Gastautor / 18.09.2024 / 14:00 / Foto: Pixabay / 60 / Seite ausdrucken

Asylpolitik: Jetzt wirken die Stimmen für die AfD

Von Roland Springer.

Um den weiteren Aufstieg der AfD zu stoppen, übernehmen die Etablierten hektisch Teile der AfD-Asylpolitik, bei gleichzeitigem Festhalten an der Brandmauer und werden damit wohl scheitern.

Wer sich die jüngsten asylpolitischen Absichtserklärungen nicht nur der beiden Unionsparteien, sondern auch von SPD und FDP sowie selbst von den Grünen anschaut, fragt sich verwundert, was während seines Sommerurlaubs, den er vielleicht in weiter Ferne ohne Verbindung in die Heimat verbracht hat, in Berlin geschehen ist. Asylpolitische Maßnahmen zur Begrenzung des massenhaften Zustroms von Einwanderern über den Asylweg, die vor kurzem noch als in keiner Weise durchführbar galten oder als menschenfeindlich gebrandmarkt wurden, sind unverhofft zum Bestandteil eines Maßnahmenpakets der Ampelkoalition sowie eines Forderungskatalogs der beiden Unionsparteien geworden.

Vordergründig geht es dabei um die Wiederherstellung staatlicher Kontrolle über eine völlig aus dem Ruder gelaufene irreguläre Einwanderung nach Deutschland, um so den seit Jahren anhaltenden Zustrom von Asylbewerbern endlich wieder signifikant zu reduzieren.

Tatsächlich geht es den etablierten Parteien angesichts der jüngsten Wahlerfolge der AfD aber vor allem darum, durch eine restriktivere Asylpolitik zu erreichen, dass bei anstehenden Wahlen nicht noch mehr Wähler ihr Kreuz bei einer Partei machen, die bislang als einzige eine solche forderte. Neuerdings proklamiert allerdings auch das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) eine solche Politik und beruft sich dabei unter anderem auf die dänischen Sozialdemokraten.

Restriktivere Asyl- und Migrationspolitik?

Während Wagenknecht für sich in Anspruch nehmen kann, sich schon als erfolglose Abweichlerin der Linken für eine restriktive Asylpolitik stark gemacht zu haben und dies somit nicht erst seit kurzem zu tun, gilt dies für die drei Ampelparteien nicht. Ganz im Gegenteil stehen sie seit Jahren für eine Politik, die das Asylrecht dazu nutzen möchte, den deutschen Arbeitsmarkt mit fehlenden Arbeitskräften zu versorgen, was naturgemäß auch von zahlreichen Unternehmensführern befürwortet wird. Einzig in den beiden Unionsparteien scheinen inzwischen dagegen jene Kräfte an Einfluss zu gewinnen, die diesen rechtswidrigen, staatlich betriebenen Missbrauch des Asylrechts zur Arbeitsmigration beenden wollen, nachdem er von CDU-Kanzlerin Angela Merkel überhaupt erst in großem Stil in Gang gesetzt worden ist.

Diese Kräfteverschiebung innerhalb der beiden Unionsparteien ist freilich allein den Wahlergebnissen im Osten und den Umfragen für die Bundestagswahl 2025 geschuldet Sie sorgen dafür, dass nicht nur den Ampelparteien, sondern auch CDU und CSU das Wasser am Hals steht. Das hat mittlerweile sogar dazu geführt, dass seitens der Unionsführung von der Ampel eine umgehende Rückkehr zu Artikel 16a des Grundgesetzes mit seinem Ausschluss eines Anspruchs auf Asyl für Bewerber aus sicheren Drittstaaten verlangt wird; zusätzlich fordert sie die flächendeckende Schließung der deutschen Grenzen für illegal eingereiste Zuwanderer, was die Ampel weiterhin strikt ablehnt. Der am Dienstag dieser Woche veranstaltete Asylgipfel zwischen Ampel und Union haben CDU und CSU daher für gescheitert erklärt. Angesichts dieser Sachlage und ihrer Brandmauer gegenüber der AfD bleibt ihnen für die Realisierung einer Rückkehr zu Artikel 16a einschließlich Grenzschließungen aller Voraussicht nach nur das neulinke BSW als Koalitionspartner übrig, sollte die Union bei der nächsten Bundestagswahl wie gewünscht wieder vorne liegen.

Festzuhalten ist daher: die Wahlerfolge der AfD (und neuerdings auch des BSW) haben inzwischen dazu geführt, dass nicht nur in den beiden Unionsparteien, sondern selbst in Teilen der Ampelkoalition die Bereitschaft steigt, den seit rund zehn Jahren eingeschlagenen, rechtswidrigen Irrweg einer Einwanderungspolitik via Asyl zumindest teilweise zu verlassen und zu einer etwas restriktiveren Asyl- und Migrationspolitik mit schärferen Kontrollen an den deutschen Außengrenzen, sporadischen Zurückweisungen und sogar Inhaftierungen zurückzukehren. Sie übernimmt dafür in abgeschwächter Form Forderungen der AfD, die vor allem die Grünen und die SPD seit Jahren als rechtsextrem denunziert und bekämpft haben.

Die AfD muss sich keine Sorgen machen

Die AfD regiert insofern in der Asylpolitik, obwohl sie nicht mit am Kabinettstisch sitzt, in Berlin indirekt schon mit. Gleichzeitig werden alle Ampelparteien wie auch die beiden Unionsparteien nicht müde, zu betonen, mit dieser neurechten Partei niemals regieren und noch nicht einmal sprechen zu wollen. Mit diesem Vorgehen verhelfen sie der AfD wider Willen in eine ausgesprochen komfortable Lage. Nicht nur deren bisherigen Wähler registrieren nämlich sehr wohl, dass allein sie mit ihrem Kreuz bei der AfD den asylpolitischen Richtungswechsel bei den etablierten Parteien ausgelöst haben, den diese allerdings nicht aus innerer Überzeugung, sondern aus bloßer parteitaktischer Not vollziehen. So etwas übersehen und vergessen Wähler nicht. Vielmehr lernen sie, wie man Politik auch beeinflussen kann, indem man Parteien, die über Jahre eine Art Kartell zur Verhinderung eines demokratisch ausgetragenen, politischen Wettbewerbs bei einem in der Wählerschaft höchst umstrittenen Thema gebildet haben, Stimmen, Mandate und damit auch Gelder entzieht.

Die AfD muss sich von daher keine Sorgen machen, die Wähler würden ihr wieder den Laufpass geben, da nun die etablierten Parteien ihre asylpolitischen Forderungen mehr oder weniger übernehmen und in praktische Politik umsetzen wollen. Zugleich muss sie auch keine Verantwortung dafür übernehmen, sollte die Umsetzung ihrer Forderungen durch andere Parteien schlecht bewerkstelligt werden oder möglicherweise nicht das bewirken, was sich ihre Verfechter von ihnen versprechen. Verantwortlich bleiben allein die etablierten Parteien, solange die AfD nicht als Regierungspartei unter Beweis stellen muss, eine bessere Asyl- und Migrationspolitik nicht nur verkünden, sondern mit eigenen Maßnahmen auch erfolgreich betreiben zu können.

Der Ansatz, einer demokratisch gewählten Partei trotz ihrer Wahlerfolge jegliche Zusammenarbeit in Regierung und Opposition zu verweigern und gleichzeitig einen Teil des Kernbestands ihrer politischen Forderungen einfach zu übernehmen, um sie so wieder zum Verschwinden zu bringen, dürfte sich für die etablierten Parteien daher schon bald ebenso als Fehlschlag erweisen wie der jahrelange Versuch, sie mit der Nazi-Keule zu besiegen. In welchem Ausmaß außer der AfD auch das asylkritische Start-up BSW daraus bei den nächsten Wahlen zusätzlichen Honig zu saugen vermag, muss sich erst noch zeigen.

Prof. Dr. Roland Springer studierte in Deutschland und Frankreich Soziologie und promovierte im Bereich Arbeit und Organisation. Nach mehrjähriger Forschungstätigkeit an den Universitäten Darmstadt und Göttingen arbeitete er viele Jahre als Führungskraft in der Daimler AG. Er leitet eine eigene Beratungsfirma, ist Autor mehrerer Bücher und lehrte bis zu seiner Pensionierung als außerplanmäßiger Professor an der Universität Tübingen.

Foto: Pixabay

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Hans-Joachim Gille / 18.09.2024

Naja, das BSW wird bald, als reine Nachfolge-Schlampe für die FDP, um Regierungen zu ermöglichen, ohne zu liefern, massive Einbußen erleiden.

Christine Holzner / 18.09.2024

Sehr optimistisch. Ein Volk, das 2015 gejubelt hat (zumindest zu grossen Teilen) oder das Maul nicht aufgekriegt hat (geschweige denn, anders gewählt hätte) oder neben dem Jubeln jeden zum Nazi erklärt hat, der auch nur einen Hauch von Realitätssinn bewies, das soll jetzt nicht vergessen? Das hat es doch schon, und das nicht nur bei der Migration (ich sage nur: Corona): Die Merkel-CDU - und das bleibt sie, solange sie sich nicht von deren Politik distanziert (was sie nie tun wird) - wird fleissig weitergewählt, denn die Brandmauer-Propaganda wirkt. Vielleicht nicht mehr bei so vielen wie noch vor einer Weile. Aber bei genügend vielen.

Harald Hotz / 18.09.2024

Ich vermute, der derzeitige Aktivismus bei den Regierenden wird nur bis zum nächsten Wahlsonntag anhalten, und selbst wenn die Maßnahmen zur Grenzüberwachung längere Zeit anhielten, hätten sie wohl keinen nennenswerten Einfluß auf die Zuwanderung, schließlich gibt es ja auch eine grüne Grenze. Sofern das “Sesam-öffne-Dich” mit dem Zauberwort “Asyl” nicht abgeschafft wird, wird sich garnichts ändern. Und dafür braucht es eine 2/3 Mehrheit im Bundestag zur Änderung der Verfassung. Die Bürger müssen also, wenn sie eine nachhaltige Veränderung wollen, fleißig weiter AFD wählen, und das wissen sie auch. - Asyl für wirklich politisch Verfolgte sollte ein nicht einklagbares Gandenrecht sein, das bei Vorliegen handfester Gründe üblicherweise gewährt wird, aber ein Bleiberecht für jeden Dahergelaufenen, weil es ihm in seinem Shithole-Country nicht gefällt, und er zu faul, zu feige oder zu blöde ist, um sich dort für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse einzusetzen, ist nicht hinnehmbar.

Rainer Niersberger / 18.09.2024

Angeblich geht es um den Bedarf an Fachkräften, den man aus Afrika und dem nahen und mittleren Osten decken moechte. Abgesehen von den bekannten Fragen zur Qualifikation erschließt sich mir nicht, wie der allgemein bekannte, laufende Arbeitsplatzabbau in sehr grossem Stil damit zusammenpasst. An der erfolgreichen Durchmischung durch die Transformatoren von Flüchtlingen, Asylbegehrenden und Migranten ist offenbar nichts zu aendern. Aehnlich dem Klima machen auch hier wieder fast alle mit, wie immer auch die Liberalkonservativen. Abgesehen von der Unschärfe bei der Legalitaetsfrage ist man im Kartell offenbar uebereingekommen, derartige Differenzierungen mit gewissen Folgen einfach wegzulassen und vor allem immer wieder hin und herzuspringen. Wie man es eben braucht. Mal sind es “Geflüchtet”, vor wen oder was auch immer, mal sind es immigrierende, willkommene Fachkräfte. Vereinfacht formuliert sind sie weder das eine, noch das andere. Aber das wuerde den Liberalkonservativen wegen der Konsequenzen auch nicht gefallen. Und natuerlich aendert sich auch in diesem Punkt nichts, gar nichts.

Alex Müller / 18.09.2024

Die Schließung von Grenzen durch Kontrollen ist völlig utopisch. Wer über die Grenze gelaufen kommt und Asyl beantragt, ist drin im System. Wohin sollte man ihn auch zurückschicken? Es ist ja keiner auf der tschechischen, österreichischen oder polnischen Seite, der ihn entgegennehmen würde. Wenn man den Asylbewerber nicht unter vorgehaltener Waffe an der Grenze verhungern lassen möchte, wird das nichts. Zumal man die Grenze i.d.R. problemlos abseits der Straße überqueren kann. Wer argumentiert, bei Corona hätte das doch auch funktioniert, verkennt, daß die Situation eine gänzlich andere ist. Damals wurden Einheimische zurückgewiesen. Sie kamen i.d.R. mit einem Auto, hatten eine Wohnung, zu der sie zurückkehren konnte, und bei illegalem Übertritt drohte eine empfindliche Strafe. All das ist beim Asylbewerber nicht der Fall. Insofern sind die angekündigten Grenzkontrollen eine reine Farce, wenn man nicht, wie Ungarn, einen Zaun um das ganze Land bauen will. Sofern man sich nicht dazu durchringen kann, die finanzielle Unterstützung illegal Eingereister weitgehend einzustellen, wird die Migration immer so weiter gehen. Warum sollte sie sonst stoppen? Jeder Migrant, egal ob analphabetischer Asylbewerber oder hochgebildeter Ingenieur, sucht sich das für ihn am meisten versprechende Land aus. Solange das Deutschland ersterem Sozialleistungen gewährt, werden die Menschen weiter kommen. Wer von uns würde es nicht tun, wenn sich ihm die Gelegenheit böte?

O.Resch / 18.09.2024

“staatlich betriebenen Missbrauch des Asylrechts zur Arbeitsmigration beenden wollen,”, Aha, wieder was gelernt. Arbeitsmigration nennt man das also, wenn Millionen Analphabeten und sonstige Niedrigqualifizierte zum weit überwiegenden Teil in die Sozialsysteme einwandern.

Dr. Klaus Jürgen Bremm / 18.09.2024

Wir werden wohl noch 5 Jahre auf den echten Wandel warten müssen. Danke an die piefigen selbstgerechten Halboppositionellen wie Sarazin und Konsorten. Danke auch an die so genannten Bürgerlichen, die sich für alles zu fein sind. Danke für garnichts.

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