Die erste Ausgestoßene der Woche ist Fatina Keilani. Am 15. Januar veröffentlichte die Juristin und Tagesspiegel-Redakteurin den Beitrag „Wenn Weiß-Sein zum Makel gemacht wird“. Darin setzte sie sich kritisch mit der Art „wie antirassistisches Engagement derzeit läuft“ auseinander. Der aktuelle „Kampf gegen Rassismus“ nütze vor allem denen, die damit ihr Auskommen sichern, so die These der Autorin, während er „die vielen anderen, die von Rassismus betroffen sind, nicht weiterbringt, sondern im Gegenteil verhindert, dass Menschen unbefangen mit ihnen umgehen können, weil sie immer befürchten müssen, gleich wieder in eine Falle zu laufen.“
Die Reaktionen auf diese Kolumne schildert Keilani in einem weiteren Tagesspiegel-Beitrag. Sie habe „persönliche Angriffe aller Art“ erfahren, „Beschimpfungen, die Unterstellung, dass ich ein Rassist wäre, außerdem ein Antisemit, was man aus meinem arabisch klingenden Namen ableiten wollte.“ Weiter schreibt sie: „Ich wurde in den Twittersturm, der über mich hereinbrach, wie in eine Parallelwelt katapultiert. Sie besteht aus Freund oder Feind, Zwischentöne wie in der Wirklichkeit gibt es nicht.“
Auch Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Sender hätten bei dem Shitstorm mitgemacht. Laut dem Welt-Kolumnisten Rainer Meyer (Don Alphonso) arbeiteten sich außerdem Presse-Mitarbeiter eines Grünen Europaabgeordneten und eines Bundestagsabgeordneten der Linkspartei an der Tagesspiegel-Redakteurin ab, die nach eigenen Angaben einen jordanischen Vater hat und in Westfalen aufwuchs.
Die „meinungsstarke Gruppe“, die im Netz über sie hergefallen sei, „ist eine Gefahr für die Pressefreiheit“, resümiert Keilani. „Sie ist bestens in den Redaktionen vernetzt und entwickelt ungeheure Diskursmacht, mit der sie tief in die öffentliche Meinungsbildung eingreift. (…) Die Eiferer auf Twitter halten sich für die besseren Menschen, sind dabei aber gnadenlos intolerant. Ich kann mir jetzt vorstellen, dass Autoren sich einen Text wie meinen eher verkneifen, um sich Ärger zu ersparen.“
Talk auf „Clubhouse“ vorsorglich untersagt
Im Zentrum eines Twitter-Shitstorms stand kürzlich auch Anabel Schunke. Als freie Journalistin und Autorin schreibt Schunke „vor allem über die positiven und negativen Auswirkungen von Multikulti und Einwanderung aus Sicht einer Generation zwischen Shishabar und eigenem Werte-Nihilismus. Liebt Hayek und den freien Markt und leidet deshalb umso mehr unter Deutschland. Das Festhalten an der weiblichen Opferrolle im Feminismus lehnt sie genauso ab wie jeden anderen Dogmatismus. Political Correctness ist das Ende von Kunst und Wissenschaft und am Ende auch der Freiheit an sich.“ (Autorenbeschreibung auf Achgut.com)
Solche Positionen gefallen nicht jedem, und so war das Geschrei groß, als Schunke an einer Online-Diskussion mittels der neuen „Clubhouse“-App teilnehmen sollte. „Entschuldigung, aber habe ich es richtig verstanden und man ist bereit mit Nazis im Clubhouse zu reden? Als hätten die etwas beizusteuern, was man nicht seit 1933 schon hört? Was genau habt ihr an ‚MIT NAZIS REDET MAN NICHT‘ nicht verstanden? OB IHR DUMME ARSCHLÖCHER SEID?!“, twitterte etwa die linke Aktivistin „Quattromilf“ (bürgerlich: Jasmina Kuhnke), die auch maßgeblich an der Hetze gegen Fatina Keilani beteiligt war.
Die Debatte war so aufgeladen und bezog so viele (Twitter-)Prominente mit ein, dass sogar das Portal n-tv.com darüber berichtete (allerdings ohne Anabel Schunke namentlich zu nennen). Am 26. Januar schrieb die Autorin dann auf Facebook, dass ihr das Eröffnen eines sogenannten „Raums“ in Clubhouse vorsorglich untersagt worden sei, und belegte das mit einem Screenshot. „Ihre letzten Räume wurden aufgrund von potenziellen Verletzungen der Vertrauens- und Sicherheitsrichtlinien markiert und werden überprüft“, so die Mitteilung des sozialen Netzwerks.
Vorwürfe konstruiert und Aussagen verzerrt
Probleme mit dem linken Twitter-Mob bekommen hat auch Anna Dobler. In einer Serie von Posts auf ihrem eigenen Twitter-Profil schildert die Österreicherin, die in München lebt, ihre Erfahrungen: „Ich bin eine Journalistin mit liberal-bürgerlichem Background, von denen es auf Twitter leider weniger gibt als in der Realität. Vergangenes Jahr habe ich Artikel und Recherchen zum Thema Antifa und Linksextremismus veröffentlicht. Seither werde ich auf Twitter in regelmäßigen Abständen von Accounts angegangen, die sich an meiner Haltung und an meinen Artikeln stören.“
Es würden Vorwürfe konstruiert und Aussagen verzerrt. Mitunter würden absurde NS-Vergleiche angestellt. Das münde auch in Drohungen, weshalb die Journalistin nach eigenen Angaben seit dem Frühjahr 2020 immer wieder Kontakt mit der Polizei hatte. „Für mich war das aber auch beruflich brenzlich, weil ich während des Lockdowns zeitweise nur freiberuflich tätig war und die gezielten Angriffe gegen meine Reputation natürlich bewirken sollten, dass ich keine Aufträge mehr bekomme“, schreibt Dobler weiter. Sie finde es „unter dem Aspekt der Pressefreiheit sehr alarmierend, was hier teilweise passiert.“ Und leider sei sie nicht der einzige Journalist, „der derzeit von sowas betroffen ist“.
Pachtvertrag gekündigt wegen AfD-Posts
Eine weitere Ausgestoßene ist die Gastronomin Katinka Kellermann. Das Kulturzentrum Bahnhof-Langendreer in Bochum hat sich endgültig von der Pächterin der Kneipe „K-Mann“ getrennt, berichtet der „Soester Anzeiger“. Vorangegangen war ein Streit um Facebook-Posts Kellermanns, der laut Anzeiger seit September letzten Jahres tobt. Die Gastwirtin soll mehrfach Videos der AfD in ihrem privaten Profil geteilt haben. Bei den Beiträgen soll es sich um Vorträge von AfD-Politikern zur Maskenpflicht und zur „psychologischen Manipulation des Volkes“, sowie um ein Video über Kinderarbeit in Afrika für Batterien in Elektro-Autos gehandelt haben.
Kellermann gibt an, sie sei im Zuge einer Krankheit erblindet und habe nicht gewusst, wer die Urheber der Videos sind. Die Beiträge, die sie geteilt habe, entsprächen zwar ihrer Meinung, hätten aber „kein rechtes Gedankengut zu erkennen gegeben“. Von solchem Gedankengut distanziere sie sich als Person, die in einer lesbischen Beziehung lebe, und zudem Mutter eines Sohnes mit marokkanischem Vater sei, ausdrücklich.
Die betreffenden Reposts wurden von Kellermann offenbar gelöscht. Laut Soester Anzeiger kam das Kulturzentrum nach einem „klärenden Gespräch“ mit der Pächterin gleichwohl zu dem Schluss, dass diese „kaum Problembewusstsein“ zeige. Im Oktober 2020 sei dann die fristlose Kündigung erfolgt. Auf zunächst angekündigte juristische Schritte wollten Kellermann und ihre Mitbetreiberin Jule Koopmann mit Blick auf Corona und den Bestell-Rückgang nach dem Streit verzichten. Die beiden Frauen übernahmen die Kneipe „K-Mann“ im Februar 2020.
Keine YouTube-Videos gegen WHO-Informationen
YouTube zensiert indessen en masse Beiträge, in denen die Corona-Politik der Regierung kritisiert wird. Wie der Journalist Boris Reitschuster auf seiner Webseite mitteilt, hat die Plattform kürzlich zwei seiner Interviews mit dem Unternehmer und ehemaligen Professor für Molekulare Immuntoxikologie Stefan Hockertz gelöscht, in denen dieser medizinische Bedenken gegen die zu schnelle Zulassung der Covid-Impfstoffe äußert.
Als Begründung habe YouTube „medizinische Fehlinformationen“ genannt. „Auf YouTube sind keine Inhalte erlaubt, die medizinische Fehlinformationen zu COVID-19 verbreiten, die im Widerspruch zu medizinischen Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder lokaler Gesundheitsbehörden stehen“, so die verlinkten Informationen. Reitschuster kommentiert: „Das ist ein Rückfall in die Zeit vor der Aufklärung. Sinn von Journalismus ist es, den Informationen von Behörden zu widersprechen und diese zu hinterfragen. YouTube verbietet damit Journalismus auf seiner Plattform.“ Bereits im Sommer hatte YouTube ein Interview von Reitschuster mit dem Mediziner und Kritiker der Corona-Maßnahmen Sucharit Bhakdi entfernt. Der Journalist ging juristisch gegen diese Löschung vor – mit Erfolg: Das Video wurde im Oktober 2020 wieder online gestellt.
YouTube sperrt weiter
Mit der Begründung „medizinische Fehlinformationen“ wurde auch die auf YouTube gehostete Folge „Das nächste Virus bitte“ des Achgut.com-Podcasts „Indubio“ gelöscht. In der Sendung unterhalten sich der Allgemeinarzt Dr. med. Gunter Frank, der Hausarzt Dr. med. Jesko Matthes und Prof. Dr. med. Henrik Ullrich, Chefarzt am Zentrum für Radiologie der Collm Klinik Oschatz in Sachsen, mit Burkhard Müller-Ullrich über die Coronakrise. Sie sprechen unter anderem über Intensivbetten und Pflegenotstand, über administratives Chaos sowie über die Verwechslung von Leben und Infektionsverhinderung. Inzwischen hat Youtube das Video nach energischem Protest wieder online gestellt. Auf der Webseite der Achse des Guten können – für eventuelle künftiger Fälle dieser Art wichtig – die Folge und alle weiteren Folgen der Podcast-Reihe weiterhin abgerufen werden (siehe Links oben).
Von YouTube entfernt wurde außerdem ein Interview von Milena Preradovic mit dem Rechtsanwalt Dr. Reiner Fuellmich. Die Journalistin spricht mit dem Juristen unter anderem über in Kanada und den USA eingereichte Klagen gegen die Corona-Maßnahmen auf Basis der PCR-Testungen, eine wegen Verstößen gegen die Corona-Verordnung von der Polizei aufgelöste Versammlung in Berlin (siehe Achgut.com-Kolumne von letzter Woche) und das Urteil des Weimarer Richters Matthias Guericke, wonach das Kontaktverbot aus dem Frühjahr in Thüringen nicht rechtmäßig gewesen ist. Hier kann das Video weiterhin abgerufen werden.
Wie die „Berliner Zeitung“ berichtet, ist letzte Woche auch der YouTube-Kanal des Journalisten und politischen Aktivisten Ken Jebsen wegen dessen Inhalten zu Covid-19 endgültig gesperrt worden. Nach den Regeln von YouTube wird ein Kanal dauerhaft gelöscht, wenn innerhalb von 90 Tagen dreimal gegen die sogenannten Community-Richtlinien verstoßen wird. Bereits im November 2020 war der Zugang zu Jebsens Kanal „KenFM“ zeitweise gesperrt. Seit Mai letzten Jahres kann Jebsen kein Geld mehr durch YouTube-Werbeeinblendungen verdienen.
Jebsen gehört mit seinen abstrusen Theorien, etwa zu den Terroranschlägen zum 11. September 2001 und seinen antisemitischen Äußerungen, aufgrund derer er 2011 beim RBB rausgeworfen wurde, zu den von mir am wenigsten geschätzten „alternativen“ Journalisten. Ich nehme ihn hier trotzdem auf, denn, wie bereits der liberale Aufklärungsdenker Thomas Paine (1736-1809) wusste: „Wer seine eigene Freiheit sichern will, muss selbst seinen Feind vor Unterdrückung schützen.“
Gegen Bücher von Trump-Anhängern
In den USA nimmt indessen eine Kampagne gegen „Buchdeals“ für Donald Trump und dessen Anhänger Schwung auf. Laut „Börsenblatt“ unterzeichneten mehr als 500 teils prominente Figuren aus der Literatur- und Verlagsbranche einen offenen Brief, der Verlage aufruft, keine Bücher von Personen zu veröffentlichen, die an der Administration von Donald Trump beteiligt waren. Initiiert wurde die Aktion von dem Schriftsteller Barry Lyga. In den Vereinigten Staaten veröffentlichen scheidende Präsidenten traditionellerweise ihre Memoiren und bekommen dafür Verlagsvorschüsse in Millionenhöhe.
Ein prominenter Trump-Anhänger ist nach Angaben des Börsenblatts bereits gecancelt worden. Der Verlag Simon & Schuster sei kürzlich von einem bereits ausgehandelten Buchvertrag mit dem republikanischen Senator Josh Hawley zurückgetreten, der als enger Vertrauter Donald Trumps gilt.
Bitte ohne „Migrationshintergrund“
Und auch ein Begriff ist nicht mehr erwünscht, und soll demnächst aussortiert werden: „Migrationshintergrund“. Der Begriff sei „nicht mehr zeitgemäß“ und bilde „die Vielfalt der Gesellschaft nicht mehr ab“, schreibt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, auf Twitter. „Wir brauchen eine Diskussion, wie wir ihn ablösen, aber auch künftig Entwicklungen & Herausforderungen bei der #Integration messbar machen können.“
Welches Denken steckt hinter der angekündigten Nomenklaturanpassung? „Der Begriff ‚Migrationshintergrund‘ wird auch deshalb von Migranten-NGOs bekämpft, weil er nicht zwischen weißen und nichtweißen Migranten unterscheidet und daher für ihre Ziele (z.B. ‚Migrantenquoten‘) ungeeignet ist. Ersatzbegriffe werden wohl nach Ethnie unterscheiden“, mutmaßt der Twitter-Nutzer @JoshBosz.
Im Zusammenhang mit ihrer geplanten „Migrantenquote“ für den öffentlichen Dienst spricht die Berliner Landesregierung offiziell von „Menschen mit Einwanderungsgeschichte“. Vielleicht wird das der bundesweit vorgeschriebene Ersatzbegriff? Die Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Elke Breitenbach (Linke), würde übrigens gerne noch einen weiteren Begriff verbannen: „Integration“. „Der Begriff geht davon aus, dass es eine Mehrheitsgesellschaft gibt und dass Menschen, die hierherkommen, sich anpassen müssen. Das hat auch etwas Ausgrenzendes (…) Wir wollten diesen Begriff schon vor zehn Jahren abschaffen – die SPD hat sich geweigert“, erfahren wir im Tagesspiegel.