Die einen suchen Arbeitskräfte, die anderen verwalten steigende Arbeitslosenzahlen und die Bundesregierung kann nichts dafür.
Auch für diesen Monat schlägt die Bundesagentur für Arbeit (BA) die üblichen wilden Kapriolen sprachlicher Unlogik: „Trotz der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten ist der Arbeitsmarkt robust. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben zwar im August erneut stärker zugenommen als jahreszeitlich üblich, so der Bericht. „Dies liegt jedoch weiterhin an der Erfassung ukrainischer Geflüchteter“, beruhigt uns die neue Vorstandsvorsitzende für Arbeit, Andrea Nahles.
Der Talking Point der ehemaligen Ministerin ist klar: „Im Zuge der Sommerpause und durch die noch andauernde Erfassung ukrainischer Geflüchteter gab es im August 2022 einen weiteren deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vormonat, und zwar um 77.000 auf 2.547.000.“ Das Erzählmuster ist so simpel wie unlauter. Da Putin einen Krieg angezettelt habe, für den wir nichts können, sind nun ukrainische Flüchtlinge im Land, die die Arbeitslosenzahlen in die Höhe treiben, für die wir nichts können. Putin ist nun auch an der hohen Zahl von Hartz-IV-Empfängern schuld. Hätten Sie es geahnt?
Frührentner dürfen Vollzeit dazuverdienen
Jeder, der sich länger mit dem Arbeitsmarkt befasst, weiß, dass diese Aussage Unsinn ist. Denn die Zahlen waren vor einem Jahr sogar etwas höher (24.000 mehr) als in diesem August. Was auch klar ist: Man kann die von Frau Nahles 2,547.000 proklamierte Arbeitslosenzahl getrost verdoppeln. Genaueres zu meiner Schätzung finden Sie hier.
Aufatmen können hingegen Rentner, die vorzeitig in Rente gegangen sind oder gehen mussten und aufgrund einer schlechten Rente auf Zuverdienste angewiesen sind. Dazu Hubertus Heil, unser aller Bundesminister für Arbeit und Soziales: „Wir schaffen die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten ab. Schon während der letzten beiden Corona-Jahre lag die Hinzuverdienstgrenze deutlich höher als zuvor. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht und ermöglichen nun dauerhaft, den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand flexibel zu gestalten“. So kann Oma Erna neben dem Flaschensammeln auch noch in der Pflege aushelfen, damit das Geld reicht, bevor sie auf selbige angewiesen ist.
Homeoffice Pflicht vorerst abgewendet
Gute Nachrichten verbreitet, zumindest in einem Punkt, eine neue Corona-Arbeitsschutzverordnung. Unternehmen sollen ab Herbst nun doch nicht verpflichtet werden, ihre Mitarbeiter in das Homeoffice zu verbannen. Das Kabinett beschloss dies laut den Aussagen von Hubertus Heil. Und der muss es wissen, war er doch ursprünglich für die Einführung einer Homeoffice-Pflicht.
Homeoffice kann in bestimmten Situationen ergänzend Sinn machen. Eine von staatlicher Seite verordnete Pflicht wäre ein unlauterer Eingriff in die unternehmerische Souveränität. Davon abgesehen, halte ich die reine Heimarbeit, gerade in Teamarbeit, für oftmals schwierig und nachteilig für Betrieb und Mitarbeiter. Gerade im Lockdown war für viele der Gang zur Arbeit die einzige Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen. Man kann nur hoffen, dass wenigstens dies den Arbeitnehmern und Arbeitgebern ab Herbst erspart bleibt.
Fachkräfte sollen aus dem Ausland kommen
Was das Thema Fachkräftemangel angeht, will Minister Heil noch in diesem Jahr „erste Pflöcke einschlagen“. Er möchte die offenen Stellen mit Zuwanderern besetzen. Prinzipiell ist nichts dagegen zu sagen, machen doch Länder wie Australien, Kanada, aber auch die Schweiz vor, wie es gehen kann, wenn man qualifiziert einwandern lässt. Doch gerade was das angeht, ist von der Koalition kaum etwas zu erwarten. Bis heute ist nicht genau geklärt, wie viele Menschen, aus welchen Ländern und in welchem Alter ab 2015 nach Deutschland kommen. Die gleichen Politiker – Merkel wurde durch Scholz lediglich optisch ersetzt – wollen nun für qualifizierte Zuwanderung sorgen. Man muss kein Pessimist sein, um zu wissen, dass diese Idee von Arbeitsverhinderungsminister Heil nur schiefgehen kann.