ARD-„Framing Manual“: Wenn der Rahmen schief hängt

Manchmal fragt man sich, wie es der öffentlich-rechtliche Rundfunk fertigbringt, acht Milliarden Euro im Jahr auszugeben. Das entspricht fast dem doppelten Bruttosozialprodukt Montenegros und liegt nur ein Viertel unter der Jahreswirtschaftsleistung Maltas. Mehr als 70 Prozenz dieser Summe verschlingt allein die ARD. Die unvorstellbaren Größenordnungen müssten jede Diskussion über Beitragserhöhungen eigentlich augenblicklich zum Stillstand bringen. Nicht so in Deutschland.

Hierzulande ist die Politik so stolz auf ihren Staatsfunk, dass sie den Bürgern für dessen Ausweitung gar nicht tief genug in die Tasche greifen kann. Ermöglicht wird dies durch eine Konstruktion, die dafür sorgt, dass die von der Propaganda ihrer öffentlich-rechtlichen Claqueure lebende Regierungskaste darüber entscheidet, wie viel dem mehr oder weniger folgsamen Stimmvieh dessen Erziehung wert zu sein hat. Bei der ARD holt man sich als gefühlter Erziehungsberechtigter auch schon einmal teuren externen Rat, wie beim nun bekannt gewordenen „Framing Manual“.

Statt zu sagen, dass die Bürger Rundfunkgebühren "bezahlen", sollte es diesem Leitfaden gemäß besser heißen, dass sie den Rundfunk "ermöglichen". Der Rundfunkbeitrag ist auch kein Rundfunkbeitrag, er ist "eine proaktive, selbstbestimmte (da demokratisch entschiedene) Beteiligung der Bürger am gemeinsamen Rundfunk ARD".

Der Rundfunkbeitrag wird, nebenbei bemerkt, mit einer Härte beigetrieben, die für manchen Straftatbestand wünschenswert wäre. Beitragsverweigerer sind neben Falschparkern und Steuersäumigen die am schärfsten verfolgte „Tätergruppe“. Da, wo das Geld auf der Straße liegt, weil man direkten Kontozugriff hat, funktioniert unsere Justiz prächtig. Nun soll Recht bleiben, was Recht ist, und niemand kann ernsthaft wollen, dass Gesetze nach Gutdünken befolgt werden. Dass aber andererseits bei schwersten Verbrechen auch schon einmal akribisch nach mildernden Umständen gefahndet wird, mag vielen nicht recht einleuchten.

Potenzial zur Optimierung des Indoktrinierungsauftrags

Die Untiefen der Justiz sollen mich hier jedoch gar nicht beschäftigen, auch wenn das Gebaren der Senderverantwortlichen geradezu nach einer rechtlichen Bewertung schreit, zieht man in Betracht, dass sie ihre Treuhänderfunktion mit erschreckender Laxheit wahrnehmen. Geldverschwendung fällt nun einmal umso leichter, je einfacher das Beschaffen zusätzlicher Mittel gemacht wird. Wir kennen das aus der Berufspolitik, die trotz eines ständig steigenden Steueraufkommens vor milliardengroßen Haushaltslöchern steht.

Da sie aber außer vom Wähler von niemandem zur Rechenschaft gezogen wird und man sich das lästige Wahlvolk zwischendurch jahrelang vom Hals halten kann, wird fröhlich weiter Geld für allerlei Unsinn zum Fenster hinausgeworfen. Noch einfacher hat es der Staatsfunk, der so gerne ab sofort „gemeinsamer, freier Rundfunk“ heißen würde. Zumindest, soweit es die ARD betrifft, die extra ein Gutachten für eine neue Kommunikationsstrategie in Auftrag gegeben hat, um das herumliegende Gebührenzahlergeld loszuwerden.

Auf über 85 Seiten bescheinigt ihr darin eine geschäftstüchtige Wissenschaftlerin, dass das Potenzial zur Optimierung des selbstempfundenen Indoktrinierungsauftrags noch lange nicht ausgereizt ist. Bei der ARD hält man Elisabeth Wehling, die Verfasserin des erst jetzt geleakten „Framing Manuals“, für eine Koryphäe, seit sie verschriftlicht hat, dass es dazu lediglich einer radikalen Änderung der eigenen Sprache bedürfe. Zunächst einmal intern, um den überwiegend jungen und für moralisierende Narrative besonders empfänglichen Mitarbeitern den richtigen Kampfjargon einzutrichtern.

„Arbeitsgrundlage“ und „Denkanstoß“

Am Ende soll die Herrlichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit dem erlernten Vokabular aber auch Zuschauern und Zuhörern eingehämmert werden, nachdem die als „Nachrichten“ maskierte Einteilung der Welt in Gut und Böse bei Lieschen und Michel bereits in Fleisch und Blut übergegangen ist. Derweil besteht die ARD-Generalsekretärin darauf, dass es sich bei der Handlungsanweisung – denn genau darum geht es in einem „Manual“ – angeblich bloß um eine „Arbeitsgrundlage“ und einen „Denkanstoß“ handelt.

Dabei setzt die ARD auf Intransparenz und kanzelt Kritiker damit ab, dass „die Aufregung um dieses Papier“ nur funktioniere, wenn man dessen Kontext nicht kenne oder ignoriere. Die abenteuerliche Argumentation lässt bewusst außer acht, dass es einerlei ist, ob das Gutachten, das unter anderem die private, nicht mit Zwangsbeiträgen am Leben erhaltene Konkurrenz diffamiert, nur in den ARD-Workshops zum Einsatz kommt. Denn die öffentliche Kritik richtet sich gegen das Selbstverständnis eines anmaßenden Apparates, der sich ähnlich wie Parteien und Zeitungsverlage immer weiter von seinem ursprünglichen Auftrag entfernt.

Die Autorin des Gutachtens, über dessen Kosten man nur mutmaßen kann, hat sich übrigens nach eigenen Angaben während ihres Studiums auf die Propaganda im Dritten Reich spezialisiert. Dass sie ihr Fach versteht, muss also niemand in Zweifel ziehen. Ob sie damit aber die Richtige ist, um dem von der Generalsekretärin beschworenen „gemeinwohlorientierten Auftrag der ARD für die gesamte Gesellschaft“ gerecht zu werden, darf man zumindest hinterfragen. Beim Sender wird man wissen, warum man sich so entschieden hat.

Foto: Christoph Braun CC0 via Wikimedia Commons

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Jörg Themlitz / 18.02.2019

In den letzten Wochen durfte Frau Wehling, von der ich noch nie etwas gehört hatte, immer wieder ihr Manna über die geistig desorientierten GEZ Zahler der Wüste Deutschland ergießen. Die Frage stand im Raum, was läuft da? Jetzt ist es klar. Unklar für mich, wieso für die Gesundung des Volkskörpers jemand aus der zweiten Reihe verpflichtet wird? Gut von der Reichskulturkammer et al. wird niemand mehr richtig im Saft stecken. Aber vom DDR Fernsehen 1.0 und Neues Deutschland müssen doch noch ein paar Hochkaräter zu bekommen sein. Als zweimaliger GEZ Zahler ist es wohl mein Recht, von Profis verarscht zu werden!

Florian Bode / 18.02.2019

Die von Mediengroßkonzernen kontrollierten Schwachsinnssender sind m. E. keine Gefahr für die Staatsmedien. Aber mehr als Netflix und Amazon prime brauche ich zur Unterhaltung nicht mehr. Auf die “Informationen” von Claas Kleber und GenossInnen kann ich auch verzichten.

Werner Arning / 18.02.2019

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird von unseren Parteien wahrscheinlich als eine Art Lebensversicherung für die Absicherung ihrer Macht angesehen. Und diese lässt sie sich was kosten, bzw. den Bürger was kosten. Denn hat man die Medien im Griff, hat man unsere Demokratie im Griff. Sage dem Bürger, was er denken und auch was er fühlen soll. Trichtere es ihm auf jede erdenkliche Weise ein. Lass dieses zum Grundsatz jeder Ausstrahlung werden, dann bekommst du dein (Wahl-)Ergebnis. Hört sich banal an? Ist es auch.

Xaver Pabst / 18.02.2019

Und demnächst im Rundfunk zu hören: Die Partei hat die Schokoladenration von 200 Gramm auf 80 Gramm erhöht…

Sabine Schönfelder / 18.02.2019

Warum sich der Propagandamethoden des 3. Reichs bedienen, wenn eine ausgebuffte Propagandaspezialistin unser Land regiert? Siehe, das Erwünschte liegt so nahe. Rein finanziell betrachtet wäre es günstiger, die finanziell extrem gut ausgestattete und bereits bestehende Amadeu-Antonio -Stiftung einzuspannen, landesweit berühmt ( und berüchtigt) durch ihre DDR- Agitatorin an der Spitze, aber what-to-do mit den ganzen Milliarden, die sich immer noch erübrigen, nachdem sich alle und jeder der Öffis ausreichend mit Geld eingedeckt haben. Noch günstiger wäre es, ein abwechslungsreiches, pädagogikbefreites Fernsehen zu präsentieren, mit echten Nachrichten, von richtigen Journalisten. Keine Belehrung, keine fake news, keinen Staatsfunk. Da stopft man das viele Geld doch lieber in den linken circulus vitiosus , Propaganda war noch nie schlecht angelegtes Geld. Intransparenz gehört dabei zum Geschäft. Über Geld spricht man nicht, - man nimmt es sich einfach. Da ist auch der Linke très distingué.

A.S. Sawa / 18.02.2019

Nachdem ich jetzt seit 50 Jahren den Rundfunk “ermoegliche” und dieses eine “Beteiligung"ist,moechte ich hiermit eine Zuschauerrente beantragen.

Markus Rüschenschmidt / 18.02.2019

Zunächst ein großer Dank an Sie, Herr Peymani, für diesen zweiten Artikel zum Thema, den ich das überschäumende Glück habe, lesen zu dürfen. Wie auch schon der vom Chef persönlich auf Tichys Einblick vor 3 Tagen publizierte, fasziniert er mich. Es ist erhebend zu wissen, dass die ARD uns endlich mal von höchsten Weihen herab suggeriert…äh verdeutlicht, welch immens unverzichtbare Institution sie doch ist. Ohne im fröhlichen Zwang-ÜBERSCHWANG bezahltes “Qualitätsgebührenfernsehen” gäbe es unsere Wellness-verwöhnte Welt nicht. Ohne ARD kein Urknall, keine Evolution, keine Entstehung menschlichen Lebens, keine Bronzezeit, keine Reformation, Französische Revolution, nix Dichter und Denker, keine Elektrizität, keine Weimarer Republik und kein Drittes Reich…upps, Freudscher Versprecher…äh keine Perestroika und keine Mondlandung. Vom Mauerfall ganz zu schweigen. Gut, dass man jetzt aufgeklärt ist. Ohne ARD versinken wir wieder im barbarischen Mittelalter. Zudem sorgt sie für Wohlbefinden durch hirnrissige Soaps. Endlich Licht am Ende des Höllenschlundes für Depressive. Danke, ARD. Schon (gern) GEZahlt?

Heinrich Moser / 18.02.2019

Heute habe ich im ORF (unser ARD) (muss so kurz vor 14h gewesen sein) gehört, dass Bürgerbeteiligung nicht die Beteiligung der Bürger sondern die Ermöglichung des Bürgers ist, zu verstehen, was die Nomenklatur so macht. Damit sollte wohl Alles klar sein.

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