Aus der Sicht eines Nichtlehrers und auch als Vater nicht mehr Betroffenen : Die Zunahme wie auch immer gehandicapter SchülerInnen in Verbindung mit einer Erweiterung des Aufgabenkatalogs (Stichwort “Erziehung”) kann nur zu einer Vermehrung der Expertokratie führen, zumal auf der Angebotsseite eine stetig wachsende Zahl von Experten fuer alles moeglich steht. Der Experte ist nicht zuletzt deshalb sehr “beliebt” geworden, weil er beraet, bei genauerem Hinhoeren mit Plattitueden oder Lehrbuchzitaten, aber weder umsetzt, noch verantwortlich ist. Das Scheitern, was allerdings eine Zielfirmulierung voraussetzt, geht immer zu Lasten des Praktikers. Der ideale Job fuer diese Gesellschaft, die Geschwätz und Bullshit ueber alle Maßen schätzt. Dass zugleich aus einem Studiengang 20 bis 50 neue mit tollen Begriffen kreiert wurden, passt in das Bild und schafft auch neue Beschäftigungen. Dass diese Form der Aufteilung oder Segmentierung, selbst des Menschen, bis in das Kleinste diverse neue Probleme schafft, organisatorisch, koordinativ und ganzheitlich, und der Überblick fuer das “Ziel” verlorengeht, Stichwort :Fachidioten, muss als Kollateralschaden akzeptiert werden. Wichtig ist, dass es neue Optionen zur Entverantwortlichung qua Unzustaendigkeit gibt. Dass der Kommentator beruflich sehr viel mit renommierten Beraterfirmen zu tun hatte, erleichtert deren fachliche Einschätzung. Lauwarm waere mitunter noch uebertrieben, obwohl die in Indien gefertigten, bunten Graphiken durchaus schoen anzusehen waren. Sie erleichterten dem sogenannten Management den Job durch Vermeiden des Lesens und Verstehens komplexerer Darstellungen in Textform und ließen den falschen Eindruck des Wissenden entstehen. Dieser Eindruck wurde in den Gesprächen danach ziemlich rasch aufgelöst. Dass einige Mitarbeiter seit Jahren vergeblich die partiell gleichen Vorschläge machten, rundet die Sache nur ab. Uebrigens hat die Idee, die Internen lernen von den Externen, nie funktioniert. Seltsam oder?
Eine interessanter Artikel. Selbst in der DDR, die für sich die Gleicheit aller Menschen in Anspruch genommen hat, galt für die höhere Bildung das unbedingte Leistungsprinzip. Durchaus fortschrittlich war das Konzept der Polytechnischen Oberschule, die dafür gesorgt hat, daß sich niemand freiwillig für eine geschmälerte Bildung entscheiden konnte, und es hat auch Mädchen ganz zwanglos an Technik und Naurwissenschaften herangeführt. Aber ab dem Moment, wo es um die Auswahl für eine gymnasiale Bildung ging, kamen auf Grundlage der Zensuren in der zehnten Klasse höchstens nur noch drei bis fünf Schüler weiter. Heute findet die Auslese hauptsächlich nach der vierten Klasse statt, das finde ich viel zu früh. Man räumt zwar spätere Chancen mit dem Übergang ans Gymnasium nach der zehnten Klasse und dem zweiten Bildungsweg ein, daß ist aber wegen des oftemals schlechten sozialen Niveaus an Mittel- und Hauptschulen und der allgemeinen Gefahr, im Alter zwischen 8-15 an der verwirrenden Gesellschaft zu scheitern, ungleich schwerer, auch wenn der Lernstoff viel leichter ist. Habe ich selber durchgemacht: wegen Depressionen mit 15 (tote Mutter, häusliche Gewalt, Trennungen, Flucht von Verwanden in den Westen, zwei durch Verkehrsunfälle gestorbene beste Freunde der Familie, Alkoholismus bei näheren Verwandten, zwei tote Omas plus Wende in nur wenigen Jahren) wäre man an den sozialen Verhältnissen in der Mittelschule gescheitert, wenn mir nicht mein Schuldirektor und andere Leute geholfen hätten: abseits aller Formalitäten hat er mich, nachdem ich mich desillusioniert und vertraulich an ihn gewendet hatte, in eine Klasse mit weniger Gewalt und Drogenproblemen (in der jegliches Lernen unmöglich war) umgesetzt. Nur diesem Gespräch 1993 und diesem Direktor (Typ G. Schröter) habe ich es zu verdanken, nie Drogen genommen zu haben und dann noch studieren zu können. Und so wie damals sehe ich heute auch wieder mit aufgerissenen Augen zu Granit erstarrt ins Land ...
Anders als zu Zeiten von Tom Hagen ( GF 1, GF 2 ) , sind Berater heutzutage wie Satelliten, die Abenteuer ein - statt ausreden. Sie haben die Hausierer abgelöst und vermehren sich wie die Fliegen, besonders in der Politik. Und so sieht sie auch aus , die Politik.
Berater… Werden von der Stadt/Landkreis/Land engagiert, bezahlt und, wenn das Ergebnis nicht in die politische Schiene passt, schlicht ignoriert.
Das ganze Feld vom Wert und Nutzen einer Arbeit, Tätigkeit, meinetwegen auch Berufung ist weitgehend unbeackert. Sollte es da Studien oder Promotionen geben? Das ganze Segment der Drückeberger muss einmal untersucht und aufgearbeitet werden. Nun ist es zweifellos legitim, sich vor notwendigen aber unangenehmen Arbeiten zu drücken und statt dessen etwas zu tun, das angenehmer, leicht zu improvisieren oder als persönliche Meinung aus dem Ärmel zu schütteln ist - und im Extrem auch noch besser bezahlt wird. Marktbetrachtungen helfen da nicht weiter. Legitim heißt aber eben nicht “nützlich”. “Selbstverwirklichungen” jeder Art, die gerne lehrreich oder unterhaltsam sein können, die kann sich eine Gesellschaft nur im Maße ihres Überflusses leisten. Den aber, ohne jede Bescheidenheit, sehe ich in Deutschland nicht. Ich halte die derzeitige Neuverschuldung zugunsten von Zwecken, die im Detail im Dunkeln bleiben werden, für eine Katastrophe.
Christian@Scheid - Volle Zustimmung.
zu der Zeit, als Ihr Chemielehrer sagte “heute schlachten wir mal ein Weib”, empfanden Sie das ganz gewiss nicht als schwarzen Humor, sondern als Sadismus. Ich hatte einen ähnlichen Chemielehrer. Ich wünsche mir diese Zeit auf keinen Fall zurück, und die meisten Ihrer Mitschüler bestimmt auch nicht. Und dass die Lehrer sich “heutzutage” pädagogisch und psychologisch (und hoffentlich auch digital) ausgebildet sind und sich regelmäßig weiterbilden, das ist gut so, auch wenn das vielleicht manchmal etwas überbordet. Den Hosenboden stramm ziehen, das wollen Sie hoffentlich nicht mehr wirklich. Für diesen Aufsatz erhalten Sie von mir, im Gegensatz zu vielen Aufsätze vorher, nur eine 5 Plus. Setzen, Geißler !
Eigentlich, Herr Geissler, eigentlich geht es ja nur um lesen, schreiben, rechnen lernen. Dazu Kultur, Geschichte, Bewegung und fremde Sprachen, vielleicht. Handwerkliches auch, weil sonst der Geist nicht zum konzentrieren und entspannen kommt. Der Lehrer vorne und mittendrin hat die Aufgabe STIMMUNG zum lernen zu machen. Mehr nicht. Kann er das nicht, sind die ganzen Kurse ‘rausgeschmissenes Geld, da das Blabla nicht den Geist erreicht. Punkt. Viel Geld und Zeit gespart, da letzteres für die Kinder übrigbleibt.——Die vielen Berufe, die jetzt auch auftauchen, wobei dort ein großes Maß an Nieten zu finden ist( oft typischer Beruf als Selbstfindungskomplex) braucht es nicht. Anständiger Unterricht an den Unis mit pädag. Psychologie reicht. Aber wo???? wird das noch gemacht?—Sollten sich dahingehend diese Grundlagen erkenntnisreich verstärken, ohne den anderen Firlefanz, löst sich das Problem der Qualitätsfindung von ganz allein. Kinder wollen Geradeauslinien, alles andere lenkt sie ab. Soooo dumm sind sie nicht, unsere Kleinen!
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