In den USA geht man mit Kernkraftwerken anders um als in Deutschland – dort sind gut bezahlte Arbeitsplätze, günstige Energieversorgung, ein zuverlässiges Netz und Umweltschutz nämlich wichtig.
Welt-Online berichtet: „Amerika ruft ein neues Kernenergie-Zeitalter aus – Deutschland steht allein da“. Und nein, es ist nicht der böse Trump, sondern die gute Biden-Administration, die diesen Beschluss auf den Weg brachte. Sie veröffentlichte eine Leitlinie mit dem Titel „Sichere und verantwortungsvolle Ausweitung der US-Nuklearenergie“. Trump wird den Weg aber beibehalten, das hat er schon verkündet.
Die USA planen, ihre nukleare Stromerzeugungskapazität bis 2050 zu verdreifachen. Es sollen 200 Gigawatt Kernkraftkapazität installiert werden, ein Mix aus herkömmlichen KKW der Generation drei, den neuen Reaktoren der Generation vier, kleineren modularen Reaktoren und Minireaktoren für Spezialanwendungen. Das erscheint aus deutscher Sicht reichlich ambitiös, wären das doch etwa 150 Kernkraftwerke vom Typ ISAR2 – das wir in Deutschland gerade dabei sind, zu verschrotten.
Es sind derzeit die Technologie-Giganten Microsoft, Google und Amazon, die diese Entwicklung mit Macht und viel Geld vorantreiben. Sie brauchen für die Weiterentwicklung viel und konstant sicheren Strom. Das Herunterladen von einem Gigabyte auf ihren Laptop kostet etwa 1,5 Kilowattstunden. Nein, nicht bei Ihnen, lieber Leser, der Sie vielleicht gerade eine Serie runterladen, sondern in den Serverfarmen der Internetbetreiber. Mit dieser Strommenge können Sie schon einen netten Gugelhupf backen.
So nimmt also Microsoft über eine Milliarde Euro in die Hand, um das 2019 stillgelegte Kernkraftwerk Harrisburg 1 auf der Insel Three Mile Island bis 2028 wieder flottzumachen, d.h. zu modernisieren. Erinnert sich noch jemand daran, dass im Nachbarblock dieses Kraftwerks 1979 die erste Kernschmelze eines Leistungsreaktors erfolgte? Microsoft sichert sich nun die gesamte Stromproduktion des Blockes 1 für 20 Jahre, um eine Stromversorgung für den Auf- und Ausbau der künstlichen Intelligenz zu haben.
Für die Amerikaner zählen bei dieser Strategie die gut bezahlten Arbeitsplätze in der Industrie, günstige Energieversorgung, ein zuverlässiges Netz und – nicht zu vergessen – der Umweltschutz. Die USA produzieren 20 Prozent ihres Stroms in etwa 100 Kernkraftwerksblöcken. In Deutschland zählt es, sich als Vorreiter gut zu fühlen und zu glauben, dass einem die Anderen schon folgen würden, wenn man sich nur noch mehr anstrengt und noch härter „fürs Klima“ kasteit. Doch leider sind die deutschen Vorreiter allein zu Hause. Welt-Online zitiert den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Raffael Grossi wie folgt: „Deshalb wollen Länder, die Atomenergie haben, mehr Atomenergie. Und viele Länder, die keine Atomenergie haben, wollen Atomenergie. Es gibt nur ein Land, Deutschland, das sich vollständig zurückgezogen hat – es ist das einzige.“ Auch wenn es schon abgedroschen ist, die Frage: „Wie heißt das finnische Wort für Besserwisser?“ Na „Besserrrrwisserrr“.
Die Zerstörung ist volle Absicht
Aber die deutsche Gründlichkeit geht noch viel weiter. Aufmerksame Leser werden sich berechtigt fragen: „Wieso kann ein Kernkraftwerk, das 2019 – also vor fünf Jahren – abgeschaltet worden ist, nun wieder in Betrieb genommen werden? Ist das nicht schon kaputt?“ Andere Länder, andere Sitten. Wenn in den USA ein Kernkraftwerk stillgelegt wird, dann kommen nicht die Männer mit den Trennschleifern und den Sägen. Das Kraftwerk wird eingemottet, die Fachleute sagen „konserviert“. Es wird gereinigt, sorgfältig vorbereitet und trocken für 30 Jahre stehengelassen. Wenn dann der Rückbau beginnt, ist die radioaktive Strahlung auf natürliche Weise so weit abgeklungen, dass der Rückbau nur noch einen Bruchteil dessen kostet, was wir in Deutschland dafür ausgeben.
Aber Geld spielt ja bei den Vorreitern keine Rolle, vor allem nicht das Geld anderer Leute. Den Antiatom-Füsilieren kam es darauf an, die Brücken für eine Rückbesinnung auf die Vernunft zu verbrennen und zu sprengen. Sie wissen, dass sie bei der nächsten Wahl nicht mehr Wirtschaftsminister und Umweltminister sein werden. Da könnte ja ein vernünftiger Mensch auf die Idee kommen: „Wir haben uns verrannt und kehren um. Wir nehmen die Kernkraftwerke wieder in Betrieb und retten so unsere Industrie“. Das geht für Ideologen gar nicht. Es darf nicht die Möglichkeit für eine Besinnung geben. Die Kernkraftwerke müssen systematisch unbrauchbar gemacht werden, möglichst noch in dieser Legislaturperiode. Wie einst 1519 Hernando Cortez seine Schiffe verbrennen ließ, um seiner Mannschaft die Möglichkeit eines Rückzuges zu nehmen. Oder wie Erich es poetisch ausdrückte „Vorwärts immer, rückwärts nimmer“.
Die Zerstörung ist volle Absicht. Von den letzten neuen abgeschalteten Kernkraftwerken erhielten fünf die Rückbaugenehmigung im Jahre 2024. Darunter sind auch das KKW Krümmel, das sage und schreibe neun Jahre auf diese Genehmigung wartete, und das KKW Brokdorf, das drei Jahre auf die Rückbaugenehmigung warten musste. Doch plötzlich, im Jahre 2024, wurde auch für diese Anlagen der Rückbau genehmigt. Die hochmodernen Kernkraftwerke ISAR 2, Neckar 2 und Emsland erhielten die Genehmigung praktisch sofort. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Ein Buch für Jedermann
Jetzt ist die Ampel wie ein Soufflé zusammengefallen, und die staatlichen Kernkraftwerks-saboteure machen sich vom Acker, eine Ruinenlandschaft hinter sich lassend. Man darf gespannt sein, ob die CDU/CSU ihren Forderungen nach Wiederinbetriebnahme der Kernkraftwerke irgendwelche Taten folgen lässt. Der bayerische Ministerpräsident Söder forderte ja noch vor drei Tagen: „Ich fordere auch dringend einen Stopp des Rückbaus bei ISAR II. Noch ist es reversibel (gehobener Zeigefinger) noch! Es ist nicht irreversibel. Ist mit Aufwand verbunden – keine Frage. Aber ich glaube fest daran, dass ohne Kernenergie und dann langfristig ohne Kernfusion es nicht geht.“ Wie wäre es dann, wenn er seinen Staatsminister Aiwanger anweisen würde, die Rückbaugenehmigung von ISAR 2 zurückzunehmen und unter Entschädigung des Betreibers wenigstens das Zerstörungswerk bis zur Wahl zu stoppen? Nicht „fordern“, hochverehrter Herr Dr. Söder, „machen“.
„Wir werden es bald sehen“, sprach der Blinde, „wie der Lahme geht“.
Zum Schluss dieses Beitrages möchte ich den geneigten Lesern noch ein kleines Geheimnis verraten. Wieso benutzen zwei Ingenieure für ihren Kernkraft-Buchtitel statt des korrekten Wortes „Kernenergie“ den Ausdruck „Atomenergie jetzt aber richtig“. Ist diese Formulierung nicht eher eine gängige Formulierung der Kernenergie-Gegner, für die ein Reaktor ein „Meiler“ ist?
Ja, Achse-Leser wissen mehr. Wir haben das ganz bewusst gemacht. Wir wollten schon im Titel zeigen, dass dieses Buch keine Lektüre für sowieso schon von der Kernenergie überzeugte Fachleute ist, sondern ein Buch für Jedermann, der den Wahnsinn der deutschen Energiewende verstehen will – und das noch auf möglichst vergnügliche Weise. Deutschland benötigt dringend eine halbe Baerbocksche Wende für die Energiewende. Rückbaumoratorium jetzt!
Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.
Von Manfred Haferburg und Klaus-Dieter Humpich ist soeben in der Achgut-Edition das Buch
erschienen. Das Nachwort stammt von dem Wissenschaftsphilosophen Michael Esfeld. Sie können es hier in unserem Shop bestellen,
Zum Inhalt des Buches: Es ist keine Frage ob, sondern lediglich wann „die dümmste Energiepolitik der Welt“ (wallstreet-Journal) – in Deutschland euphemistisch „Energiewende“ genannt – beerdigt wird. Und was dann? Überall auf der Welt werden längst wieder die Weichen für die Kernenergie gestellt, CO2-frei wie bisher, aber intelligenter, resilienter, mobiler und preiswerter als je zuvor. Die Atomenergie kann auch hierzulande der Nukleus für einen neuen Wohlstand sein, auch diese Einsicht wird sich unter der Last des Faktischen durchsetzen. Die beiden Energieexperten Manfred Haferburg und Klaus-Dieter Humpich analysieren den deutschen Irrweg und zeigen Wege aus der Sackgasse. Dieses Buch ist ein Almanach der Vernunft für alle, die in Deutschland erfolgreich wirtschaftlich tätig sind und damit fortfahren wollen.