Fred Viebahn / 27.08.2007 / 21:50 / 0 / Seite ausdrucken

Arno Brekers chinesische Erben

An einem der wenigen verbleibenden freien Denkmalsplätze in prominenter Lage in Washington D.C., auf der National Mall zwischen dem Lincoln- und dem Jeffersondenkmal, soll ein drei Stockwerke hohes Monumentalmonument für Martin Luther King errichtet werden. So weit, so gut—es war an der Zeit, könnte man sagen. Kürzlich entschied sich die Kommission der Martin Luther King-Stiftung für den Entwurf eines chinesischen Bildhauers—wogegen ebenfalls grundsätzlich nichts einzuwenden ist. Aber: Lei Yixin, der mit seinem sozial(istisch)-realistischen Entwurf Erkorene, ist ein anerkannter “Meisterbildhauer” der Volksrepublik, ja mehr noch: Die Regierung in Peking, nicht gerade ein Leuchtturm der Freiheit und Menschenrechte, hat Yixin zu einem der neun “Nationalschätze” seines Fachs ernannt. Verdient hat er sich den Titel mit Mao Tse Tung-Skulpturen und Meißelungen anderer Größen seines kommunistisch-monopolkapitalistischen Staats. Während manche chinesischen Künstler für ihre demokratischen Ideale eingesperrt und malträtiert werden, brüstet sich dieser Liebling und Meisteropportunist der Partei: “Ich möchte mit meiner Skulptur zeigen, daß Martin Luther King für Demokratie kämpfte.” Gehauen werden soll in Marmor aus einem chinesischen Steinbruch. Schade, daß Arno Breker nicht mehr lebt. Der hätte beim Wettbewerb ums beste King-Denkmal sicher auch gute Chancen gehabt. Und das Projekt wäre zu Brekers Zeiten als staatlich geförderter Meisterbildhauer, da damals KZ-Sklaven die Steine klopften, vielleicht sogar noch billiger gekommen als mit den chinesischen Tagelöhnern von heute.

Hier ist der Associated Press-Artikel mit Foto vom chinesischen Breker-Adepten und seinem ach so wahnsinnig originellen Modell, das mit anderer Visage auch nach Speer-Berlin oder Leningrad gepaßt hätte:  http://hosted.ap.org/dynamic/stories/K/KING_MEMORIAL_PROTEST?SITE=MOSPL&SECTION=HOME&TEMPLATE=DEFAULT

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Fred Viebahn / 29.12.2018 / 06:29 / 18

Amos Oz 1939 – 2018

Die Entfernung von Jerusalem, wo er aufgewachsen war, studiert hatte, und wohin er auch heute noch durchschnittlich einmal wöchentlich fährt, hatte er falsch eingeschätzt, deshalb…/ mehr

Fred Viebahn / 17.08.2017 / 11:30 / 28

Ein Sommerwochenende in Virginia, das um die Welt ging

Wissenschaft und Forschung werden an der Uni groß geschrieben, aber auch, wie in diesen Landen üblich, Football und Basketball. Und damit hat es sich eigentlich…/ mehr

Fred Viebahn / 07.12.2014 / 12:37 / 1

Wertzuwachs durch Handarbeit, oder: Die guten Mittel segnen den Zweck

“Zum ersten, zum zweiten, zum dr….” In diesem Moment fuchtelt einer der halben Dutzend Auktionshausangestellten, die klobige schwarze Telefone ans Ohr gepreßt entlang der Saalseite…/ mehr

Fred Viebahn / 07.09.2014 / 04:03 / 0

Ein Gedicht für James Foley

Daniel Johnson veröffentlichte diese Woche auf der Website der amerikanischen Dichterakademie (“Academy of American Poets”) ein Gedicht für seinen am 19. August in Syrien von…/ mehr

Fred Viebahn / 03.09.2012 / 22:36 / 0

Noch ein Anwärter auf den Adorno-Preis

Gendertheoretische Texte zum selber basteln war schon ganz gut. Aber es geht noch besser. Leser Christian Guettler schreibt: Der ungekrönte König im Bereich “Killer-Applikation für…/ mehr

Fred Viebahn / 08.04.2012 / 04:47 / 0

Kultur-Bürokraten für Grass?

An Henryk Broders Artikel in der “Welt” (”Ein autoritärer Knochen spielt verfolgte Unschuld”) gefiel mir, neben anderen Delikatessen, die Bemerkung über den “amtierende(n) Präsident(en) des…/ mehr

Fred Viebahn / 14.02.2012 / 16:28 / 0

Die Achse im Weißen Haus

Zum zweitenmal in den letzten Monaten passierte ich gestern nachmittag den schwer bewachten Eingang ins Weiße Haus und schüttelte Präsident Barack Obama die Hand. Anlaß…/ mehr

Fred Viebahn / 02.02.2012 / 05:49 / 0

Drei echte Neunziger

Mit eigenem zunehmendem Alter werden natürlich auch Verwandte, Freunde und Bekannte entsprechend älter—oder sterben einem weg. Diese schlichte Wahrheit zu äußern mag vielleicht respektlos klingen,…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com