Christoph Lövenich, Gastautor / 16.08.2024 / 10:00 / Foto: Pixabay / 20 / Seite ausdrucken

Ausgestoßene der Woche: Problematische Chromosomen

Schon das Posten des weiblichen Chromosomensatzes alarmiert die Facebook-Zensur, Elon Musk erhält Drohungen von der EU wie von der britischen Polizei, und der israelische Botschafter wurde nicht zu einer Gedenkfeier in Nagasaki eingeladen.

„Post mit dem Hashtag ‚xx‘ werden hier vorübergehend verborgen, da manche der Inhalte gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstoßen.“ Über diese Maßnahme im Dienste „einer sicheren Community“ informierte Facebook dieser Tage User. Gemeint war der weibliche Chromosomensatz XX. Der tauchte verschiedentlich in Posts auf, um das olympische Frauenboxen zu kommentieren. Bei den Spielen in Paris hatten zwei Personen eine Goldmedaille in ihrer jeweiligen Gewichtsklasse gewonnen, die offenbar nicht über diesen Chromosomensatz verfügen. „Facebook ist ein semi-totalitäres, wokes Irrenhaus“, urteilt Achgut-Autor und Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel, der schon einige Prozesse gegen die Plattform gewonnen hat.

Atheist glaubt an Gene

Einer der weltberühmtesten Atheisten, der britische Biologe Prof. Richard Dawkins, hatte zuvor mutmaßlich ein ähnliches Problem mit Facebook gehabt. Seine Seite auf dem zu Zuckerbergs Meta-Konzern gehörenden Social Medium sei ohne Angabe von Gründen gesperrt worden. Er spekulierte, der Anlass könne seine Äußerung gewesen sein, dass „genetisch männliche Boxer wie Imane Khalif […] bei den Olympischen Spielen nicht gegen Frauen kämpfen sollten“. Diesen Tweet löschte Dawkins später allerdings wieder. „Facebook alias ‚Meta‘ kann man nie trauen“, meint dazu Twitter-Eigner Elon Musk. Anwalt Steinhöfel schaltete sich ein, Dawkins‘ Facebook-Seite ist inzwischen wieder nutzbar.

Bei den Gewinnern von Goldmedaillen im Frauenschlagen, Imane Khelif aus Algerien und Lin Yu-ting aus Taiwan, handelt es sich laut Laboruntersuchungen im Auftrag des Internationalen Boxverbands (IBA), darunter offenbar Gentests, nicht um Frauen. Tatsächlich waren Boxerinnen also gezwungen, mit Gegnern zu konkurrieren, bei denen es sich um Männer oder Hermaphroditen (also im heute gängigem Sprachgebrauch Intersexuelle) handelt, und ihnen zu unterliegen. Die IBA-Tests werden übrigens angezweifelt und sogar als „russische Desinformation“ gebrandmarkt. Denn der IBA verlor letztes Jahr seine Anerkennung durch das Internationale Olympische Komitee, was neben anderem vermutlich auch mit der Kreml-Nähe seines russischen Präsidenten zu tun hatte. Die betreffenden Boxer haben allerdings ihrerseits keine Beweise vorgelegt, die für ein anderes Geschlechtsresultat sprächen. Im Gegenteil, Khelifs Trainer räumte jüngst ein, dass es bei den Tests an seinem Schützling „ein Problem mit Hormonen [und] mit Chromosomen“ gegeben habe.

Breton gegen Musk

Der erwähnte Elon Musk sieht sich verschiedenen Drohungen ausgesetzt. Im Vorfeld seines Gesprächs mit US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump, das Anfang dieser Woche als Twitter-Livestream stattfand (Achgut berichtete), schrieb ihm mal wieder EU-Kommissar Thierry Breton. Auch bei „Interviews im Kontext von Wahlen“ dürfe nicht zu „Gewalt, Hass und Rassismus“ aufgerufen werden, und überhaupt schaue man bei Musks relativ meinungsfreiheits-freundlicher Plattform genau hin, ob sie die Brüsseler Zensur-Anforderungen erfüllt. Auch auf seinem eigenem Twitter-Profil müsse der afroamerikanische Multimilliardär gefälligst EU-rechtskonform (Stichwort: Digital Services Act) posten.

Schließlich will der Franzose Breton, ein „eitler Narr“ (Steinhöfel), der von seiner zusätzlichen senegalischen Staatsangehörigkeit steuerlich profitiert, „EU-Bürger vor ernsthaften Schäden schützen“. Und sei es durch Einmischung in den amerikanischen Wahlkampf. „Sie sind ein Tyrann“, wirft Achgut-Gastautor Michael Shellenberger dem Eurokraten vor. „Was machen Sie als nächstes?“, fragt Ayaan Hirsi Ali, gleichfalls Achgut-Gastautorin, „den Gulag wiedereinführen“? Die Global Alliance for Responsible Media (GARM) hat sich, kurz nachdem Musk Klage gegen sie einreichte – wie letzte Woche behandelt –, nun gleich ganz aufgelöst. Daran könnte man sich in Brüssel durchaus ein Vorbild nehmen.

Briten gegen Musk

Breton sprach auch die Unruhen in Großbritannien an, wo Musks Plattform möglichst nicht Ungehöriges verbreiten soll. Auch dort will man jetzt „legale, aber schädliche“ Inhalte in den Social Media entfernen. Die britische Regierung warnt: „Nachdenken vor dem Posten!“ Der Große Bruder scheut auch nicht vor Festnahmen zurück, wenn missliebige Inhalte geteilt oder auch nur weitergeleitet werden. Bei Bedarf will man Verdächtige aus dem Ausland auf die Insel ausliefern lassen. Der Londoner Polizeichef Mark Rowley betont auf Nachfrage, ob das auch für Musk gelte, dass alle „Tastaturkrieger“ sich nach britischem Recht strafbar machen könnten. Der Twitter-Eigner hatte sich verschiedentlich zu Missständen im Vereinigten Königreich geäußert.

Der Nicht-Eingeladene unter den Staaten

Vor einer Woche gedachte die japanische Stadt Nagasaki des Atombombenabwurfs vor 79 Jahren. Nicht eingeladen hatte Bürgermeister Shiro Suzuki allerdings den israelischen Botschafter. Diese Entscheidung sei „nicht politisch motiviert“ gewesen. Offenbar fürchtete man Gegenproteste bei der Veranstaltung. Ein Abgesandter aus der Tokioter Vertretung der palästinensischen Autonomiebehörde war allerdings willkommen… Als Reaktion auf die Abweisung ihres israelischen Kollegen blieben auch die Botschafter der G7-Staaten der Zeremonie fern. Im Gegensatz zu den Partnerländern vermied die deutsche Botschaft in Japan jedoch auffällig, den Anlass zu benennen. Man schicke nur einen Referatsleiter, weil ranghöhere Diplomaten verhindert seien, hieß es stattdessen. Bei der Gedenkveranstaltung in Hiroshima wiederum war der israelische Botschafter eingeladen; in deren Umfeld kam es deshalb zu antiisraelischen Protesten.

Politik am Piano

Umgekehrt traf es den klassischen Musiker Jayson Gillham. Ein für gestern geplantes Konzert des australisch-britischen Pianisten beim und mit dem Melbourne Symphony Orchestra (MSO) fiel aus, weil Gillham sich bei einem Auftritt wenige Tage zuvor zum Gaza-Krieg geäußert hatte. Er spielte dort ein kurzfristig ergänztes Musikstück, das er mit der Bemerkung einleitete, Israel habe seit Beginn des Krieges „mehr als 100 palästinensische Journalisten getötet“, angeblich teils gezielt und unter Verletzung des Völkerrechts. Am 7. Oktober in Israel umgebrachte Journalisten, in Hamas-Terroranschläge verstrickte Medienvertreter oder z.B. Abdallah Aljamal erwähnte der Klavierspieler dabei wohl nicht. Gillham agiert länger schon antiisraelisch und stellte bereits einen Beethoven mit Pali-Schal auf einem T-Shirt zur Schau. Das MSO begründete die Absage damit, dass es keine Verbreitung persönlicher Meinungen auf seiner Bühne wünsche. Nach Protesten, u.a. von einer Musikervereinigung, ruderte die Kultureinrichtung zurück und will das Konzert nachholen.

Entwaffnend

Am Mittwoch setzte das Bundesverwaltungsgericht das Compact-Verbot erst einmal außer Kraft (Achgut berichtete). Mit einem Eilantrag gescheitert war vorher allerdings ein früherer stiller Gesellschafter der COMPACT-Magazin GmbH. Dem Mann, der – wie die Junge Freiheit berichtet – bis Ende 2023 nach eigener Aussage mit 0,74 Prozent an dem Unternehmen beteiligt gewesen sein soll, war die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen worden. Dies bestätigte das Verwaltungsgericht Köln, indem es dem Betreffenden eine „passive Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung“, nämlich Compact, attestierte. Diese Entscheidung dürfte seit Mittwoch auf tönernen Füßen stehen. Generell verlieren zunehmend Menschen mit der ‚falschen‘ Haltung die Waffenerlaubnis. So z.B. AfD-Mitglieder wegen ihres Parteibuchs, darunter ein früherer GSG-9-Beamter. „Ein solcher Generalverdacht ist eines Rechtsstaates unwürdig“, kommentiert die NZZ. Seit Jahrzehnten wird das Waffenrecht immer weiter verschärft, immer mehr Bürger werden entwaffnet.

Keine Freudenfeuer

Nicht nur der Staat geht gegen die AfD vor. Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) dankte im Januar Demonstranten „gegen rechts“, die seine Verfassungs- und Staatsschützer unterstützen – auf einer Demo in Bautzen, an der auch die Antifa teilnahm. Mutmaßlich aus deren Spektrum sind letzte Woche zwei Autos des sächsischen Landtagsabgeordneten Holger Hentschel in Leipzig angezündet worden. „Ein Peugeot der Familie wurde komplett zerstört. Ein Seat beschädigt“, so die Fraktion. Gerade in der Antifa-Hochburg Leipzig kein Einzelfall. Auch in Bremen brannte ein Auto, nämlich der VW-Transporter eines früheren AfD-Bundestags- und Bürgerschaftsabgeordneten; bei diesem handelt es sich um offenbar um Frank Magnitz. Wie praktisch, dass man für solche Brandanschläge keinen Waffenschein braucht.

Und so endet der allwöchentliche Überblick des Cancelns, Framens, Empörens, Strafens, Umerziehens, Ausstoßens, Zensierens, Denunzierens, Entlassens, Einschüchterns, Moralisierens, Politisierens, Umwälzens und Kulturkämpfens. Bis nächste Woche!

Ein Archiv der Cancel Culture in Deutschland mit Personenregister finden Sie unter www.cancelculture.de. Um auch weniger prominente Betroffene aufnehmen zu können, sind die Betreiber der Website auf Hinweise angewiesen. Schreiben Sie ihnen gerne unter cancelculture@freiblickinstitut.de.

 

Christoph Lövenich ist Novo-Redakteur und wohnt in Bonn. Er hat zum Sammelband „Sag, was Du denkst! Meinungsfreiheit in Zeiten der Cancel Culture“ beigetragen.

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Leserpost

netiquette:

Dr. Albert Müller / 17.08.2024

Ach Frau Grimm. Vielleicht hat sich dieser ungläubige Herr Dawkins einfach mal gefragt, ob der Gott aus der Bibel nicht auch aus irgendetwas aufgebaut sein müsste. Und natürlich kann er die Frage nicht beantworten, woher die “Information” im Genom kommt, aber er ist sicherlich aufgeklärt genug um zu fragen, was Information überhaupt bedeuten könnte. Herr Stein konnte allerdings weder die Ironie der Dawkinschen Panspermie erkennen noch verstehen, warum das Gestalten selbst keine Erklärung für den Ursprung sein kann. Vielleicht ist er auch einfach nur ein gottesfürchtiger Atheist.

Wolfgang Richter / 16.08.2024

“Generell verlieren zunehmend Menschen mit der ‚falschen‘ Haltung die Waffenerlaubnis. ....... Seit Jahrzehnten wird das Waffenrecht immer weiter verschärft, immer mehr Bürger werden entwaffnet.”—Blöd nur, daß die Berufsnaivis, die derartiges in Rechtsnormen gießen, nicht verstehen können, daß die Klientel, die sich nicht rechtskonform verhält, derartige Normen so was von ignoriert. Das kommt davon, wenn man man außer seiner Blase keine Bezugspunkte hat, dazu auch noch zu logischem Denken eher unfähig. Das gilt aktuell vor allem für die diversen Politmodelle zum “Messerverbot”, egal ob “Faehservorschlag” oder die grandiose Tauschidee der uniformierten Sozen aus der sog. “Polizeigewerkschaft” (“Butterfly” -4,50 Euronen Internet- Küchenmesser gibts auf dem “Grabbeltisch” auch schon für 70 Cent- gegen Netflix-JahresAbo). Alles nur noch Comedy.

Sam Lowry / 16.08.2024

@Thomin Weller: Ihre Zahlen sind bereits binnen Minuten veraltet…

Klara Altmann / 16.08.2024

Für XX im Frauensport und niemals XY! Keine faulen und armseligen “Siege” von biologischen respektive genetischen Männern über Frauen, die sie aufgrund ihrer natürlich überlegenen körperlichen Konstitution errungen haben. Für Frauen, für Männer und gegen alle, die die Menschen mit ihrer Ideologie nur zerstören oder beherrschen wollen. Wie will man jemals als Minderheit Respekt erwerben, wenn selbst man die Hälfte (!) der Menschheit in solcher Weise nicht respektiert? Ihr könnt euch Frauenkleider anziehen und euch schminken wie ihr wollt, ihr seid nicht wie wir. Ihr werdet niemals sein wie wir und ihr werdet das auch nicht erzwingen können. Wieso übt ihr aufgrund eurer ganz persönlichen Wünsche Gewalt aus gegen Frauen? Seid ihr wichtiger als wir? Seid ihr etwas Besseres? Könnt ihr nicht sehen, dass dieser Narzissmus nichts Großes ist, sondern allen deutlich zeigt, dass ihr eben nicht die Größe habt, selbständig mit eurer Besonderheit zurechtzukommen? Eure Siege sind deshalb nur erbärmliche Niederlagen und ihr versteht es einfach nicht. Ihr versteht nicht, dass wir euch so niemals achten werden oder gar mögen oder in unsere Mitte aufnehmen, dafür seid ihr uns zu klein. Ihr seid nicht wie wir. Ihr seid anders. Lebt damit. Lernt einfach, damit zu leben wie andere mit ihrer Besonderheit auch.

Ludwig Flocken / 16.08.2024

Der Artikel bestaetigt meinen Eindruck, dass sich Genderisten und deren Gegner sich in einem Punkte einig sind: der Ablehnung, zumindest Unkenntnis der Biologie: Hermaphroditen oder Zwitter sind Lebewesen, die maennliche u weibliche Keimzellen produzieren. Hermaphroditen sind bei Wirbeltieren sehr selten, bei den hoeheren Wirbeltieren, dh Voegeln u Saeugern kommen sie nicht vor. Der umstrittene Boxer kann drum kein Hermaphrodit sein.

Sam Lowry / 16.08.2024

„Facebook ist ein semi-totalitäres, wokes Irrenhaus“... und deswegen sollte jeder seinen Account dort löschen… oder wie ich: nur “F@ck Suckerborg” posten…

Peter Robinson / 16.08.2024

In einem Interview hatte Elon Musks Vater davor gewarnt sich in die Politk einzumischen. Die bringen dich doch um! (Quelle: “I Said To Elon Musk: ‘These People Will KILL You!’”, TVTalk, GB, YouTube) . Ich sage nur Jeffrey Epstein, Donald Trump (Versuch).

Ralf Pöhling / 16.08.2024

Zur Rubrik “Entwaffnend”: Der Fokus sitzt in den oberen Sicherheitsbehörden nebst Ministerien und Gerichten immer noch nicht. Niemand käme in Israel auf die blöde Idee, jemandem seine Waffen wegzunehmen, nur weil er rechtsnational tickt. Im Gegenteil: Da nimmt man nur denen die Waffen weg, die den Staat stürzen wollen, nicht denen, die ihn erhalten wollen. Es hat einen guten Grund, warum im Sicherheitsapparat viele Rechtsnationale arbeiten: Die schützen nämlich ihr Land aus Überzeugung anstatt es zu zerschlagen. In Israel weiß man das. In Deutschland versteht man das falsch. Weil man immer noch meint, der Nationalsozialismus wäre eine politische Veranstaltung gewesen. Das war er nicht. Das war ein Propagandanebel. Ein Nebel, der leider heute noch wirkt und das eigentliche Problem verschleiert: Korruption, verursacht durch den von außen eindringenden Feind. Der Feind kommt nicht von rechts. Er wandert zu und besticht/erpresst die Entscheider in den eigenen Reihen, welche dann in geistiger Umnachtung die eigenen Leute entwaffnen. Der eindringende Feind hat dann noch leichteres Spiel. Das grenzt an Hochverrat. Geistige Umnachtung ist keine Entschuldigung dafür. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Etwas trotz immer wieder erfolgender Aufklärung nicht wissen zu wollen erst recht nicht.

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