Wenn ich nicht völlig benebelt bin, so verstehe ich unter Transit (resp. Transitzentren) eine Einrichtung, die dazu dient. die Passierenden aus einer Richtung kommend in die andere Richtung gehend zu kontrollieren und zu geleiten. Wie mir scheint, ist nunmehr ein Bedeutungswandel eingetreten. Das Transitzentrum soll jetzt dazu dienen, potentielle Migranten hinein zu lassen und wieder in die Richtung zu schicken, aus der sie kommen. Im Transit von Berlin - West nach der Bundesrepublik, bei dem ja durch die “DDR” - Behörden üble Praktiken angewandt wurden, schickte man nur selten Personen zurück. Die mußten besonders aufmüpfig im Westen gegen die “DDR” vorgegangen sein. Jetzt soll allerdings ein Asylantrag in einem Schengen - Land der Grund sein. Ausnahmereglungen sind zu erwarten. Einschlägige Anwälte dürften da in den Transitzentren ihr Unwesen treiben. Und Schleuser, gegen die es ja eigentlich geht, werden sich ein paar Schleichwege einfallen lassen, nicht unbedingt über die unwegsamen Alpen. Die 800 km - Grenze verläuft ja nicht nur da. Übrigens: Was die “gesiegelten Schriftstücke ” betrifft. Nach meiner Notaufnahme 1985 mußte ich 10 DM berappen, nur um ein ” e ” in meinem Vornamen tilgen zu lassen, das ich nie benutzt hatte, das aber auf meiner Geburtsurkunde vorhanden war. Es geht doch nichts über perfekte Dokumente.
Mit der mündlichen Anweisung des Ministers, die Peter Grimm erwähnt, verhält es sich noch schlimmer, als er ahnt. Der Beamte, an den sie sich richtete, hätte nämlich gegen sie Einspruch (Gegenvorstellung, Remonstration) erheben können und sollen, damit die Anordnung seines Vorgesetzten präziser und juristisch korrekt formuliert werde. Es handelt sich dabei vermutlich um den Präsidenten der Bundespolizei, der ausgerechnet über “Remonstrationsrecht und Remonstrationspflicht im Beamtenrecht” seine Dissertation verfasst hatte und also am 4.oder 5.September 2015 genau wusste, dass nun der Moment gekommen war, sein Fachwissen anzuwenden und den Minister auf eine politisch vielleicht gewünschte, aber juristisch problematische Entscheidung hinzuweisen. Wenn dies geschehen ist, hat der Vorgesetzte - hier also der Minister - den Sachverhalt zu prüfen und danach entweder seine mündliche Anweisung zurückzunehmen oder sie zu modifizieren, zu differenzieren oder ausdrücklich zu bekräftigen. Dann aber würde sie verschriftlicht, aktenkundig werden und wäre zu befolgen. Der demonstrierende Beamte und seine Dienststellen sind damit aus der unmittelbaren Verantwortung für die Folgen entlassen, die der anordnende Vorgesetzte schriftlich übernommen hat. Allein, die Anweisung existiert soweit bekannt nicht schriftlich, da offenbar niemand gegen sie remonstriert hat. So ist damals eine Grauzone, der “rechtsfreie” Raum beim Grenzübertritt (Transit) entstanden, den der heutige Minister seinerzeit etwas polemisch die “Herrschaft des Unrechts” genannt hat, und die er jetzt wieder zu beseitigen versucht. Warum aber hat der Beamte geschwiegen?
Sie schreiben : Es gibt also keine Zurückweisung, sondern etwas, das in dem CDU-CSU-Einigungspapier in wunderschöner Amtsprosa als „Zurückweisung auf Grundlage einer Fiktion der Nichteinreise“ beschrieben wird. // Dazu soll die österreichische Außenministerin gesagt haben : Die im Einigungspapier der Union enthaltene “Fiktion” einer Nichteinreise nach Deutschland ist “eine Fiktion, mit der ich als Juristin nicht ganz zurechtkomme”. Sie fügte hinzu: “Wer auf deutsches Staatsgebiet eingereist ist, ist dort.” // Quelle : Badische Zeitung von heute // Demzufolge ist Ihre Aussage richtig, dass Merkel die Partie klar gewonnen hat.
In der jetzigen Situation können “Transitzentren” zumindest beim Problem der Sekundärmigration helfen. Dass damit nicht alle Probleme gelöst sind, steht auf einem anderen Blatt, aber der eigentliche Sinn der Idee Seehofers, den Ball (und schwarzen Peter) wieder zurückzuspielen in den Süden, kann auch so umgesetzt werden. Solange die südlichen Staaten ihre Migranten nach Deutschland entsorgen konnten, ohne jede Gefahr, sie wieder zurücknehmen zu müssen, solange also Dublin leer lief, durfte man nicht erwarten, dass Italien oder Griechenland mehr unternehmen, um die Einreise zu verhindern, im Gegenteil. Jetzt wird Druck aufgebaut. Ob mit Transitzentren oder Zurückweisung ist eigentlich egal. Hauptsache es kommt Bewegung in die Sache. Im Übrigen wird die SPD das Konzept ohnehin zerstören und zerwässern und dann platzt die Koalition endgültig.
Man kann es drehen und wenden wie man will, aber der Eindruck drängt sich auf, Deutschland entwickelt sich partiell immer mehr in Richtung jener “failed states”, die es doch global so nachdrücklich zu demokratisieren gilt. Wie sollen sich andere Länder an Deutschlands Demokratie und Rechtsstaatlichkeit orientieren, wenn diese von der Regierung nach Belieben interpretiert werden dürfen, ohne dass eine korrigierende Gewalt einschreitet?
Taktierereien, schielen auf die Wählergunst, persönliche Eitelkeiten und strategische Kalküle ... was wurde nicht alles von klugen und weniger klugen Kommentatoren ins Spiel gebracht. Mich aber interessiert kein Seehofer, sein persönliches Schicksal, seine Motive ... genau so wenig wie das von Merkel. Mich interessiert, wie es weiter geht in diesem Land. Und wenn es einen guten Kompromiss gegeben hätte, auch wenn ich diesen so nicht gewollt hätte, aber dennoch echte Verbesserungen erreicht, dann hätte ich applaudiert. Was aber Dorothee Bär veröffentlichte, war eine Ernüchterung, kaum ein Feigenblatt, eine Leerformel. Ich erwarte hier keine signifikanten Verbesserungen durch diesen Vorschlag. Die nächsten Wochen werden zeigen ob sie das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Und die Wahlen in Bayern und Hessen zeigen, wie sehr sie den Wähler überzeugen können.
Man wähnt sich in der Türhüterparabel Kafkas. Die Tür bzw. das Tor steht offen, aber der “Eintritt ist nicht erlaubt” (Merkel). Seehofer hätte einfach durch das Tor gehen müssen. Es gibt keine Vorschrift, die es verbietet, Merkel selbst hat sie nicht gegeben. Seehofer geht aber nicht hindurch. Das Tor wird schließlich geschlossen - ” es war nur für ihn bestimmt “, Seehofer also, der lediglich einen gesetzeswidrigen Zustand abzustellen hatte. Statt dessen akzeptiert Seehofer den gesetzeswidrigen Zustand und versucht sich an “alternativen Maßnahmen” - welche von Merkel ebenfalls abgelehnt werden. Rückblickend werden Historiker und Psychologen diese Vorgänge bewerten und sich damit beschäftigen, wie es möglich war, dass elementare Verstandesleistungen nicht mehr erbracht werden konnten.
Unserer Recht und unsere Demokratie, der Bürger als Souverän, erscheint mir unterdessen auch eher als Fiktion. Es hat etwas Mittelalterliches, wo dem Adel alles erlaubt war, das eigene Landeskind aber für gleiche Taten bestraft wurde, bspw. Passvergehen.
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