Hubert Geißler, Gastautor / 25.01.2020 / 10:00 / Foto: Tim Maxeiner / 16 / Seite ausdrucken

Aus dem Heldenleben eines Schraubers (14): Ausgeschraubt und Danke!

„Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei!“ Bestimmt kennt jeder dieses Liedchen und so soll auch die „Schrauberserie“ nicht zu einer neuen Lindenstraße werden. Für mich und meinen Bruder war der Versuch, Aspekte eines publizistisch eher vernachlässigten Standes darzustellen, eine positive Herausforderung. Wir möchten uns ausdrücklich für die vielen detaillierten und kompetenten Kommentare bedanken. Sie zeigen auf jeden Fall eins: Es gibt so etwas wie eine gemeinsame Erfahrung dieser Gruppe, und nicht selten hatte ich das Gefühl, man könnte die Serie auch von den Lesern schreiben lassen. Ein Dank auch an das Achgut.com-Team, vor allem für die wirklich witzigen Fotos zu den Artikeln.

Zu einigen Zuschriften die mehr Recherche und Objektivität einforderten: Wir wollten gerade ein strikt subjektives Bild einer persönlichen Lebenserfahrung geben, das naturgemäß auch beschränkt ist. Oft ist das Schrauberleben schlicht auch monoton, spielt sich in Produktionshallen ab oder „auf Montage“ in Hotels und Restaurants, die nicht unbedingt von touristischem Reiz sind. Fast notwendigerweise ist die Perspektive auf eine Funktion der Gesellschaft, die Produktion beschränkt, die ein normaler  Reisender gerade nicht mitkriegt oder mitkriegen will. Man interessiert sich im Speisesaal nicht für die Küche und beim Verzehr des Steaks nicht für den Schlachthof. 

In letzter Zeit hatte ich oft Gespräche zu der von der Soziologie fast unisono vertretenen Ansicht, die Schicht der Arbeiter in Deutschland sei quasi ausgestorben und politisch irrelevant. Um es kurz zu machen: Ich halte das, wie auch die Reaktionen auf unsere Artikel zeigen, für Propaganda. Natürlich sind „Schrauber“ als Inbegriff der Arbeiter nicht mehr angemessen organisiert: Weder die Sozialdemokratie noch die Gewerkschaften funktionieren, wie sie funktionieren sollten und z.B. auf der anderen Seite des Rheins auch funktionieren. Dort wird für ein Renteneintrittsalter und Rentenniveau gestreikt, das bei uns utopisch anmutet und lediglich den Verdacht erweckt, dass die Rechnung wieder mal an den deutschen Wirt gehen soll.

Einen eigentlichen Grund, dass es den „Schraubern“ an Selbstbewusstsein, ihre Interessen zu vertreten, fehlen sollte, sehen wir nicht. Die Einübung in technische Intelligenz scheint immer noch eine Garantie auch für eine gewisse politische Vernunft zu sein, die im gegenwärtigen Wertewahnsinn abhanden zu kommen droht.

Aber vermutlich platzen ja in der, wie wir meinen, sicherlich kommenden wirtschaftlichen und finanziellen Kontraktionskrise einige dieser ideologischen Blasen, die doch sehr an Phasen religiösen Wahns vergangener Jahrhunderte erinnern, und die „schrauberische“ Vernunft kommt wieder zum Zug.

Zu hoffen wär’s und die Hoffnung stirbt zuletzt.

Hubert und Bernhard Geißler 

 

Hubert Geißler stammt aus Bayern und war Lehrer für Kunst/Deutsch/Geschichte. Die beschriebenen Situationen sind realistisch und gehen auf Gespräche mit seinem Bruder, einem Machinenbautechniker, zurück. 

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Foto: Tim Maxeiner

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Silvia Orlandi / 25.01.2020

@ S. Eden :Meinen Sie den „Volksgenossen“, ? Wer ist das „Volk“? Wer gehört dazu? Braucht man wieder einen Ariernachweis? Hoffentlich meinen Sie nicht die angeblich „klassenlose Volksgemeinschaft“, die gab es schon einmal in brauner und roter Version. Lesetipp: Götz Aly: Hitlers Volksstaat, Raub,Rassenkrieg und nationaler Sozialismus. Entschuldigen Sie meinen polemischen Ton, er ist der hier erforderlichen Kürze geschuldet.

Dieter Kief / 25.01.2020

Ein doller Beitrag zu “Ethnographie des Inlands” (Michael Rutschky)  insgesamt! Vielen Dank an Hubert und Bernhard Geißler! Handwerker haben vielen anderen Berufen (insbesondere den Intellektuellen) voraus, dass sie körperlich arbeiten und daher gefeit sind davor, allzu leicht abzuheben. Der Stand wird unterschätzt.

sybille eden / 25.01.2020

Sorry, aber ich finde die Zuweisung des ” Schraubers” zu einem “STAND” und gar zur “Arbeiter- klasse” ziemlich antiquiert ,es zeugt doch vom mittelalterlichem Kasten - und Standesdenken das wir doch überwinden sollten ! Die Arbeiter in einer “Klasse ” zu definieren ist doch nur eine Erfindung von Marx u.Engels , Lasalles und Bebels, um das gesamte arbeitende Volk zu spalten, es aufeinander zu hetzen um es dann beherrschen zu können.So was nennt man Klassenkampf , und wie der Name schon sagt, ist es ein Krieg der Stände gegen andere Stände, mithin ein Krieg des Volkes gegen sich selbst. Die Ergebnisse sind bekannt, traurig das die Autoren hier diese “Denke” immernoch propagieren, im Jahre 2020. Ein Schrauber ist ein Schrauber, und ein Buchhalter ist ein Buchhalter, Punkt.

Karin Adler / 25.01.2020

Schade, dass diese wunderbare Serie aufhört. Mein Mann ist auch “Schrauber” und ich konnte viele Übereinstimmungen feststellen. Hätten wir mehr Handwerker und weniger Geschwätzwissenschaften studiert Habende, wären die Wahlprognosen für Grüne wohl nach wie vor im einstelligen Bereich, wo sie, nach meiner bescheidenen Meinung auch hingehören.

T. Brecht / 25.01.2020

Danke an die Autoren. Ich bin selbst “Schrauber”  war über 20 Jahre im Aussendienst und die geschilderten Erfahrungen habe ich ähnlicher Form auch erlebt.

Silvia Orlandi / 25.01.2020

Danke für die Artikel, oft dachte ich Sie beschreiben meinen Mann s. A.  Ich kann Ihnen versichern, die Arbeiter, Lohnabhängigen gibt es. Soviel Marx muss jetzt mal sein: ein Arbeiter, Lohnabhängiger ist jemand der über keine Produktionsmittel verfügt und nur seine Arbeitskraft verkaufen kann. Da die Mehrheit in Deutschland wohl unter diese Kategorie fällt , sind wir eine nicht zu vernachlässigende Mehrheit. Leider vertritt in Deutschland niemand mehr unsere Interessen.Wo sind die Gewerkschaften wenn Arbeitsplätze abgebaut , verlegt werden? Rente mit 67, kurz vor dem Tod?Was machen sie mit unseren Steuergeldern wenn ich mir die Bildung, Gesundheitswesen, Infrastruktur ansehe? Warum schweigt diese Mehrheit?  Sie arbeitet und hat soviel um die Ohren das tägliche Leben zu meistern, dass wenig Zeit bleibt, sich auch noch mit Politik zu beschäftigen. Hinzu kommt die Verblödung durch die Medien, der abgehalfterten SPD und korrupten Gewerkschaften. Ein nie dagewesene Raubzug von oben findet statt ( Strafzinzen,Steuerlast,Inflation )  und keiner soll’s merken. Ist das jetzt links oder rechts, was ich hier schreibe? Einig sind sich die Schrauber in der Verachtung der selbsternannten Eliten, die nichts als arrogantes Geschwätz liefern.( kein Auslandsurlaub, nur teure Bioprodukte, hohe Strom und Energiekosten…) Solidarische Grüße auch an Ihren Bruder, der keine Zeit hat für lange Kommentare.Danke!

Dr. Wolfgang Monninger / 25.01.2020

Sie schreiben: “Die Einübung in technische Intelligenz scheint immer noch eine Garantie auch für eine gewisse politische Vernunft zu sein, die im gegenwärtigen Wertewahnsinn abhanden zu kommen droht.”  Sehr RICHTIG !  In der Tat wäre mir wohler, wenn die Lautsprecher aus den Reihen der Politologen, Sozialarbeiter und Theologen nicht ihren völlig ungemessenen Anteil an der veröffentlichten Meinung hätten. Aber es gibt ja noch die Wahlurne. Ich bin der Überzeugung, dass das VOLK viel klüger ist, als viele glauben, vor allem dann, wenn man ihm Verantwortung gibt.

Manni Meier / 25.01.2020

Bernhard kann schrauben und Hubert kann schreiben - gutes Gespann! Danke für die Beiträge, habe sie mit Interesse gelesen, es müssen nicht immer die weltbewegenden Themen sein. Halt, stimmt nicht ganz. Es waren sehr wohl die “weltbewegenden Themen”, nur aus einer ungewohnten Perspektive. Und dafür Dank an beide Brüder.

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