Thilo Schneider / 28.01.2025 / 12:00 / Foto: Pixabay / 115 / Seite ausdrucken

Aschaffenburg: Meine Trauer um meine Stadt

Die Regierungs- und Parteienvertreter waren nun alle da, haben wahlkampfgerecht getrauert, ihre Kränze hinterlassen und sind weg. Zurück bleibt eine Stadt, die wie das ganze Land unter den Folgen der Politik der letzten Bundesregierungen und der sie tragenden Parteien leidet.

So, meine Damen und Herren und Diverse, waren dann alle da? Der Aschaffenburger OB hat einen Kranz abgeworfen, dann hatten wir den CSU-Innenminister Herrmann hier gehabt, außerdem Björn Höcke, was immer er hier wollte und in welcher Funktion er auch immer hier war, und dann hatten wir das Trauerhighlight am Sonntag in unserer zentralen Stiftskirche, da haben dann Markus Söder als Landesvater, Nancy Faeser als Unschuldige und Claudia Roth als gutes Gewissen ihre Kränze geschleudert. Begleitet von salbungsvollen Worten und wie schadeschade doch alles ist. 

Außerdem gab es eine „Demo gegen Rechts“ von unserem Bündnis aus Grünen und Antifa, „Aschaffenburg bleibt bunt“, und die haben sich ganz tapfer der AfD und einem weiteren Aufzug unter dem Namen „Rhein-Main steht auf“ entgegengestellt, bei denen gerne mal Mitglieder der „Heimat“, also der umbenannten NPD, mitlaufen. 

Ich als Aschaffenburger muss sagen: Mich widert das alles nur noch an. Jeder kocht sein ideologisches und parteipolitisches Süppchen, jeder fordert und jeder stellt sich so gut wie möglich selbst dar. 

Die tatsächlich würdevollste Veranstaltung fand kurz nach der Tat – ebenfalls vom Bündnis „Aschaffenburg bleibt bunt“ initiiert – in unserem Schöntal-Park statt. Keine Banner, keine Spruchbänder, keine Parolen, keine Fahnen – einfach nur schweigendes Gedenken von etwa 2.500 Menschen, wenngleich es sich eine der üblichen Verdächtigen nicht verkneifen konnte, vor der Presse zu erwähnen, wer denn die Initiatoren sind. Aber sei es drum. Die allermeisten kamen nicht wegen, sondern trotz des Aufrufs von „Aschaffenburg bleibt bunt“. 

Ich glaube, die allermeisten Menschen hier in Aschaffenburg trauern tatsächlich. Aber nicht um die Toten. Wahre und echte Trauer über den Tod von Menschen kann man schätzungsweise nur im engeren Familien- und Freundeskreis, im persönlichen Kontakt empfinden. Wenn dieser Mensch, den man kannte und geliebt hat, plötzlich und unwiederbringlich nicht mehr da ist. Man ihn nicht mehr sehen, sprechen, hören, fühlen kann. Wenn alles, was einmal war, nicht mehr ist und nie mehr sein wird. Wenn sich dadurch auch das eigene Lebensumfeld plötzlich verändert.

Ich fühle mit denen, die einen geliebten Menschen verloren haben, aber ich hatte weder zu dem zweijährigen Opfer noch zu seinem ermordeten Retter irgendeinen Kontakt. Sie fehlen mir nicht in meinem persönlichen, emotionalen Umfeld, um das ganz ehrlich zu sagen. Genauso wenig fehlen diese Menschen Markus Söder, Claudia Roth, Nancy Faeser, Björn Höcke oder den ganzen anderen Pappnasen, die jetzt ihre jeweiligen Kränze mit wichtigtuerisch-betroffenem Blick am Tatort abwerfen. Wir wissen doch alle – danach geht es wieder schön nach München und Berlin zum nächsten Buffett.  

Wollen wir unsere Gesellschaft retten?

Worüber ich tatsächlich trauere, ist, was aus meiner Stadt geworden ist. Dass ich nicht mehr einen fucking Stadtpark durchqueren kann, ohne mich umzusehen. Dass ich sehe, so schnell wie möglich aus dem Bahnhof und seiner Umgebung wegzukommen. Dass die Häuser mit miserablen Graffitis im übertragenen und die einst schönen und gepflegten Straßen im buchstäblichen Sinne vollgeschissen sind. Dass ich die Stieftöchter immer mit einem mulmigen Gefühl in den öffentlichen Verkehrsmitteln reisen lasse. Das meine einst liebenswerte Stadt zu einem Shithole wurde. 

Die Toten in unserer Stadt sind nur der Gipfel und die letzte Konsequenz aus einer Politik des laissez-faire, des Laufen-Lassens, die entweder zu faul, zu bequem oder zu dumm und unfähig ist, frühzeitig klarzumachen, was wir von denen, die „neu hinzukommen“, wollen und erwarten. Im Umkehrschluss haben wir allerdings derzeit auch wenig zu bieten: Wer je ein sogenanntes „Asylbewerberheim“ von innen gesehen hat – und das habe ich tatsächlich anlässlich einer Betriebsbegehung –, der weiß, dass diese mit unseren Zielen und dem, was wir unter „menschenwürdiger Unterbringung“ verstehen, nur rudimentär etwas zu tun haben. Das sind im besten Fall Kasernen, im schlimmsten Fall Ruinen mit blätterndem Putz und fließend kaltem Wasser. An den Wänden. Und eingepferchten Menschen, bei denen sich die Opfer und ihre Folterknechte von gestern schon wieder begegnen. Niemand darf erwarten, wenn er nach Deutschland geflüchtet ist, in einem Spa bei Vollpension untergebracht zu werden – aber was wir in den entsprechenden „Auffangstellen“ den Leuten zumuten, ist nichts, was gute Laune macht oder Perspektive gibt. 

Und da sind wir beim nächsten Punkt: Das Versprechen Deutschlands lautete immer: Sei fleißig, dann kannst Du Dir etwas erschaffen. Dieses Versprechen gilt in zweierlei Hinsicht nicht mehr: Wer fleißig ist, wird ausgenommen und gerupft wie die sprichwörtliche Weihnachtsgans; wer nichts tut, weil er nichts kann oder nicht will, wird mit Benefits zugeschüttet, die ihm einen durchaus unterhaltsamen Lebensstil ermöglichen, wenn er sich etwas einschränkt. 

Tote kann niemand zurückholen – aber das Versprechen, das meine Stadt und das Deutschland einst verkörperten, das können wir uns zurückholen, indem wir wieder „gerade Linien“ ziehen. Nach dem letzten Krieg waren unser Aschaffenburger Schloss und das daran anschließende „Pompejanum“ nur noch rauchende Trümmer und unwiederbringlich verloren. So schien es. Unsere Großeltern und Eltern haben die Trümmer beiseite gekarrt und die Gebäude wiederauferstehen lassen. Es wäre doch gelacht, wenn uns das mit unserer Gesellschaft nicht auch gelingen würde. Wenn wir das ernsthaft wollen! Wollen wir?

(Weitere optimistische Artikel des Autors unter http://www.politticker.de

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Foto: Pixabay

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Leserpost

netiquette:

P. Bruder / 28.01.2025

Klingt wie eine Drohung. Erst muss etwas in Trümmern liegen, bevor man die Trümmer beiseite karren kann. Sich an den Überlebenden der Tätergeneration orientieren zu wollen, ist vermessen und moralisch fragwürdig, vorallem, wenn man sich sonst ständig von ihren sonstigen Machenschaften abheben will. Wir schaffen das! von Merkel atmet denselben Geist. Die Superachiver und Leistungsträger der FDP schaffen es mit ihrer aufgeklärten Eigenverantwortung nicht einmal, auf einen Posten in der Koalition zu verzichten und verhelfen so den bösen Grünen zur Macht.

Steffen Huebner / 28.01.2025

Peter Scholl-Latour hat einmal das Asyl-und Migrationsproblem Deutschlands mit „Wer halb Kalkutta aufnimmt, hilft nicht etwa Kalkutta, sondern wird selbst zu Kalkutta“ charakterisiert - Ziel wird demnächst erreicht. VG Lohse

Dr. Günter Crecelius / 28.01.2025

‘Unser Land wird sich gründlich ändern, und ich freue mich darauf’. Also sprach unsere geliebte Bundestags Vizepräsidentin Göring-Eckard angesichts des Einzugs der Horden von Heiligen, Ingenieuren, Chefärzten, Programmierern,.2015, willkommen geheißen von besonders Menschinnen mit Teddybärchen und bejubelt von den Qualitätsmedien und denjenigen, die sich dafür halten. Und sie erwieß sich als wahre Prophetin. Ihr - und mein - Pech, daß wir diese schöne neue Welt so gar nicht goutieren. Vielleicht, und im Sinne unserer Nomenklatura ganz sicher, sind wir und unseresgleichen ja nur rückwärtsgewandte - ja: NAZIS.

T. Schneegaß / 28.01.2025

@Andreas Rochow: Auch Herr Schneider drückt ganz fest beide Augen (und wenn er hat, auch die Hühneraugen) vor der Erkenntnis (und natürlich “rechter VT”) zu, dass hier seit Jahren eine islamische Landnahme abläuft, begonnen einst in den Metropolen und nun mit kontinuierlicher Ausdehnung in die Fläche. Für den endgültigen Erfolg braucht es bald nicht mal mehr hoher Migrationsraten, das wird über die Bäuche der fleißigen muslimischen Frauen geregelt, wie von Erdogan angekündigt. Es ist auch absolut nicht schwer, das zu belegen, man braucht sich nur die Zahlen in Schulklassen oder die Ranglisten der Namen Neugeborener anzusehen, wenn man sehen will. Die Rückabwicklung ist schon lange nicht mehr möglich, also nicht trauern um ihr schönes Aschaffenburg, Herr Schneider. Engagieren ist angesagt, nicht in der FDP, sondern in der islamischen Gemeinde Ihrer Stadt und in Ihrem Verein “Aschaffenburg bleibt bunt”. Auch über den finalen Schritt wäre schon mal nachzudenken.

Sam Lowry / 28.01.2025

***EILMELDUNG*** Am Samstag Lahnstein bitte weiträumig umfahren! Habe gerade ein Ticket für eine Lesung von Martin Sellner in der Stadthalle Lahnstein inseriert. Bis zur Löschung mindestens 1.000 Aufrufe. Wetten? :-D Schlagt sie mit ihrer eigenen Dummheit…

Andreas Rochow / 28.01.2025

Menschen, die die gefährlichen Dilettanten der Altparteien-Regierung(en) kritisieren, werden bestenfalls unwirsch darauf hingewiesen, dass wir in “herausfordernden” Zeiten leben: Die Klimakrise, der Krieg der Russen gegen die EU und Deutschland, die Chinesen, Ungarn, Italien, Rumänien, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, zunehmender Antisemitismus im Land und die rächtzeXtreme AfD! Das ist die scheuklappige Altparteien-Paranoia, die genau genommen mit passivem Wahlrecht und Regierungfähigkeit unvereinbar ist! Die grandios versagenden Altparteien haben das gebeutelte Volk da draußen unten vollkommen aus dem Blick verloren und mit ihm die Realität und die Verantwortung für das epochale und blutige Desaster, das sie allein angerichtet haben! Jetzt zu kommen mit Zensur- und Denunziations-Exzessen, ideologischer Ausgrenzung und Staatshetze, ist offen linksgrün-woker Faschismus! Die Leser und Kommentatoren der Achse haben ihre Sinne noch beieinander; sie haben sich nicht durch die machtvolle Staatspropaganda zu den glücklichen Antifa- und FFF-Sklaven abrichten lassen. Ein Trost! Gott schütze Deutschland.

sybille eden / 28.01.2025

Also sollen die Aschaffenburger sich jetzt mit Besen und Schaufeln bewaffnen und die zugemüllten Strassen reinigen, oder was ?

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