Dirk Maxeiner / 29.03.2017 / 06:25 / 10 / Seite ausdrucken

Klima und Energie II: Wissenschaft und Wahnsinn

Für Millionen Privathaushalte in Deutschland steigen erneut die Strompreise, 70 regionale Versorger verlangen ab März, April oder Mai 2017 schon wieder höhere Preise. Und das sind nur die direkten Kosten der deutschen Weltrettungs-Aktion, die sich Energiewende nennt. Ein sehr schönes Beispiel für die versteckten Milliardenverluste in diesem „Geschäft“ liefert gerade die Stadt München: Satte 72 Millionen Eigenkapital dürfen die Stadtwerke zur Rettung eines Windparks in Schweden ausgeben. Das hat der Stadtrat in einer nicht-öffentlichen Sitzung entschieden, wie die "Abendzeitung" in ihrer Freitags-Ausgabe berichtete.  Ohne die Rettungsspritze wäre das in Skandinavien investiertende Tochterunternehmen der Stadtwerke nicht mehr zahlungsfähig gewesen. Wie sagte mein alter Physiklehrer so schön: Forschung kostet Opfer.

Die Münchner haben das Experiment hinter sich, andere Investoren haben es noch vor sich. Beispielsweise jene, die in Offshore-Windanlagen investieren. Oder besser: Der deutsche Steuerzahler, der dafür gerade stehen muss, wenn es sich nicht rechnet. Und das wird teuer. Darauf deuten Erkenntnisse aus Dänemark hin. Dort wurde soeben der erste Offshore-Windpark des Landes, der 1991 errichtet wurde, außer Betrieb genommen. Ein guter Anlaß um Kosten und Nutzen über die gesamte Lebensdauer zu ermitteln. Diese Zahlen hat man dann mit den Werten moderner Anlagen von heute verglichen.

Das Ergebnis in Kürze: Heutige Großwindanlagen arbeiten immer noch genauso kostenintensiv wie ihre betagten Vorgänger. Mehr Leistung der heutigen Windriesen wird von entsprechend explodierenden Unterhaltkosten aufgefressen. Moderne Gas- und Kohlekraftwerke erzeugen den Strom für etwa die Hälfte - und dies obendrein noch zuverlässig zu jeder Zeit und dort wo er gebraucht wird. Vorzeitiger Atomausstieg und Umstellung auf unausgereifte neue Techniken werden für Deutschland so zu einem massiven Standort-Nachteil.

Prognosen von 2011 klingen wie Hohn

Wie Hohn klingen die Prognosen von 2011, als die Verantwortlichen die volkswirtschaftlichen Risiken der Energiewende kleinrechneten ("1,50 Euro pro Monat" / "gut angelegtes Geld"). Selbstverständlich gibt es auch Profiteure von diesem ganzen Zappelstromunsinn - so etwa Frank Asbeck, der sich mit seiner Solarkohle mal eben das "Gottschalk Schloss" kauft, um sein Jagdrevier auszuweiten.

Angesichts dieser allmählich klar zu Tage tretenden energiepolitischen Selbstmord-Strategie muss ich mitunter an Fernseh-Talkshows denken, in denen ich mich seinerzeit mit den Verantwortlichen gestritten habe. Also Leuten wie Peter Altmaier und Jürgen Trittin, oder der Klima-Highness Claudia Kemfert und dem wetterwendigen Sven Plöger. Alles, was ich vor fünf oder zehn Jahren unter dem mitleidigen Lächeln der übrigen Kombattanten vorhergesagt habe, ist bedauerlicherweise eingetreten. Interessant ist das vor allem deshalb, weil das Thema "Gerechtigkeit" im aktuellen Wahlkampf eine große Rolle spielen soll. Voila: Hier sind die Herrschaften, die die größte Umverteilung von unten nach oben in der Geschichte der Bundesrepublik mit ins Werk gesetzt haben. Aber sehen sie es sich selbst an etwa hier (aus Jahr 2007) und hier (aus dem Jahr 2012).

Einer, der von seinen Irrtümern gänzlich unbeeindruckt weiter macht wie bisher, ist auch Hans Joachim Schellnhuber, Chef des Potsdam Instituts für Klima-Folgenforschung. In einem Interview mit der Deutschen Welle, dem staatlichen deutschen Auslandsrundfunk, sagt  Schellnhuber, Ex-Kanzlerin- und Papstberater, das Ende der Welt voraus, wenn wir nicht der Kohlendioxid-Emission Einhalt gebieten: "Wir werden bei einem Planeten enden, der sich um 4, 5, 6 oder gar 12 Grad erwärmt. Das wäre das Ende der Welt, wie wir sie kennen und ich habe alle Beweise.“ ("We will end up with a planet warming by 4, 5, 6 or even 12 degrees. It would be the end of the world as we know it, and I have all the evidence.").

Um eine Erd-Erwärmung von 12 Grad vorherzusagen, muss man deutlich zu warm gebadet haben, selbst die pessimistischsten einschlägigen Szenarien des IPCC geben das nicht her. Aber Hans Joachim Schellnhuber denkt schon weiter: „2030 müssen wir den Verbrennungsmotor ausrangieren.“ Und auch das ist erst der Anfang: „Wir müssen wahrscheinlich Beton und Stahl für Bauvorhaben durch Holz, Lehm und Stein ersetzen.“ ("by 2030, we have to phase out the combustion engine. And we have to completely phase out the use of coal for producing power. By 2040 we will probably have to replace concrete and steel for construction by wood, clay and stone.").

Hans Joachim Schellnhuber bringt die Klima-Sirene auf Drehzahl

Das führt dann zum Ende des Autos als solches, da mit diesen Materialien ohnehin keine Autobahnbrücke mehr gebaut werden kann. Was aber nix macht, weil der Wohlfahrtstaat und die Zivilisation unter diesen Umständen ohnehin der Vergangenheit angehören. So ein bisschen Steinzeit wird uns allen gut tun. Schon vor acht Jahren forderte Schellnhuber im "Spiegel" (16.8.2010): "Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass wir langfristig die Atmosphäre sogar wieder in jenen kühleren Zustand zurückführen sollten, der in der Jungsteinzeit herrschte, als der Mensch sesshaft wurde."  Buchautor Fritz Vahrenholt („Die kalte Sonne“), der diese bemerkenswerten Schellnhuber-Zitate zusammen getragen hat, bemerkt dazu: „In der Jungsteinzeit war es allerdings wärmer als heute.“ Aber das hat sich offenbar noch nicht bis auf den Potsdamer Telegrafenberg herumgesprochen, von dem Schellnhuber und sein Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung auf die Welt herabblicken.

Wer übrigens einmal wissen möchte, wie es aktuell um das Klima steht – und zwar nicht anhand von Computer-Hochrechnungen – sondern anhand von tatsächlichen Beobachtungen und Messungen, der ist mit diesem englischsprachigen Kompedium gut bedient: „The State of Climate 2016“. Ein kurzes Video dazu findet sich hier.

Der ökologisch-industrielle Komplex und seine Klima-Schranzen sehen derzeit schwierigen Zeiten entgegen (deshalb erhöht Schellnhuber wohl auch die Sirenen-Drehzahl). Die schlechteste beziehungsweise beste Nachricht (je nachdem, ob man eine hypothetische Klimaerwärmung oder eine Wirtschaftskrise mehr fürchtet) ist ja derzeit der Ölpreis. Sobald die OPEC die Förderung drosseln will und der Preis ansteigt, wird die Gasförderung für die amerikanische Fracking-Industrie interessant und sie wirft die Bohrer an. Das kann sie inzwischen innerhalb kürzester Zeit. Und dann sinkt der Preis wieder. In Deutschland wurde Fracking zwar schon seit Jahrzehnten praktiziert, inzwischen ist es praktisch verboten. Es macht einfach viel mehr Spaß von Putins Gas abhängig zu sein.

Zu allem Überfluss haben die Briten jetzt auch noch vor der schottischen Küste ihr bislang größtes nicht genutztes Ölfeld gefunden. Auf der anderen Seite des Atlantiks machte sich gestern Donald Trump daran, Obamas Klimapolitik zurückzudrehen. Egal, was man davon hält, fest steht:  Die deutsche Energiewende wird in diesem internationalen Umfeld immer teurer. Das ist eindeutig kein Wahlgeschenk für die im Bundestag vertretenen Parteien, die diese Politik mehr oder weniger alle mitgetragen haben.

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Rudi Knoth / 29.03.2017

Etwas Lästern am Morgen muss sein:Zitat von Schellnhuber:„Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass wir langfristig die Atmosphäre sogar wieder in jenen kühleren Zustand zurückführen sollten, der in der Jungsteinzeit herrschte, als der Mensch sesshaft wurde.“ Damit fing doch das Klimaproblem an. Denn nach einer Theorie, die Harald Lesch erwähnte, hat gerade die Landwirtschaft dieser Zeit die "fällige" Eiszeit verhindert. Also liebe Leute werdet wieder Jäger und Sammler wie in der Altsteinzeit.

Hans Meier / 29.03.2017

Es gab mal „Experten im wissenschaftlichen Leninismus und Marxismus“ und die haben einfach ihre Adresse ausgetauscht. Sie passten sich an, als der Zeitgeist neue Chancen bot.

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