Rainer Klute, Gastautor / 06.02.2020 / 14:00 / Foto: Pixabay / 5 / Seite ausdrucken

Atom-Recyling im Schnellreaktor

Von Rainer Klute.

Der BN-800-Reaktor im russischen Kernkraftwerk Belojarsk ist nach Angaben des Nuklearkonzerns Rosatom jetzt mit einer ersten Charge MOX-Brennelementen aus der Serienfertigung in Betrieb. Dieser Brennstoff enthält sowohl Reaktorplutonium, das aus den gebrauchten Brennelementen herkömmlicher Kernreaktoren gewonnen wird, als auch abgereichertes Uran, das bei der Urananreicherung als Abfall anfällt.

Die 18 MOX-Brennelemente waren bereits im August angeliefert worden und im letzten Quartal 2019 im Zuge einer größeren Inspektion in den Reaktorkern des BN-800 geladen worden. Seit dem 28. Januar 2020 ist die Anlage wieder in Betrieb.

Während herkömmlicher Kernbrennstoff aus angereichertem Uran (U-235) besteht, setzt sich MOX-Brennstoff ("Mischoxid") aus zwei unterschiedlichen Bestandteilen zusammen: Da sind zum einen Reststoffe, die in herkömmlichen Kernreaktoren als Abfall anfallen und für die Herstellung der BN-800-Brennelemente recycelt wurden. Entscheidend unter diesen Reststoffen ist vor allem das Plutonium, das maßgeblich die Radiotoxizität hochaktiver Abfälle bestimmt. Ein weiterer Bestandteil der MOX-Brennelemente ist abgereichertes Uran (U-238). Es fällt in Urananreicherungsanlagen als Abfall an und lässt sich in den üblichen Leichtwasserreaktoren nicht nutzen. In Schnellen Reaktoren können aber beide Abfallarten als Brennstoff dienen.

Im ersten Schritt wurden nur 18 MOX-Brennelemente in den Reaktorkern des BN-800 geladen. Betreiber Rosenergoatom und Brennstoffhersteller TVEL wollen aber noch in diesem Jahr weitere 180 dieser Brennelemente ergänzen. Bis Ende 2021 sollen sämtliche Uran-Brennelemente durch MOX-Brennstoff ersetzt sein. Der BN-800 wäre dann der erste russische Schnellreaktor mit einem reinen MOX-Kern.

Vorteile einer nuklearen Kreislaufwirtschaft 

Eigentlich hatte der BN-800 von Anfang nur mit MOX-Brennelementen an den Start gehen sollen. Allerdings traten an den seinerzeit noch experimentellen, handgefertigten MOX-Brennelementen technische Probleme auf. Dadurch konnte der Reaktor zunächst nicht komplett mit MOX betrieben werden. Stattdessen kam ein Hybridkern aus Uran- und MOX-Brennelementen zum Einsatz. Diese ersten MOX-Brennelemente enthielten Waffenplutonium aus ehemaligen sowjetischen Atomsprengköpfen.

Die neuen MOX-Brennelemente hingegen wurden nicht mehr manuell hergestellt. Sie stammen aus der industriellen Serienproduktion, die das Bergbau- und Chemiekombinat in Schelesnogorsk Ende 2018 aufnahm.

Witalij Chadejew, Vizepräsident für die Entwicklung von Technologien und Industrieanlagen für den geschlossenen Kernbrennstoffkreislauf bei TVEL JSC, erläutert die Rosatom-Strategie: Ziel sei ein Zweikomponenten-Kernkraftsystem aus herkömmlichen Leichtwasserreaktoren und Schnellreaktoren sowie das Schließen des Brennstoffkreislaufs, also die Einführung einer nuklearen Kreislaufwirtschaft. Dies würde nach Chadejews Worten den verfügbaren Brennstoff für Kernkraftwerke exponentiell steigern. Außerdem sei die Wiederverwertung des gebrauchten Kernbrennstoffs anstelle einer Endlagerung möglich. Schließlich könne man die bislang ungenutzen Vorräte an Plutonium und abgereichertem Uran in den Brennstoffkreislauf einbeziehen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Nuklearia.

 

Rainer Klute ist Diplom-Informatiker, Nebenfach-Physiker und Vorsitzender des Nuklearia e.V. Seine Berufung zur Kernenergie erfuhr er 2011, als durch Erdbeben und Tsunami in Japan und das nachfolgende Reaktorunglück im Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi auch einer seiner Söhne betroffen war.

Foto: Gendarmerie nationale CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Gerald Krüger / 06.02.2020

Danke! Das bekommt man sonst nur, wenn überhaupt, in Fachzeitschriften zu lesen. Die kernkraftfeindlichen MSM verschweigen solche Entwicklungen mit aller Macht.

Klaus Kalweit / 06.02.2020

Das Problem ist, wie mache ich es dem bunzeldeutschen Atomphobiker klar, daß wir hier am Anfang einer vielversprechenden Energiewende stehen (könnten), die noch dazu CO2-frei ist, falls das überhaupt ein Argument ist und die Theorien über den durch das Lebensgas verursachten Klimawandel stimmen.

J.G.R. Benthien / 06.02.2020

Danke für die Information, die man sicher nicht in den deutschen Mainstream-Medien lesen wird. Manfred Haferburg hatte hier ja schon mal über den Reaktor berichtet. Ich finde es bewundernswert und eindruckvoll, was die Russen dort entwickelt und gebaut haben.

Werner Geiselhart / 06.02.2020

Diese Meldung wird in deutschen Mainstream-Medien nie erscheinen. Damit wäre ja ein Hauptargument gegen die Kernenergie, der Atommüll-Anfall, so ziemlich erledigt. Die Nachfolger des BN-800 werden dann noch inhärent sicher sein, so dass das Sicherheits-Argument auch hinfällig wäre. Man stelle sich vor, unbegrenzte, sichere, zuverlässige und CO2-freie Stromerzeugung zum günstigen Preis. Dazu genügend Fernwärme und Prozesswärme zur Darstellung z.B. von Treibstoffen. Laut Linksgrün geht das gar nicht, die bevorzugen eine Technologie, die Naturlandschaften in Industriegebiete verwandelt, die der Natur schadet, die Gesundheit der Anlieger gefährdet, nicht recycelbar ist und Strom nur liefert, wenn der Windgott gnädig gestimmt ist. Einfach irre!

Rudhart M. H. / 06.02.2020

Aber , aber - die hüpfenden Klimafruchtzwerge beherrschen doch nicht mal den 3-Satz, geschweige haben Sie ja etwas von Herrn Mendelejew und seinem Periodensystem gehört und wenn, dann denken die Annalenas doch eher an eine Tabelle zur Bestimmung ihres Eisprunges , wenn sie Periodensystem hören. Und die vielen Kobolde, die sich überall und auch im Netz verstecken und dort mit Speichern spielen. Atom-Recycling , das kann doch nur Fascho-Propaganda sein und da sei Gott vor ! Amen und Gute Nacht ! Wer die Atomenergie so verteufelt, daß gleich auch die Forschung im Fach soetwas von pfui ist, der braucht sich nicht zu wundern, daß Deutschland auch in dieser Fachdisziplin abgehängt wurde. Wenn heute jemand auf die Idee käme, einen Textilbetrieb in Deutschland auf die grüne Wiese zu stellen, der hätte weder Facharbeiter, noch Vorarbeiter oder Meister, der hätte aber auch keine Textilingenieure und auch keine Textilmaschinenbauer mehr , die irgendwie behilflich sein könnten, das Projekt auf die Beine zu bringen. Aus , vorbei - unwiederbringlich und definitiv - finis ! Das betrifft aber auch andere Branchen , von denen wir uns langsam , aber sicher verabschieden , in denen nicht mehr ausgebildet wird , nicht mehr geforscht wird und auch keiner mehr arbeiten will , weil ja jeder weiß, daß der Gaul schon tot ist, den man vielleicht hätte reiten können. Das geht eindeutig in Richtung Steinzeit - das Mitelalter überspringen wir gleich , denn rückwärts geht’s eben immer schneller , das weiß doch jeder Wanderer. Wohl dem , der da woanders wohnt, wo Wissenschaft und Forschung noch etwas zählen und wo man diese zum Wohle aller einzusetzen gedenkt ! Nein , wir brauchen nicht vom Weltraumbahnhof zu träumen, bei uns träumt es sich besser von einem Ausleihterminal für Lastenfahrräder mit elektrischem Hilfsantrieb , dafür gibt es sogar Forschungsgelder von der Bergakademie Freiberg , also wohlgemerkt für das Ausleihsystem nicht für die Batterieproduktion !

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