@Magdalena Hofmeister: Vielen Dank, Frau Hofmeister, für Ihren wunderbaren, zutreffenden und auf hohem sprachlichen Niveau formulierten Leserbrief! Ich empfinde alles so wie Sie (mit blutendem Herzen) und genieße die alten Filme, die noch durch geschliffene Dialoge bestechen, ebenfalls sehr. Sie zeigen überdeutlich, was wir haben verwahrlosen lassen und inzwischen verloren haben. Auch die Sprachkunst der klassischen Literatur des 19. Jahrhunderts zeigt uns eine heutige gewisse Proletarisierung selbst der Hochsprache. Es trägt vieles dazu bei. Sicherlich auch die Bilder- und Videoflut, die unsere Medien überschwemmt. Ich stelle auch fest, dass die Menschen kaum noch lesen, d.h. anspruchsvollere Bücher, die den Verstand herausfordern. Dazu haben sie entweder keine Lust oder nicht genügend Ausdauer. Selbst von Akademikern habe ich gehört: Ach nö, lange Artikel zu lesen (ich hatte die Achse empfohlen) ist auch nicht so meins, ich hör mich lieber im Internet um, was da so “gesagt” wird. Der Mensch ist bequem, und wenn es einen gemütlicheren und einfacheren Weg zum vermeintlichen Ziel gibt, dann wählt er den. Oder genauer: Einfach zu viele lassen sich dazu verführen. Das unsägliche Gequatsche der Selbstdarsteller im Fernsehen trägt auch nicht zur Verfeinerung der Sprache bei, modische Anglizismen machen das Desaster komplett.
Ein Professor für Chemie hat auf die Frage, was ein künftiger Chemiestudent in der Schule lernen sollte, geantwortet: “Sprachen, Geschichte und anderes. Chemie bringen wir ihm bei.”
Hallo Herr Geissler, das ist nun mal deutsch, extrem abräumen, extrem wegräumen, entweder oder - anstatt sowohl als auch -kaputt geht immer. Ich für meinen Teil würde grundsätzlich drei Jahre Latein empfehlen, als Grundlage der Sprachen. Interessant müsste der Unterricht sein, gleichfalls mit der Herleitung anderer Sprachen. Der Vorteil ist die nahe Sprachverwandtschaft. Es öffnet sich ein anderes Fenster im Oberstübchen, weil die schon bekannte Vernetzung vorhanden ist >> s. Herleitung (Aha!) @B. Oelsnitz: Danke für den Einwand zur Intelligenz und besonders für den letzten Satz. Das ist des Pudel’s Kern! FG.
„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“. In Zusammenhang mit diesem Satz wäre zu bedenken: 1. Jede Sprache basiert auf der persönlichen Welt-Erfahrung des diese Sprache benutzenden Individuums. 2. Diese persönliche Welterfahrung ist immer auch eine emotionale Erfahrung der Welt. Daraus folgt: Die Grenzen der Sprache und der Welt sind immer auch emotionale Grenzen, die mich ermuntern oder hindern, weitere Welt-Erfahrung zu machen. Emotionale Grenzen in mir bestimmen, was ich mit Sprache ausdrücken kann/will, welche Themen (Bereiche der Welt) ich meide, mit welchen Worten ich die Welt beschreibe. Emotional offene Menschen haben ein offenes Verhältnis zur Welt und zur Sprache, sie sind neugierig und haben die Fähigkeit, Themen aus unterschiedlichsten Perspektiven zu betrachten und zu „beworten“. Sie bemühen sich um sprachliche Präzision. In jedem Gespräch begegnen sich in den Sprechenden immer auch mehrere „emotionaler Welten“, welche durch Sprache ausgedrückt werden. Im Endeffekt ist jedes Streitgespräch ein Streit mit Worten um Emotionen. Deshalb sind zum Beispiel „Talkshows“ oft so öde, weil schnell sichtbar wird, wo die emotionalen Grenzen zum Thema verlaufen, um die dann vermeintlich „sachlich“ gestritten wird, woraus dann ein Drehen im Kreis wird. Bundestagsdebatten bieten in dem Zusammenhang guten Anschauungsunterricht dafür, dass der Satz „Die Grenzen meiner Emotionen sind die Grenzen meiner Sprache, sind die Grenzen meiner politischen Welt, sind die Grenzen meiner Fähigkeit, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und Argumente verstehen und gelten lassen zu können“. Die eigene Sprache zu erweitern und fremde Sprachen kennen zu lernen, ist immer auch eine Erweiterung und Differenzierung des emotionalen Zugangs zur Welt. Ich werde auf diese Weise immer wieder reich beschenkt.
Ich habe schon vor Jahrzehnten im Gymnasium nichts !!! gehört von: China hat: Lao-Tse gegen die Planwirtschaft im 6. Jahrhundert v. Chr (Dao-de-jing: „Regierender“ Bleib ohne Tun, nichts, das dann „durch das Volk“ ungetan bliebe). Die Briten haben: Thomas Hobbes 1588 - 1679 (Leviathan), John Locke 1632 - 1704 (A Letter concerning Toleration, The Second Treatise of Civil Government), David Hume 1711 - 1776 (A Treatise of Human Nature, An Enquiry Concerning Human Understanding), Adam Smith 1723 - 1790 (An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations), David Ricardo 1772 - 1823 (On the Principles of Political Economy and Taxation), John Stuart Mill 1806 - 1873 (On Liberty). Österreich hat: Joseph Alois Schumpeter 1883 – 1950 (Business Cycles, Schöpferische Zerstörung), Friedrich August von Hayek 1899 – 1992 (The Constitution of Liberty). Deutschland hat: Arthur Schopenhauer 1788 - 1860 (Die beiden Grundprobleme der Ethik: Ueber die Freiheit des menschlichen Willens, Ueber das Fundament der Moral), Friedrich Wilhelm Nietzsche 1844 - 1900 (Jenseits von Gut und Böse, Zur Genealogie der Moral). Ich habe nur gehört von: Deutschland hat: Karl Marx 1818 – 1883 (Das Kapital, ...).
Ich denke, dass das Bildungssystem auch deshalb in anderer Weise Wirkung hinterlassen konnte, weil das gesellschaftliche und familiäre Umfeld ein ganz anderes als heute war. Es war eine stetige Bereitschaft zum Lernen, zum Denken vorhanden, welche es heute so nicht mehr gibt. Das Denken wurde geübt, ob bei dem Erlernen eines Instrumentes oder bei der Übersetzung aus dem Altgriechischen. Es bestand ein Hunger nach Wissen, nach Entdeckung. Natürlich war diese Einstellung bestimmten Kreisen vorbehalten, doch aus diesen Kreisen rekrutierten sich „die Genies“. Heute besteht Bildung aus einer Massenveranstaltung. Das Ergebnis ist eine Nivellierung nach unten. Dafür wird es gerecht genannt. Genies gehen daraus nicht hervor. Stattdessen jedoch eine Menge Menschen mit Haltung und sozialer Einstellung. Was braucht die Welt nötiger? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Besteht darin womöglich auch der Gegensatz zwischen Links und Rechts?
Genau die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt! Und wir beobachten doch seit Jahren dass diese Grenzen immer enger werden, einfach weil die gesprochene Sprache immer undiffernzierter wird. Es gibt ja in der öffentlichen Diskussion nur mehr die guten Befürworter und die bösen Leugner!
Interessanter Aspekt. Danke! Nicht zu unterschätzen auch die einheitliche Bildung einer Elite, die (a) ein Gefühl für Qualität entwickelt hat, und die (b) sich genau deshalb untereinander versteht, ohne dass es elende Wochenendseminare geben muss zur Einführung in “Diversität”.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.