Gibt es eigentlich schon einen Stolperstein in Kandel: „MIA V., TOT 27.12.2017“ oder in Wiesbaden: „SUSANNA F., ERMORDET 22.5.2018“? Dies erklärt den Unterschied.
“Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft. Wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.” (Heiko Maas)
Ein kläglicher Versuch des Herrn Klein, den Holocaust im Nachhinein noch zu verhindern! Purer Aktionismus, der von den aktuellen Problemen und dem Versagen unserer Regierung im Bezug auf die jetzt lebenden Juden in Deutschland und Israel ablenken soll. Zu Luther: wenn das Relief aus dem 14. oder 15.Jh. stammt, kann es wohl kaum ein Produkt Luthers sein. Zweitens sollte man auch als Mensch des 21. Jahrhunderts verstehen, dass Luthers Zeit keine Zeit der Religionstoleranz war, und Luthers Sprache keineswegs der heute üblichen, politisch korrekten Netiquette entsprach. Die Kritiker Luthers machen leider den heute sehr beliebten Denkfehler: sie verwechseln Kritik an der Religion mit Rassismus. Luther verteidigte die Bibel ebenso konsequent gegenüber der Religion der Papisten, Sektierern und Juden. Er hat die jüdische Religion gehasst, nicht die Juden als Volk. Sein Hauptkritikpunkt war der Pharisäismus der Juden. Der wird immerhin auch im Neuen Testament - von Jesus selbst - nicht gerade beschönigt (Otternbrut usw.)... Als ein Freund der Juden frage ich mich immer wieder: kann es sein, dass die Juden eine Überempfindlichkeit gegenüber Kritik entwickelt haben? Selbst als dem jüdischen Volk wohlgesonnener Christ, hat man oft den Eindruck, hierbei auf einem seit dem WK2 vermienten Feld zu gehen. Doch so leicht lasse auch ich, ein Protestant und Befürworter Luthers, mich NICHT pauschal zum Antisemiten abstempeln, egal wie angespannt die Nerven auf beiden Seiten sind.
In den fünfziger und sechziger Jahren bin ich als katholischer Bub zur Schule gegangen. Dort hörte ich im Religionsunterricht den Grund für den jüdischen Brauch, beim Grabbesuch einen Stein auf die Stätte zu legen: Damit zur Wiederauferstehung die Juden mit den Steinen nach unserem Herrn Jesus Christus werfen können.
Martin Luthers Einstellung zu den Juden darf offen diskutiert werden und das ist auch gut. Aber versuchen sie, die Einstellung Mohammeds zu bestimmten Themen zu diskutieren oder gar zu kritisieren, sind sie sofort ein Nazi und Rassist. Und das Schönste dabei ist: es sind in sehr oft Protestanten, welche diese Einstellung haben. Warum dann nicht gleich konvertieren, wenn man schon tagtäglich den Kotau gegenüber dem Islam praktiziert?!
Die Entfernung des Reliefs halte ich für ein ähnlich wirkungsloses Unterfangen, wie das Aufschneiden einer Pestbeule zu Zeiten des schwarzen Todes in Europa, auch wenn es vereinzelt Überlebende gegeben hat, weil dies zufällig zum richtigen Zeitpunkt geschah.Der richtige Zeitpunkt für die Entfernung des Reliefs an der Stadtkirche zu Wittenberg wäre also kurz nach dessen Anbringung gewesen.Allerdings ohne die Gewähr einer verändernden Wirkung. Galten 1346 Ärzten wohlriechende Pflanzenmischungen als Mittel zur Verhinderung der Pest , nutzen Antisemitismusbeauftragte ,Medien und Kulturschaffende heute anscheinend wahlweise rosarote Brillen , Vergrösserungsgläser oder Schweisserbrillen.
Der Luther, mit dem ich erzogen wurde (“mein Luther”), war kein Antisemit. Er war ein Streiter gegen kirchlichen Missbrauch. Der Antisemitismus des historischen Luther ist mir überhaupt erst als Erwachsene bekannt geworden; er ist für mich (und Millionen andere) völlig irrelevant. Wer dieses Bild abhängen will, kann oder will den Unterschied zwischen dem historischen und dem jetzt gelehrten Luthertum nicht erkennen; er ist damit Fundamentalist. Wir dürfen es nicht erlauben, das deutsche Fundamentalisten bestimmen, was richtig und was falsch ist. Der islamische Fundamentalismus ist schon schlimm genug.
Es ist die mittelalterliche Verunglimpfung der Juden, die Allgemeingut im Christentum war, da Jesus ja von den Juden gekreuzigt wurde. Dass Jesus selbst Gott um die Verzeihung dieser Tat gebeten hat, ist nie gewürdigt worden. Inwieweit der Werdegang des jüdischen Volkes mit dem Kreuzestod Jesu zu tun hat, weiß ich nicht. Auf jeden Fall sollten gerade die Christen darauf achten, dass ihnen eine antisemitische Haltung nicht zusteht. Das sollte man nicht in symbolischen und scheinheiligen Gesten äußern, sondern sich tatkräftig und überzeugend gegen den Antisemitismus zur Wehr setzen. Leider klaffen in diesem Land hohl klingende Beteuerungen und wirkliches Handeln weit auseinander.
Sehr geehrte Frau Kornblum. Mit ihrem Beitrag sprechen Sie mir, und sicher auch vielen anderen Lesern, aus der Seele. Das mittelalterliche Christentum war antisemitisch geprägt. Da gibt es nichts zu beschönigen. Die Kirche sollte dazu auch stehen. Die Vertuschungsversuche der heutigen Kirchenoberen sind nicht zu übersehen und manifestieren sich in Anbiederung an andere “Weltreligionen”. Das soll Vergessen suggerieren. Wenn ein Kardinal sich dahingehend äußert, er könne mit dem Begriff des “christlich-jüdischen Abendlandes” nichts anfangen, will man wohl auch von der Vergangenheit des christlich jüdischen Abendlandes nichts mehr wissen.
Derartige Gerichtsprozesse stellen doch Geschichtsbereinigungsprozesse dar! Es gibt aber nichts zu bereinigen. Eines Tages werden die Deutschen keine Regierungsbeauftragten der Länder und des Bundes mehr brauchen, die mit einem seltsamen Eifer den Alltag von Antisemitismus “befreien”. Die mittelalterlichen “Judensäue” - der Dom zu Magdeburg bspw. wartet ebenfalls mit einem Exemplar auf! - sind historische Belege dafür, welches Problem die christlichen Religionen mit anderen Religionen hatten. Wir sind doch auf einem guten Wege. Denkmalsstürmerei stellt einen grundfalschen Umgang mit Geschichte dar. Man kann ein heute zu hinterfragendes Kunstwerk auch zu einem überdimensionierten Stolperstein umzudeuten; das wäre eine angemessene Art des geschichtlichen Gedenkens.
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