschneiderei war zu lesen: „Ab heute in meinem beinenbetrieb darf keine Jude eintreten nämlich wir wollen Frieden haben keine Krieg, deshalb jede Jude hat oder Israeli in meinem beidem Laden Hausverbot.“ Osman Uyar, Inhaber der Schneiderei Yöruk in Kleinmachnow, bestreitet gegenüber Bild, dies geschrieben zu haben, und schiebt die Schuld auf seinen Sohn Mehmet Uyar, der die Änderungsschneiderei Yöruk II in Calau betreibt. Der wiederum behauptet, ebenso wie der Vater, kein Problem mit jüdischer Kundschaft zu haben. Dass der Senior ihn verantwortlich macht, sei ein auf dessen schlechten Deutschkenntnissen beruhendes Missverständnis. Für den inzwischen gelöschten Facebook-Post macht er vielmehr einen Hacker verantwortlich. Die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung.
Attacke auf Autos
Heute wimmelt es hier von illegalen Angriffen unterschiedlicher Art. Zunächst zu den fahrbaren Untersätzen: In Berlin wurden am Dienstagmorgen sowohl 17 Telekom-Autos als auch 19 Amazon-Autos angezündet, die auf zwei Parkplätzen standen. Die Transporter brannten aus. Als Motive wurden auf einer linksextremistischen Website u.a. genannt: Amazon sponsere Trump und unterstützt durch Cloud-Server die israelische Armee, während die Telekom als „IT-Austatter [sic!] von Grenzbehörden, Polizei und Nachrichtendiensten [vom] Krieg gegen Geflüchtete an den Außengrenzen Europas“ profitiere.
Attacke auf Bunt
Beim „Fest der Vielfalt“ im brandenburgischen Bad Freienwalde kam es am Sonntag zu einer Störung durch angeblich 10 bis 15 junge Männer, die während des Aufbaus über die Versammlungsfläche der Initiative „Freienwalde ist bunt“ rannten. Von Quarzhandschuhen und Schlagwerkzeugen, mit denen Teilnehmer angegriffen wurden, ist dabei veranstalterseitig die Rede. Drei Verletzte soll es gegeben haben, die Polizei spricht von mindestens zweien. In einem vom RBB ausgestrahlten Video sieht man nur einen Maskierten, der einem Anwesenden namens Heino Krumholz einen Faustschlag verpasst – laut Sender, weil Letzterer sich dem Rennenden in den Weg gestellt hatte. Für den Freienwalder Bürgermeister Ralf Lehmann (CDU) ein Störversuch der Gruppe, worauf jemand (Krumholz) einen packte, der ihn dann deshalb schlug. Ob wirklich gezielt Teilnehmer der „Bunten“ körperlich angegangen wurden, stellt auch der örtliche AfD-Landtagsabgeordnete Lars Günther infrage – der die Störung dessen ungeachtet verurteilt.
Die Verdächtigen konnten entkommen, laut Polizei sei inzwischen einer als der Neonazi-Partei Dritter Weg mindestens nahestehend identifiziert worden. Nach der Aktion wurde die „Vielfalts“-Veranstaltung jedenfalls von Polizisten mit Maschinenpistolen bewacht, und der Landesinnenminister René Wilke (parteilos) kam persönlich herbeigeeilt. Bürgermeister Lehmann (CDU) hält den Vorfall für medial „aufgebauscht“, was ihm Kritik seitens einer am „bunten“ Fest beteiligten Initiative einbrachte, deren Vorstand Krumholz angehört. Legitim und legal wäre es gewesen, statt zu stören einfach eine Gegenkundgebung zur „Vielfalts“-Versammlung anzumelden.
Attacke auf Blau
Zwei AfDler sind in Dresden-Prohlis leicht verletzt worden. Bei einem Infostand am letzten Freitag wurde ein 50-Jähriger gegenüber der Standbesetzung zunächst verbal aggressiv und schüttete dann Kaffee auf einen der Parteivertreter. Daraufhin wurde der Angreifer von den beiden AfD-Leuten bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten; währenddessen schlug und trat er um sich, traf dabei die Blauen. Ein weiterer Mann griff zugunsten des Festgehaltenen ein, floh dann aber. Die Polizei ermittelt; Beamte mit Maschinenpistolen oder der Landesinnenminister ließen sich nicht blicken.
In Niedersachsen wurde ein Mitarbeiter des Wahlkreisbüros der AfD-Parlamentarier Martin Sichert (Bundestag) und Thorsten Moriße (Landtag) angegriffen. Am Wahlkreisbüro in Wilhelmshaven wurde der Angestellte von zwei Linksextremen mit Pfefferspray attackiert und musste sich anschließend in ärztliche Kontrolle begeben, wie die beiden Abgeordneten schildern. Die Polizei habe die Täter – einen Mann und eine Frau – fassen können. Im Januar war das Büro bereits mit Eiern beworfen worden. „Wer den politischen Mitbewerber dämonisiert und ihn als Staatsfeind verleumdet, wie es nicht wenige Politiker und Journalisten immer wieder in Bezug auf unsere Partei tun“, erklärt AfD-Landeschef Ansgar Schledde, „muss sich nicht wundern, wenn er auf den Straßen Zerstörung und Gewalt entfesselt.“
Attacke auf Grün
In Sachsen traf es aber auch Räumlichkeiten einer andersfarbigen Partei. So wurden letzte Woche die Leipziger Wahlkreisbüros zweier grüner Landtagsabgeordneter „erneut zerstört“, wie Christin Melcher beklagt. Und zwar von „selbsternannten Antifas“, sagt Melcher, die seit 2019 für die Grünen im sächsischen Landesparlament sitzt und neben ihrer Kollegin Claudia Maicher betroffen war. An der Fassade von Melchers Büro kam es zu Glasbruch, Verschmutzungen durch Farbe, und an der Tür prangte die geschmierte Parole „Free Antifa“. Auf Melchers Instagram-Account zeigen Leserkommentare, woher der Wind weht. Den Grünen werden dort „Abschiebungen, Aufrüstung, Kriegskredite, neoliberale Kürzungspolitik“, „Imperialismus“, „Militarismus“ sowie mangelnder Antifaschismus vorgeworfen. Melcher: „Unser Kampf für ein buntes Sachsen geht weiter.“
Attacke auf Schwarz
Zwar behandelt diese Kolumne mittlerweile auch Ausreiseverbote aus Deutschland, die Mauer hat aber noch keine Partei wieder errichtet, auch nicht die CDU. Dass der Eingang zur Göttinger CDU-Kreisgeschäftsstelle Anfang der Woche zugemauert war, lag vielmehr an Kräften, die dort Transparente mit der Aufschrift „Geschlossen wegen eurer Kriegstreiberei und rassistischen Abschottungspolitik" angebracht hatten. Das erinnert an die Angriffe auf CDU-Büros Anfang des Jahres, wegen einer vermeintlichen Beschädigung der Brandmauer durch die Merz-Partei. Damals war das Büro in der Antifa-Hochburg Göttingen bereits mit Farbbeuteln beworfen worden.
Attacke auf Lokal
Und noch einer der gewaltförmigen Cancel-Versuche. Wieder einmal richtet er sich gegen die linksantideutsche Programmkneipe Bajszel in Berlin-Neukölln. Diese wird – wie berichtet – wegen ihrer Israel-Solidarität seit dem 7. Oktober 2023 immer wieder angegriffen. Jüngst habe ein 14-Jähriger einen Pflasterstein in Richtung Außengastronomie geworfen, ohne jemanden zu treffen. Dessen 18-jährige Schwester soll einen der Betreiber der Gaststätte antisemitisch beleidigt haben. Sie behauptet aber, die entsprechende Äußerung in einem Telefongespräch über ihr Handy getätigt zu haben, und nicht an die Adresse des Betroffenen. Vallah, Habibi, isch schwör.
Gegen blasphemische Kondome
Genug der illegalen Attacken für heute. Eine katholisch-konservative Organisation in den Niederlanden belässt es bei einer Online-Petition und Demonstrationen, um für ihr Ziel zu werben. Die Vereinigung Civitas Christiana stößt sich an einem Kondom aus der Zeit um 1830, das gerade im Amsterdamer Reichsmuseum ausgestellt wird. Problem bei dem aus Schafsdarm gefertigten Verhütungsmittel: Es trägt einen Aufdruck, der eine teils unbekleidete Nonne mit gespreizten Beinen zeigt, die sich offenbar drei Geistlichen anbietet. „Blasphemie“ wittert man, und ein „Sakrileg“, das die „Fundamente unserer Zivilisation“ ins Wanken bringe. Weg mit dem Pariser, zumal von Paris aus – wie Civitias Christiana beklagt – nach der Französischen Revolution Katholiken unfein behandelt worden seien. In einem hat ein Vertreter der Organisation aber zweifelsohne recht: Eine Mohammed-Karikatur hängt das berühmte Museum lieber nicht auf.
Böse Marke
Gods Rage – mit fehlendem Apostroph – heißt ein Unternehmen, das Nahrungsergänzungsmittel für (Kraft-)Sportler anbietet. In ihren Produktpräsentationen und -benennungen lehnt sich die Firma an die Wikingerzeit und die germanische Mythologie an. Die Amadeo-Antonio-Stiftung (AAS) rückt sie deshalb in die Nähe des Rechtsextremismus. Zu Werbezwecken arbeitet Gods Rage dabei mit Athleten zusammen, nutzt aber auch andere Kanäle. Als der Hersteller diesbezüglich eine Zusammenarbeit mit dem rechten YouTuber Tim Kellner einging, sprangen zwei Partnersportler ab. Laut dem Unternehmenschef wurde auf einen der beiden Druck ausgeübt. Aktuell wirbt man beim YouTuber Clownswelt, der – wie berichtet – jüngst in den Fokus größerer Aufmerksamkeit geriet. Diese Kooperation führte ebenfalls dazu, dass sich ein Athlet von der Marke trennte, „weil da auch eine Karriere auf dem Spiel steht, Miete, die bezahlt werden muss“, so der Unternehmenschef. Dies führe vor Augen, „dass Leute nicht das tun können, was sie gerne wollen würden, weil sie Repression erleiden".
Skepsis im Wandel
Zuletzt noch ein doppelter Fall, der etwas zurückliegt, den der Betroffene aber jüngst in einem Interview mit Holger Kreymeier von Massengeschmack.TV geschildert hat. Als der Biologe Cornelius Courts 2021 seine Professur für Forensische Molekulargenetik an der Uni Köln antrat, luden ihn Bekannte aus der Skeptiker-Szene zu einem Vortrag im Rahmen der Reihe Skeptics in the pub ein, wie sie in verschiedenen Städten stattfindet. Bei den Skeptikern handelt es sich um Gegner von Esoterik & Co., die zum Missionarischen neigen, und sich in ihrem Follow-the-science-Ansatz zwar mit Anthroposophie und UFO-Sichtungen kritisch auseinandersetzen, bei den herrschenden Narrativen des Mainstreams (Klima, Corona, …) sieht das aber schon ganz anders aus. So lädt man zum Kölner Stammtisch jemanden vom Volksverpetzer ein – dem schlimmsten der selbsternannten „Faktenchecker“-Organe – und entblödet sich nicht, in einem Vortragstitel Achgut-Gastautor Prof. Stefan Homburg in einem Atemzug mit „Holocaustleugnung“ zu nennen.
Immerhin: Innerhalb der einschlägigen deutschen Skeptiker-Organisation GWUP scheint die erbitterte Schlacht gegen die Woken so ausgegangen zu sein, dass man nun auch Critical Studies auf ihren wissenschaftlichen Gehalt hin prüfen darf. So kann bei einem solchen Stammtisch inzwischen auch mal ein Achgut-Gastautor über postmoderne Wissenschaft referieren. Das war 2021 wohl noch anders. Da wurde der genannte Prof. Courts in Köln kurzfristig wieder ausgeladen. Grund: Der Wissenschaftler gehört dem Netzwerk Wissenschaftsfreiheit an, einer Vereinigung hunderter Hochschullehrer, die sich gegen Cancel Culture in ihrem Beritt wenden. Das galt den Verantwortlichen als zu rechts. In Gegenwart eines Netzwerk-Wissenschaftsfreiheit-Mitglieds würde man sich beim Vortrag „nicht sicher fühlen“. Der Safe Space wäre dahin – dann drohe aus woker Sicht „Gedankenverschmutzung“, ordnet das Interviewer Kreymeier ein.
Wie reagiert Courts, der sich als nicht rechts versteht, wenn man ihm gewisse Etiketten verpassen will? Er „trete den Leuten, die an mich herantreten, mit dem gleichen Ton entgegen – und allein das finden die schon blöd“. Damit rechnen diese Cancler nicht, „die sind Zusammenzucken, Zurückzugreflexe gewohnt […] und sofort irgendwelche Entschuldigungen. Und ich mach genau das Gegenteil. Und das hassen die". Daher wurde ein von ihm geplanter Vortrag für die bundesweite Veranstaltung SkepKon im vergangenen Jahr 2024 vereitelt. Dann aber kippte es bei den Skeptikern. „Gut, dass die Zeit der Cancel Culture in unserer Organisation vorbei ist“, kommentiert die GWUP jetzt dieses Interview. Und gleich wird auf der linken Wagenburg-Plattform Mastodon ein GWUP-Post gelöscht – wegen „Transphobie“ oder ähnlichem. Willkommen im Club!
Und so endet der allwöchentliche Überblick des Cancelns, Framens, Empörens, Strafens, Umerziehens, Ausstoßens, Zensierens, Denunzierens, Entlassens, Einschüchterns, Moralisierens, Politisierens, Umwälzens und Kulturkämpfens. Bis nächste Woche!
Ein Archiv der Cancel Culture in Deutschland mit Personenregister finden Sie unter www.cancelculture.de. Um auch weniger prominente Betroffene aufnehmen zu können, sind die Betreiber der Website auf Hinweise angewiesen. Schreiben Sie ihnen gerne unter cancelculture@freiblickinstitut.de.
Christoph Lövenich ist Novo-Redakteur und wohnt in Bonn. Er hat zum Sammelband „Sag, was Du denkst! Meinungsfreiheit in Zeiten der Cancel Culture“ beigetragen.
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