Gunter Weißgerber / 20.05.2017 / 17:00 / 9 / Seite ausdrucken

Aus Maas wird nie ein Mielke

Heiko Maas ist ein anständiger Mann, der weder andere beleidigt, noch sich selbst beleidigen lassen will. Das ist okay. Wir alle sollten unseren Knigge stärker achten.

Wer dies in der Öffentlichkeit, in der Familie, unter Freuden oder in den Netzwerken nicht tut und dabei noch maßlos überzieht, Verbrechen verharmlost, Verbrechen das Wort redet, andere Menschen schwer beleidigt usw. usf., dem kann seit jeher ohne das Maas'sche Weltanschauungserziehungsgesetz per Strafanzeige und juristischem Verfahren beigekommen werden. Allerdings: kein Staat kann feststellen, ob jemand beleidigt wurde. Ob und wie sich jemand beleidigt fühlt, obliegt der dicken oder dünnen Haut des Adressaten.

Heiko Maas entstammt, und das kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, einer Generation, deren Eltern von den Westalliierten mit deren Freiheits- und Grundwerteverständnis befreit und geschützt worden sind. Die Worte Zensur und ideologische Unterdrückung lernten Heikos Mitspieler nur im Geschichtsunterricht und in Nachrichten aus dem Ostblock kennen. Während im freien Westen scheintodesmutig vermummt Steine auf Polizisten geworfen werden konnten und können, dies unter Meinungsfreiheit läuft (sofern es Linksaußensteine sind), stritten im Osten tatsächlich mutige unvermummte Menschen für geistige Freiheit und gegen ideologische Unterdrückung und waren 1989 endlich erfolgreich.

Heiko Maas kennt also nur die von den Westalliierten geschenkte Meinungsfreiheit. Dafür kann er nichts. Nichts dazu gelernt zu haben, dafür kann er dann doch was. Und er hat nichts dazu gelernt. Er versteht nicht einmal im Ansatz, dass er mit seinem Netzwerkunterdrückungsgesetz das Meinungsfreiheitskind mit dem zuweilen sehr unappetitlichen Bade ausschüttet und uns damit auf leisen Sohlen ein deutliches Stück der Unfreiheit näher bringt. Heiko Maas muss Einhalt geboten werden. Ich setze besonders auf diejenigen meiner ehemaligen Kollegen im Deutschen Bundestag, die zu meiner Generation der Selbstbefreiten gehören.

Ideologischer Pfusch und handwerkliche Fehler

Maas macht mit seinem ideologischen Pfusch ohnehin schwere handwerkliche Fehler. Er sollte sich bei Erich Mielke gründlicher informieren. Der frühere Polizistenmörder hatte es im Ministeramt zwar leichter, vor allem als seine Millionen Frechdachse wegen Mauer, Stacheldraht, MfS und Schießbefehl nicht mehr abhauen konnten, doch seien wir nicht zu kleinlich und lassen diesen Aspekt außer Acht.

Was hätte Mielke effektiver als Maas gemacht? Richtig! Zuerst hätte er zwei zu therapierende Ebenen lokalisiert: die analoge und die digitale. Wobei die analoge Ebene der herkömmliche Stammtisch und die digitale die Herausforderung des Internets ist.

Zur analogen Ebene: Maas muss die Wirte dieser Republik in die Verantwortung nehmen. Die müssen die Stammtischgespräche in ihren Kneipen nach oben melden. Macht das nicht jeder Wirt mit, muss er enteignet und durch einen geeigneten Blockwart ersetzt werden. Auch informelle Mitarbeiter wären nicht schlecht. Natürlich richtige, dem Staat ideologisch verpflichtete IMs und nicht obskure V-Leute, die selbst zur kritischen Szene gehören und gegen Geld falsche oder richtige Informationen verkaufen!

Die digitale Ebene würde der gute Erich auch effizienter als der gute Heiko angehen. Die Schaltstellen oder besser die Köpfe von Facebook, Twitter und Co. müssen durch Frau Kahanes Leute ersetzt werden. Mielke wäre zudem für richtige IMs in den Netzwerken und nicht für freiwillige Spinner. Das kann doch wieder keiner kontrollieren! Besser wäre die Verstaatlichung von Facebook.

Als einer von 1989 bin ich erschüttert, was ausgerechnet ein Sozialdemokrat unternimmt, um Anstand und Würde zu ihrem Recht zu verhelfen: Er vergewaltigt die Meinungsfreiheit auf Gesinnungspolizistenart. Ihm muss Einhalt geboten werden!

Gunter Weißgerber ist ehemaliger Bundestagsabgeordneter der SPD (1990 - 2009) und gehörte in der DDR zu den Leipziger Gründungsmitgliedern der Partei.

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Leserpost

netiquette:

Dietrich Herrmann / 21.05.2017

Was für ein Super-Artikel, Herr Weßgerber. Chapeau!

Bernd Stichler / 21.05.2017

Bei dem ehrenwerten Herrn Maas spürt man überdeutlich den Unterschied zu jener deutschen Politikergeneration , die den Krieg mitgemacht hat und ihre reichhaltigen Lebenserfahrungen auch in ihre politische Arbeit einfließen ließ . Und diese politische Arbeit trug Früchte . Herr Maas , der bereits zur Enkel - Generation gehört , wohlbehütet aufgewachsen in der westdeutschen Wohlstandsgesellschaft und militärisch beschützt vom Atlantischen Bündnis, verfügt über nicht mal die leiseste Spur von Lebenserfahrung . Und ein solcher Mann soll das Recht haben , gegenüber Millionen anderer Menschen Schicksal zu spielen ? Und hier zeigt sich nicht nur der IQ einer Einzelperson sondern der gesamten SPD-Spitze. Während andere Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl versuchen , taktisch geschickt vorzugehen um Wähler für sich zu gewinnen geht die SPD den umgekehrten Weg . Hoffentlich gehen die Spezialdemokraten diesen Weg auch konsequent bis zum Ende , damit sie sich in der politischen Landschaft bei weniger als 10%  einpendeln . Herr Maas selbst scheint sich aufgrund seines instinktlosen , unsensibelen Agierens und seiner offensichtlich mehr als mangelhaften geschichtspolitischen Kenntnisse keinerlei Schuld bewusst zu sein . Jemand hat mal gesagt : ” Es ist ja gerade das Charakteristikum der Dummheit dass dem Dummen selbst sein Zustand nicht bewusst ist . In jenem Moment nämlich da ihm sein Zustand bewusst würde , wäre er nicht mehr dumm “.  Ob bei Herrn Maas eventuell noch Hoffnung besteht ?

Horst Jungsbluth / 21.05.2017

Natürlich kann Maas gar kein “Mielke” sein, weil die Verhältnisse ganz andere sind, aber erschreckend ist das schon alles, weil er erstens die wirklichen Gefahren für unser Land vollkommen falsch einschätzt oder noch schlimmer nicht wahrhaben will, zweitens seine “Maasnahmen” mit zweifelhaften Personen und Gruppierungen durchsetzen will und drittens seine Rolle als Justizminister in einem demokratischen Rechtsstaat überhaupt nicht begreift. Ich verstehe auch nicht, dass die Union und die Kanzlerin da nicht eingreifen. Die Gefahr durch solche Gesetze besteht darin, dass schleichend eine Entwicklung in Gang gesetzt wird, wo nicht nur die Meinungsfreiheit gefährdet ist sondern auch das Benennen von unverrückbaren Tatsachen, was zu unabsehbaren Folgen führen kann . Ich erinnere an die kaum bekämpfte Unterwanderung unserer Apparate und auch der Medien durch die Stasi und insbesondere an, das damalige Westberlin, als kurz vor dem Mauerfall der von der SED gewünschte SPD/AL-Senat gebildet werden konnte, der brutal eine Politik ganz im Sinne von Mielke und seinen Genossen betrieb,

Matthias Hofmann / 21.05.2017

Sind Sie noch Mitglied der SPD? Wenn ja, warum unternehmen Sie nichts? Warum haben Sie in 19 Jahren als MdB nichts unternommen?

Hubert Bauer / 20.05.2017

Leider ist Deutschland nicht die USA. Wenn dort der Präsident (und nicht nur ein Minister) ein verfassungswidriges Gesetz (Dekret) erlässt, dann finden sich innerhalb einer Woche genügend Richter, die für eine Aufhebung sorgen. Und wenn die Volksvertreter mit der Politik des Regierungschefs nicht einverstanden sind, geben sie ihm einfach nicht die nötigen finanziellen Mittel. Nur in Deutschland schweigen Legislative, Judikative und die Medien, wenn Merkel und ihre Minister am laufenden Band die Verfassung und die Gesetze brechen.

Dirk Jungnickel / 20.05.2017

Ziemlich spekulativ, Gunter Weißgerber.  Mielke hätte wohl seinen Hut genommen, auf den er nicht einmal auf der Anklagebank verzichtet hatte.  Das seltsamen Gebaren in einem vorwiegend demokratischen Staat hätte ihn sehr irritiert. Mögliche aber auch, dass er sich mit Frau Kahane , ihren Mitdenunzianten aus der Verblichenen und der Linken arrangieren würde, natürlich nachdem er die Verräter hätte liquidieren lassen. Heiko dürfte sich vielleicht bei ihm in einem Weiterbildungskurs einschreiben ...

Wolf-Dietrich Staebe / 20.05.2017

Herr Maas ist nicht satisfaktionsfähig.

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