Als am vergangenen Sonntag in Berlin gegen Fremdenfeindlichkeit demonstriert wurde, war auch eine Organisation mit dabei, die sich bisher durch ihr Eintreten gegen den Einfluss jeglicher Religion in Staat und Gesellschaft auszeichnete. Es ist die Giordano-Bruno-Stiftung, benannt nach dem 1600 von der Heiligen Inquisition auf dem Scheiterhaufen als Ketzer verbrannten italienischen Priester, Dichter, Philosophen und Astronomen gleichen Namens. Im Gegensatz zu Opfern des IS Terrors, so erklärte mir einmal ein katholischer Theologe, sei Bruno nicht etwa unrechtmäßig hingerichtet worden; es habe zuvor ein ordentliches Gerichtsverfahren gegeben.
Die GBS nennt sich „Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung“, sie tritt ein für eine „tragfähige humanistische, rationale und evidenzbasierte Alternative zu den traditionellen Religionen“ und möchte dieser „gesellschaftlich zum Durchbruch zu verhelfen.“
Ob der Stiftung ihr Mitdemonstrieren gegen Fremdenfeindlichkeit bei in Deutschland lebenden Japanern, Griechen, Italienern, Vietnamesen oder Luxemburgern positiv aufgefallen ist, ist zumindest fraglich. Unangenehm aufgefallen ist sie jedenfalls Menschen, die bisher durchaus Sympathien für die GBS hegten. So wie ich. Auch mir wäre sehr daran gelegen, wenn sich Religionen jeglicher Art auf das ihnen zustehende Wirken im Privaten beschränken würden. Somit konnte ich das Anliegen der Stiftung bis jetzt durchaus anerkennen und unterstützen.
Dass sich ausgerechnet diese Vereinigung eins machte mit den Veranstaltern der Demonstration, ist schwer zu verstehen. Daran ändert auch nicht eine Erklärung ihres Vorstandssprechers Michael Schmidt-Salomon, die offensichtlich durch massive Proteste bisheriger Sympathisanten nötig wurde. Denn natürlich haben sich diese Befürworter eines säkularen Deutschlands gefragt, was ausgerechnet die GBS auf einer Veranstaltung sucht, der es nicht um ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit, sondern für ungebremste Zuwanderung und weiteren Einfluss des Islams in Deutschland ging. Dass es im Verlauf der Demonstration dann sogar noch zu anti-israelischen Ausschreitungen kam, konnte man bei der GBS zwar nicht wissen, aber durchaus ahnen.
Auf demselben dünnen Brett unterwegs
Für Kenner der Humanistenszene kam das Mitmachen bei #unteilbar nicht völlig überraschend. GBS Kuratoriums-Mitglied Jaques Tilly, Erbauer von Karnevalswagen, hatte bereits vor einiger Zeit vorgelegt: einen Wagen, der einen IS Terroristen zeigt, wie er eine AfD Gestalt als „nützlichen Idioten“ vor sich her treibt. Man muss kein AfD Anhänger sein, um das im freundlichsten Sinne „Schwachsinn“, im deutlichsten Sinne „infam“ zu nennen.
Und nun also der ganze Verein, im Gleichmarsch mit dem ZDM, mit Antisemiten, mit gewaltbereiten Linken, mit türkischen Nationalisten, mit Zuwanderungsbesoffenen. „Wir hatten damit gerechnet, dass unsere Beteiligung an der Großdemo #unteilbar Unverständnis, Kritik, ja Empörung auslösen würde“ schreibt Vorstandssprecher Schmidt-Salomon danach in seiner Erklärung. Und als habe man sich zum ersten Mal überhaupt mit dem Islam beschäftigt, bemüht er uralte Kamellen wie die Trennung zwischen „Islamismus“ und Islam, er erfindet neue Wörter wie „Antimuslimismus“ und unterscheidet zwischen „politischem Islam“ und privatem; letzterer stört einen Verein für eine „evidenzbasierte Alternative zu den traditionellen Religionen“ nicht weiter.
Da arbeitet man sich lieber am Christentum ab. Schmidt-Salomon behauptet, dass „Trump, Putin, Orbán, die AfD und Pegida wie blinde Marionetten nach den Vorgaben des Terrorhandbuchs der Islamisten“ agieren. Kurz: auch der Sprecher und die GBS sind auf dem selben dünnen Brett unterwegs wie alle anderen, die der ungehinderten Migration und dem dadurch erleichterten Einfließen von Terroristen Richtung Europa das Wort reden.
Dabei gehört unter anderem Hamed Abdel-Samad zu den Beiräten der GBS, also jemand, der mehr als alle anderen Islamkritiker – unter ständiger Lebensgefahr – immer wieder darauf hinweist, dass der Islam mehr ist als nur eine harmlose Gottesverehrung. Vermutlich ist er nicht entzückt über die Teilnahme der GBS an #unteilbar, so wie die zahlreichen Kritiker, die auf der Facebookseite der GBS ihrem Entsetzen Ausdruck verliehen haben. Was haben MS-S und die übrigen GBS-Verantwortlichen eigentlich von dem begriffen, was Hamed Abdel-Samad seit Jahren schreibt und in Vorträgen erläutert?
Schmidt-Salomon begründet die Teilnahme der GBS an dem Berliner Sonntagsmarsch damit, man müsse im Gespräch bleiben, und man dürfe sich nicht dem Austausch verweigern und nennt sein Mitlaufen „eine hilfreiche Arbeitsgrundlage für die weitere Diskussion“. Warum alles das nur möglich sei, wenn man sich an einer Kundgebung beteiligt, auf der es zu Übergriffen gegen Träger einer Deutschlandfahne sowie antijüdische Aktionen kam, ist nicht nachzuvollziehen.
Zuckerwürfelverteilende Kinderzahnärzte
Die stellvertretende Vorsitzende von TERRE DES FEMMES e.V. hat im Namen ihrer Organisation zu #unteibar erklärt: "Ich kann nicht solidarisch sein mit Initiativen, die Homosexuelle an Baukränen aufknüpfen, antisemitische Selbstmordattentate gut heißen und die Einführung von Scharia Gerichten fordern. Die Adolf Hitler preisen, und ihren Islamismus und Antisemitismus mit ihm rechtfertigen. Die Frauenrechte mit Füßen treten und Krieg gegen sie führen." Und der Fernsehmoderator, Autor und Schauspieler Nils Ruf twittert: „Wer heute bei #unteilbar mitläuft, demonstriert für die Freiheiten der rückständigsten, schwulen-, juden- und frauenfeindlichsten Macho-Ideologie und GLEICHZEITIG für Feminismus & Schwulenrechte. Zuckerwürfelverteilende Kinderzahnärzte wären nicht absurder."
Der GBS hatte diese Vorbehalte erkennbar nicht. Und hat sie weiterhin nicht, wie sich aus dem nachgeschobenen Statement Schmidt-Salomons entnehmen lässt. Er bezeichnet Widerspruch als „wüste Kommentare“ und unterstellt den Kritikern seiner Rechtfertigung „dass einige Kommentatoren sich offenbar davor scheuen, Texte zu lesen.“
Dem ist mitnichten so. Die Kritiker haben einfach nur die Worte der GBS mit dem am Sonntag eindrucksvoll gezeigten Tun verglichen und festgestellt, dass da nichts zusammen passt. „Und was ist mit den nicht „wüsten“, sondern fundierten, kritischen Kommentaren? Haben die euch auch einfach im ‚Weiter so!‘ bestärkt?“, fragt einer bei Facebook die GBS auf ihrer Seite. Nein, habe sie nicht, Es bleibt, wie ein anderer Diskutant schreibt, bei „Diffamierung von Kritikern und Islamismusgegnern.“