Henryk M. Broder / 18.08.2011 / 16:44 / 0 / Seite ausdrucken

Auf der Mauer

Ab und an, wenn auch immer seltener, wird in Deutschland darüber debattiert, ob es einen Führerbefehl zur Endlösung der Judenfrage gegeben oder ob diese hinter dem Rücken von A.?H. stattgefunden habe. Man muss dazu allerdings sagen, dass dies eine Frage ist, über die nur noch an Stamm­tischen in abgelegenen Gebieten geredet wird. Wesentlich öfter, und vor allem öffentlicher, wird dagegen darüber gestritten, ob es einen «Schiessbefehl» für das «Grenzregime» in der ehemaligen DDR gegeben habe. Die einen meinen: ja, die anderen: nein. Wobei unklar bleibt, wie die vielen Menschen bei dem Versuch, von der einen auf die andere Seite der innerdeutschen Grenze zu kommen, ums Leben gekommen sind: vor Aufregung? Aufgrund körperlicher Überforderung? Oder wurde etwa doch auf sie geschossen, spontan und ohne einen förmlichen Befehl? Auch über die Bewertung des Mauerbaus vor genau fünfzig Jahren gibt es divergierende Ansichten. Für die einen war die Mauer eine Todesfalle, für die anderen ist sie immer noch der «anti faschistische Schutzwall».

Die Linkspartei im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern konnte sich auf ihrem Landesparteitag in Rostock, der passenderweise mit dem fünfzigsten Jahrestag des Mauerbaus zusammenfiel, nicht auf eine gemeinsame Position einigen und verschob die Entscheidung auf die Zeit nach der nächsten Landtagswahl. Eine Gruppe hatte ein «Positionspapier» eingebracht, in dem der Bau der Mauer gerechtfertigt wurde. Die sei eine «zwingende Notwendigkeit» gewesen, zu der es keine «vernünftige Alternative» gegeben habe, da es um die Bewahrung des Friedens ging: «Heiligt die Verhinderung eines Krieges nicht die Sicherung einer Staatsgrenze?»

Vorher schon hatte die Bundesvorsitzende der Linkspartei, Gesine Lötzsch, SED-Kader bis zum letzten Tag der DDR, erklärt, die Mauer sei das Ergebnis des Zweiten Weltkriegs und des deutschen Überfalls auf Russland gewesen, denn irgendwie hängt ja alles mit allem zusammen. So macht die Linkspartei ihrer Aufgabe als Erbin der SED alle Ehre. Nicht alles in der DDR sei schlecht gewesen, und vieles müsse im historischen Zusammenhang gesehen werden. Einig ist man sich nur in einem Punkt: Die Mauer in Palästina, die muss weg! Und das sofort.

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