Der amerikanische Kongress hat beinahe einstimmig, jedenfalls mit erstaunlicher Entschlossenheit, dem Präsidenten den Rücken gestärkt in seinem Kurs gegen Putin in der Ukraine-Affaire. Woher diese Entschlossenheit? Es geht den Amerikanern sicher nicht um wirtschaftliche Interessen; das Armenhaus Ukraine ist zur Zeit und in absehbarer Zukunft kein Gegenstand solcher Überlegungen. Warum aber diese Entschlossenheit? Die USA sind neben Großbritannien und Russland Garantiemächte der Grenzen der Ukraine ( Abkommen von Bukarest ). Die Ukraine hat nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die in ihren Händen befindlichen Kernwaffen an Russland übergeben und sich dafür seine Grenzen garantieren lassen. Jetzt sieht man, was diese Garantien wert sind. Und hiermit sind fundamentale Interessen der USA und Israels (!) berührt. Denn ein Hauptanliegen der amerikanischen Außenpolitik ist derzeit, den Iran von Atomwaffen fernzuhalten. Das wird nur gelingen, wenn der Iran glaubwürdige Garantien der USA für den Fall erhält, dass eine Macht, die über Kernwaffen verfügt, seine Grenzen antastet. Aber was ist diese Garantie wert, wenn das Abkommen von Bukarest nichts gilt? Die Europäer, insbesondere die Deutschen, sollten sich in der ganzen Affäre heraushalten. Sie können nur stören, im günstigsten Fall nur wirkungslosen Lärm machen. Die Sache ist zu ernst, um als Resonanzboden für kraftvolle Sprüche unserer Politiker herzuhalten.
„Die Sanktionen wurden als Reaktion auf Putins Aggression und faktische Invasion beschlossen. Russlands Präsident hat die Krim kassiert, also annektiert und seinem Land einverleibt. Er hat außerdem den Krieg in der Ost-Ukraine angefacht.“ „In einer völkerrechtlich nicht bindenden Resolution vom 24. März 2014 bezeichnete eine absolute Mehrheit von 100 Staaten der UNO-Vollversammlung das Referendum auf der Krim als ungültig, während 58 Staaten sich enthielten, andere der Abstimmung fernblieben und elf dagegen stimmten, darunter Syrien, Nordkorea und Kuba. Russland hat dem Westen wirtschaftlichen Druck und Erpressung zahlreicher Staaten bei der Abstimmung vorgeworfen. (Q: wikipedia) Hmm, auf Grund einer völkerrechtlich nicht bindenden Resolution wird Putin ständig als Aggressor, bezeichnet. Woher der Autor weiß, daß er außerdem den Krieg in der Ost-Ukraine angefacht! hat, wird dem Leser dieses Satzes, der sich anhört wie dem Lesebuch einer 2. Klasse entnommen, nicht offenbart. Und dann legt der Autor, in dem hier nicht wiedergegebenen weiteren Text des Beitrages, einen beispiellosen Spagat hin: „So gesehen hat sogar der Aggressor Putin ein Stück weit Recht, wenn er solche Sonderregelungen verlangt. Er spricht von einer „Föderalsierung“ der Ukraine. Dann wäre die Ukraine eine Art „Bundesrepublik“. Ein Bundesland im Westen, eines im Osten. Auf diese Weise wäre sowohl die Einheit des Staates Ukraine gewahrt als auch den Russen der Ukraine mehr Selbstbestimmung gewährt. Was eigentlich spricht dagegen, diese Option ergebnisoffen mit allen Beteiligten zu diskutieren? Ein solch´ neues Denken braucht der Westen auch, wenn er die längst zerschlagene Souveränität und Integrität Georgiens sowie Moldawiens wiederherstellen und die Souveränität der EU-Mitglieder Lettland und Estland sichern will. Es reicht nicht, nur den Aggressor zu benennen oder zu bestrafen. Wer Frieden will, muss richtig denken. Erst das richtig Gedachte führt zum richtig Gemachten.“ Erst hat der „Aggressor“ Putin nur „ein Stück weit“ recht, wenn er eine Föderalisierung der Ukraine in Betracht zieht und kurz darauf wird festgestellt, daß der Westen auch „ein solch´ neues Denken“ braucht. Wer sagt´s denn. Allerdings scheint es wirklich nicht einfach zu sein, das Richtige zu erkennen und gleichzeitig der öffentlichen Meinung nach dem Munde reden zu wollen. Hört sich jedenfalls sehr nach Gewissenskonflikt an. Denn wenn der Autor schon richtig denkt, dann sollte er es auch richtig machen.
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