Arnold Vaatz, Gastautor / 12.09.2018 / 06:29 / Foto: Arnold Vaatz / 153 / Seite ausdrucken

Arnold Vaatz zum Stadium der geistigen Umnachtung

Seit einigen Tagen läuft die Causa Maaßen in Endlosschleife durch die öffentlich-rechtlichen Medien. Hans-Georg Maaßen soll beweisen, dass er keine Beweise für eine Hetzjagd hat. Nun ist guter Rat teuer. Ich kann mich nicht erinnern, jemals irgendwo gehört zu haben, dass man einen Menschen auffordert, zu beweisen, dass er etwas nicht beweisen kann. Dass es den deutschen Medien und einigen politischen Parteien möglich ist, einen derartigen aussagenlogischen Unsinn tagelang zum Grundton ihrer Berichterstattung zu machen, zeigt, in welchem Stadium der geistigen Umnachtung wir angelangt sind.

Da keinem Menschen der Welt Unmögliches mit Erfolg abverlangt werden kann und eine einvernehmliche Interpretation des Begriffs Hetzjagd vermutlich nicht gefunden wird, ist nun zu erwarten, dass der Inhalt dieses Wortes praktisch vorgeführt wird. Indem gegen Herrn Maaßen so lange gehetzt wird, bis man ihn aus dem Amt jagt.

Aber das nur am Rande. Bemerkenswerter ist, dass die Medien selber von der Maaßenschen Bewertung der Chemnitzer Ereignisse offenbar gar nicht so weit entfernt liegen. Wenigstens dachten sie wohl – analog zu Maaßens Meinung zum Zeckenvideo –, dass diese Umzüge zu milde zu beurteilen sind für die Absicht, Chemnitz und Sachsen als den letzten Dreck des Universums hinzustellen.

Wie anders sollte es nämlich zu erklären sein, dass die „Tagesthemen“ es wohl als erforderlich ansahen, die Bilder vom Samstag geringfügig zu manipulieren: So schnitten sie offenbar einfach die Bengalo-Szenen aus der Demo vom vorangegangenen Montag mit hinein, und schon wirkte das Ganze etwas griffiger und martialischer.

Die Autorität der Sender ist dahin 

Dann muss ihnen aber gedämmert haben, dass es in diesem Fall Tausende sind, die bezeugen könnten, dass diese Bilder nicht stimmen. So erschien die Kommentatorin Miosga am Schirm mit den denkwürdigen Worten: 

„Bei der Berichterstattung über die Kundgebungen in Chemnitz in den Tagesthemen gestern haben wir irrtümlich auch Bilder von der Demonstration vom vergangenen Montag verwendet, ohne dies kenntlich zu machen. Wir bitten das zu entschuldigen und blicken jetzt nach – SCHWEDEN …“

Tja: Wo gearbeitet wird, passieren halt Irrtümer! Nur wird nun aber wohl der Streit darüber beginnen, was unter dem Begriff „irrtümlich“ zu verstehen sei. Wenn es wahr ist, dass von dem MDR-Personal, das die authentischen Szenen bereitstellte, ausdrücklich verlangt wurde, auch die Szenen vom Montag noch herauszusuchen und hinzuzufügen, könnte sich schnell der angebliche Irrtum gar nicht als Irrtum, sondern als vorsätzliche und schlecht überlegte Manipulation herausstellen; dann wäre das Wort „Irrtum“ gleich die nächste Lüge.

Jedenfalls klingt die Entschuldigung des Senders so ähnlich wie die Rechtfertigung eines Soldaten, dem ein Verstoß gegen die Kleiderordnung vorgeworfen wird und der antwortet: „Melde gehorsamst, Herr Hauptmann, der Knopf ist aus Versehen zugesprungen!“

Nun bin ich neugierig, ob die Gremien der ARD-Sender sich die Mühe machen werden, das alles ernsthaft zu untersuchen. Und ob sie bei sich selbst die Konsequenzen ziehen, die sie im Fall Maaßen fordern. Ich tippe mal: Wer das glaubt, ist im – na? Genau: Irrtum. Aber selbst wenn diese Sender a) die Einsicht, b) den Willen und c) die Kraft aufbrächten, sich einzelner ihrer tendenziösen Scharfmacher zu entledigen, so nützte ihnen das nichts mehr. Man wird ihnen in Zukunft – wie einst dem DDR-Fernsehen – auch dann nichts mehr glauben, wenn sie im Recht sind. Ihre Autorität ist dahin. Wer meint, da sei etwas zu retten, der ist im? Na? … Genau! 

Foto: Arnold Vaatz CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Dirk Witzki / 12.09.2018

Sehr geehrter Herr Vaatz, wegen Politiker wie Ihnen habe ich jahrzehntelang die Union gewählt. Herr Maaßen hat leider in dem Moment verloren, als die Alternativlose die Deutungshoheit der Ereignisse, wenn auch ohne Realitätsbezug , an sich zog und in bewährter Weise die Nationalmasochismuskarte spielte. Und Dissidententum gegen die Großfürstendoktrin hat zu allen Zeiten Amt (oder Kopf)gekostet. Willkommen im Vormärz.

Dieter Kief / 12.09.2018

Sehr schön trocken der Text Herr Vaatz - danke! - Ob Sie den wohl auch der weLT und der FAZ usw. zukommen lassen könnten? PS : Der Grüne OB Boris Palmer soll gestern auf Facebook geschrieben haben, wir hätten nun die Wahl, ob wir der “Antifa Zeckenbiss” oder nicht doch eher dem Chef des Deutschen Verfassungsschutzes glauben wollten.

Marc Blenk / 12.09.2018

Lieber Herr Vaatz, herzlichen Dank für Ihren Mut. Inhaltlich könnte ich kaum etwas zur Causa hinzufügen. Werden Bilder von Demonstrationen ‘aufrechter’ Bürger einer ‘offenen’ Gesellschaft’ gezeigt, so in Farbe. Die der Chemnitzer Bürger, welche vor den Folgen offener Grenzen warnen in schwarz weiß. So vor zwei Tagen in irgendeinem dritten ÖF - Sender gesehen. Schrtittchen Allein die Billigkeit solcher Stilmittel zeigt schon, wie die ÖF die Bürger einschätzt:  Für doof und manipulierbar. Die ÖF wähnen sich aber schon zwei Schrittchen weiter, nämlich vorausseilend schon in einem autoritären Staat, wo sie als Staatsmedien die Verkündung einer absoluten Wahrheit wahrnehmen. So war es in Ihrer Heimat ja schon bis 1989. Und genau da wollen so einige wieder hin.

Martin Lederer / 12.09.2018

Die Botschaft dieses Artikels ist: 1.) Der stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion schreibt auf der Achse des Guten (der “bösen rechtspopulistischen Seite”). Hat er das schon früher einmal gemacht? und 2.) Er verteidigt Herrn Maaßen gegen die Angriffe der Medien von SPD, Grünen und Linken und auch Teilen der CDU, nachdem Herr Maaßen vorher Herrn Seibert und Frau Merkel öffentlich deutlich widersprochen hat. Wenn einer aus der Durcall-Hasen-Partei (sie hat sich diesen Namen wirklich verdient) sich so weit herauswagt, ist das schon eine Botschaft. Welche weiß ich noch nicht.

Thorsten Kiefer / 12.09.2018

Ich denke die Öffentlich-Rechtlichen haben in der Causa Maaßen inkl. der Bildmanipulation alles richtig gemacht. Sie haben eben seit über drei Jahren den informellen Auftrag alles “Rechte”, besonders die AfD zu diffamieren und so schlecht wie möglich darzustellen. Auftrag erfolgreich erledigt. Allerdings muss sich dieses Vorgehen immer mehr steigern und glaubwürdig zu bleiben und so verkehrt sich die Wirkung immer mehr in ihr erhofftes Gegenteil.

Emmanuel Precht / 12.09.2018

Wenn etwas irrtümlich geschieht, kann man es (vorher) nicht kenntlich machen. Wenn die Kenntlichmachung als zu entschulden unterbleibt, kann es kein Irrtum sein. Nun ist/sind die Protagonisten bei den Qualitäts-Hintergrunderklärerungs-Info-Veranstaltungen bislang nicht gerade als Meister der Aussagenlogik aufgefallen. Mioska und die Slomka-Medien sind eh (vorsätzlich) nicht als Dauerpropagandasendungen gekennzeichnet. Wohlan…

Richard Löwe / 12.09.2018

die Dummgutmenschen greifen halt auf bewährte Prüfmethoden zurück, die sich schon beim Hexen-mit-Gewicht-in-den-See-Werfen-und schauen-ob sie-wieder-auftaucht-Test bewährt haben. Das waren allesamt Hexen, die da ertränkt worden, sonst wären sie ja wieder hochgekommen. Herr Maaßen hat drei Vorteile, wenn er gefeuert worden ist: tolle Pension, Anspruch auf Asyl in den USA oder der Schweiz, und daß er nicht mehr für diese Leute arbeiten muss.

H. Otten / 12.09.2018

die Bundeskanzlerin und ihr Regierungssprecher haben völlig unpassend von Hetzjagden in Chemnitz gesprochen und damit unnötigerweise Öl ins Feuer gegossen haben. Statt zu deeskalieren entschuldigt sich die Kanzlerin dafür nicht. Dies ist einmal mehr eine hochmütige Missachtung der Bürger. Und die Leitmedien verspielen als ihe Vasallen den letzten Vertrauensbonus: Die Tagesschau versuchte am 7. September um 20 Uhr der Kanzlerin durch zweimaliges Abspielen des Mini-Videos zu helfen. Ein hilfloses Unterfangen. WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt gesellte sich in seinem Kommentar am 8. September erneut zu den Burgrittern, die die Bundeskanzlerin mit Zähnen und Klauen verteidigen. Er verstieg sich zu der Aussage: Die „Unabgestimmtheit mit der Kanzlerin ist eine weitere Provokation“ des obersten Verfassungsschützers. Steht die Kanzlerin etwa über dem Gesetz? Der Regierungsbeauftragte Christian Hirte sagt hingegen offen: „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Politiker und Journalisten in einer anderen Welt leben als die Mehrheit der Menschen draußen und dass wir oft auch eine andere Sprache sprechen.“ Nur leider ist es mit der Erkenntnis alleine nicht getan. Wenn wir nicht schleunigst den Boden für einen breiten und offenen Diskurs in Deutschland bereiten, ist Chemnitz erst der Anfang. Die bevorstehenden Wahlen in Bayern und Hessen werden zeigen, dass der Souverän den Daumen längst gesenkt hat. Das ist kein Ergebnis von „German Angst“ - eine diffamierende Bezeichnung -, sondern bittere Realität.

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