Lieber Herr Schuler, ich finde Ihre Sichtweise auf die Neugründung von Parteien sehr überzeugend. Sie beschreiben das, was ich mir auch während der zwischenzeitlichen Erfolgszeit der Piraten gedacht habe: Ich war einer Sympathie zu dieser Partei stets unverdächtig (mehr noch zur AfD, die ich größtenteils für einen schwer erträglichen Haufen weltfremder Querulanten mit naiven und unverantwortlichen Positionen halte). Aber die Tatsache, dass es diese Parteien gibt, ist ein gutes Zeichen, denn sie zeigt, dass die Demokratie funktioniert: Da sind Menschen mit dem Handeln der bisherigen Parteien nicht zufrieden, also beschließen sie, eine neue Partei zu gründen, und zwar nicht etwa eine extremistische Partei, die gleich das ganze System umstürzen will, sondern eine unzweifelhaft demokratische. Und diese Partei wird dann auch tatsächlich in die Parlamente gewählt, was die alten Parteien dazu zwingt, sich mit ihren Forderungen auseinanderzusetzen. Das beweist. dass die Behauptung, die Politik sei eine geschlossene Gesellschaft, nicht stimmt. Das System atmet: Die Gesellschaft ändert sich und das Parteiensystem ändert sich mit ihr. So muss es sein. Dass dabei auch intellektuelle Sackgassen wie die AfD entstehen, muss man dabei in Kauf nehmen.
Grade eben im WDR: “Mitternachtsspitzen”... (Samstag, 27.09., abends). Jürgen Becker arbeitete sich auf einem Niveau an der AfD ab, welches unterirdisch zu nennen noch schmeichelhaft ist. Er bemühte sich nicht mal ansatzweise um inhaltliche Auseinandersetzung mit AfD, nein, er polterte auf höchstem persönlichen Niveau gegen Bernd Lucke, in dem er den neuen Franz Schönhuber zu erkennen glaubt….. Lucke & Co: allein schon deshalb allesamt Nazis, weil sie offen kundtun, andere Prioritäten als gendermainstreaming-konforme SchwuLesBi-Debatten zu führen. Naja, das gesamte Gesabbel wird sicher bald schon in der WDR Mediathek abrufbar sein. Jedenfalls musste ich an Gideon “Schmierfink” Böss denken: Linke können beim Üben von sogenannter Kritik leider wohl nur noch eins: Menschen, die ihnen nicht in den Kram passen, persönlich diffamieren. Vielleicht sieht Jürgen Becker sich ja in der Tradition Kurt Tucholskys, demzufolge Satire alles darf. Dann frage ich mich, warum er die gleichen verbalen Hasstiraden nicht auch mal eimerweise über seine geliebten Grünen und Sozen auskippt, die von ihm und Konsorten nur dann mal “kritisiert” werden, wenn sie nicht links/sozial/genderkonform/politsch korrekt/klimarettend genug agieren. Hm, war eh nur Zufall, dass ich da grade eben gelandet war. Hatte beim Zappen was von der Faszination an sich, den Unfälle und Katastrophen auf Menschen haben: man muss irgendwie hinsehen…. Aber als er nach seinem Sermon dann voller Stolz und Hingabe Hagen Rether ankündigte, da war ich froh, dass die Fernbedienung griffbereit war, denn DIESE Katastrophe ist mir dann doch ‘ne Nummer zu groß.
Herr Schuler, wäre die AfD eine dezidiert linke Neugründung im Parteienspektrum, wie seinerzeit die Chaotentruppe der Piratenpartei, dann würde sie von den Medien tagaus, tagein, als ‘erfrischende Bereicherung der Politik’ abgefeiert. Doch da die Grundausrichtung der ‘Alternative’ eine libertär-konservative ist, wird sie von genau diesen Medien und der politischen Konkurrenz verteufelt und diffamiert. Dass dieses übliche Spielchen aber nicht mehr zu funktionieren scheint, dass immer Menschen sich weigern, der medialen und politischen Monokultur in diesem Land zu folgen, wurde durch die jüngsten Wahlergebnisse eindrucksvoll belegt. Von daher stimme ich Ihnen völlig zu: Die Demokratie in Deutschland hat durch die AfD eine dringend benötigte Blutauffrischung erfahren.
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