Henryk M. Broder / 13.05.2018 / 14:00 / 16 / Seite ausdrucken

Antisemitismus als Arbeits-Beschaffungs-Maßnahme

Seit kurzem haben wir einen von der Bundesregierung ernannten "Antisemitismus-Beauftragten", und inzwischen wissen wir auch, wie er den Kampf gegen den Antisemitismus zu führen gedenkt: indem er Vorschläge macht, wer ein Bundesverdienstkreuz bekommen sollte, weil er – oder sie – gegen den Antisemitismus Stellung bezogen hat. Der erste Kandidat ist von dieser Idee nur mäßig angetan.

Aber immerhin, es tut sich was an der Antisemitismus-Front. Jetzt hat auch Bayern einen eigenen Antisemitismusbeauftragten, denn der bayerische Antisemitismus, den es ja eigentich nicht gibt, ist ein ganz anderer als in den anderen Bundesländern. Und muss dagegen auch ganz anders angegangen werden. Mit Radi, Musi und Gaudi.

Der neue Beauftragte der bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus heißt Ludwig Spaenle. Er war unter Seehofer Kultusminister und musste im Zuge der Regierungsumbildung sein Amt aufgeben. Seitem sucht er einen neuen Job beziehungsweise: Es wird ein neuer Job für ihn gesucht. Er soll sogar kurzzeitig als neuer Chef der Filmförderungsanstalt im Gespräch gewesen sein. Nun ist er Antisemitismusbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung geworden, und das ist allemal besser als daheim sitzen, Daumen drehen und der Familie auf die Nerven fallen.

Andere Länder werden dem bayerischen Beispiel folgen. Dann sind die Gemeinden an der Reihe und danach die großen öffentlich-rechtlichen Instituionen. 

Beim WDR in Köln zum Beispiel – das ist der Sender, der es mit allen Mitteln versucht hat, die Doku „Ausgewählt und ausgegrenzt" nicht zu senden – hat man bereits im Herbst 2017 eine Arbeitsgruppe „Jüdisches Leben in Deutschland“ gegründet. Die hat sich vor kurzem zu einer „Input-Veranstaltung" getroffen und dazu zwei „Experten" eingeladen, genauer einen Experten und eine Expertin: Julia Bernstein, Professorin für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft an der FH Frankfurt und Wolfgang Benz, den langjährige Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin. Sie gaben „einen Einblick in ihre jüngsten, zum Teil noch nicht publizierten Forschungsarbeiten und diskutieren die Fragen des journalistischen Umgangs mit dem Thema".

Die Basis ist die Grundlage des Fundaments...

Das klingt echt aufregend, nicht wahr? Da möchte man und frau dabei sein, wenn die jüngsten, zum Teil noch nicht publizierten Forschungsarbeiten vorgestellt werden. Was waren die neuen Erkenntnisse, die Julia Bernstein, Professorin für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft an der FH Frankfurt, bei der Input-Veranstaltung der WDR-Arbeitsgruppe „Jüdisches Leben in Deutschland“ präsentiert hat?

Sie kam „zu dem Ergebnis, dass Antisemitismus in den vergangenen Jahren nicht nur zugenommen hat, sondern auch salonfähiger geworden ist und in ganz verschiedenen Gruppen der Gesellschaft deutlich offener geäußert wird". Wer hätte das gedacht? Dass die Basis die Grundlage des Fundaments ist, wissen wir schon länger, dass aber der Antisemitismus zugenommen hat, salonfähiger geworden ist und in ganz verschiedenen Gruppen deutlich offener geäußert wird, trifft uns vollkommen unerwartet. Obwohl – so genau wollten wir es gar nicht wissen, schon gar nicht, um welche Gruppen es sich handelt. Polnische Vegetarier, Hopfen-Bauern aus dem Altmühltal oder Banater Schwaben, die sich mit der Integration schwer tun?

Und was hat Prof. Benz, der langjährige Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, Neues gesagt? Wir nehmen an, dass man sauber zwischen Antisemitismus und Israelkritik differenzieren müsste und dass die Islamophobie der Antisemitismus des 21. Jahrhunderts ist. Das sind seine zwei Lieblingsthesen, seit er herausgefunden haben will, dass die Muslime die neuen Juden sind.

Für das nächste Treffen der WDR-Arbeitsgruppe „Jüdisches Leben in Deutschland“ möchten wir als sachkundige Gäste Jakob Augstein und Kollegah vorschlagen, die zusammen den alten Hit von Friedrich Hollaender "An allem sind die Juden schuld" neu interpretieren könnten.

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Dirk Jungnickel / 13.05.2018

Nun könnte man die Angelegenheit aber auch zentral regeln, was dem Bürokratie zugeneigten deutschen Michel sicher genehm wäre. Dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung würde man außer der Verleihung von Bundesverdienstkreuzen auch die jeweilige Ernennung der Antisemitismusbeauftragten in den Ländern, Städten, Dörfern, Vereinen etc. übertragen.  Bedenklich würde das Verfahren dann aber bei arabischen Großfamilien - nein, da fällt mir ein, dass die noch ihre Tequila in der Hinterhand hätten, insofern würde auch das problemlos über die Bühne gehen. —- Stattdessen wäre vielleicht auch eine bundesweite gut durchdachte Aufklärungskampagne denkbar, bei der die Medien außen vor bleiben.

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