Manuel Freund, Gastautor / 12.08.2019 / 11:30 / Foto: Pixabay / 75 / Seite ausdrucken

Ansichten eines Chorknaben: Mädchen will sich einklagen

Von Manuel Freund.

Ich singe nun bereits seit knapp 10 Jahren in einem Knabenchor und nebenbei noch im Schulchor. Ich habe daran immer noch sehr viel Spaß und singe aktuell in der Stimmlage Tenor. Ich bin allerdings nicht der einzige Gesangsbegeisterte in meiner Familie. Meine Schwester liebt singen, seit sie klein ist. Dementsprechend war es auch kein Wunder, dass sie unglaublich traurig war, als ich in den Knabenchor kam und sie nicht durfte – sie war nun mal kein Junge. Leider gab es vor Ort auch kein entsprechendes Pendant in Form eines Mädchenchores. So machte meine Familie immer wieder Witze darüber, dass das Prinzip eines Knabenchors ja sexistisch sei und man sich sicherlich irgendwie in den Chor klagen könne – natürlich immer mit dem Wissen im Hinterkopf, dass das nur ein schlechter Scherz ist und so etwas niemals wirklich durchgehen würde.

Da haben wir aber Berlin unterschätzt. Auch Berlin hat einen reinen Knabenchor: Der Berliner Staats- und Domchor. Und kürzlich bewarb sich ein neun Jahre altes Mädchen, um in diesem Chor mitzusingen. Logischerweise wurde es abgelehnt. Das hat der Mutter allerdings nicht gepasst und prompt reichte sie Klage ein. Sie betonte, dass ihrer Tochter nur aufgrund ihres Geschlechtes staatliche Leistungen verweigert werden. Zum Verständnis sollte man an dieser Stelle bemerken, dass Kinder- und Jugendchöre viel finanzielle Unterstützung bekommen; von wohltätigen Organisationen, Gemeinden oder in diesem Fall auch vom Staat. Des Weiteren sollte in den Augen der Mutter jedes Kind die Möglichkeit dazu haben, in einem Kinderchor zu singen.

Warum schickt die Mutter ihre Tochter nicht einfach in einen Mädchenchor? Nun, dazu muss man (nicht sexistisch, sondern einfach ehrlich) sagen, dass Mädchenchöre niemals so erfolgreich und bekannt sein werden wie Knabenchöre. Man kennt die Wiener Sängerknaben, die Thomaner oder die Regensburger Domspatzen, aber wie viele Leute kennen mehr als den örtlichen Mädchenchor?

Mädchenchöre haben keinen Tenor oder Bass

Das hat einige simple Gründe. Erstens: Mädchenchöre haben keinen Tenor oder Bass. Das ist schlichtweg nicht möglich, denn Mädchen haben nur einen sehr geringen Stimmbruch. Jetzt stellen wir uns mal unseren Lieblingssong vor und nehmen einfach den kompletten Bass beziehungsweise alle tieferen Töne raus. Das kann einfach nicht so gut klingen wie ein Lied mit Bass und Tenor.

Warum kann ein Mädchen denn jetzt nicht in einem Knabenchor singen? Grundsätzlich unterscheiden sich die Stimmlagen von Mädchen und Jungen vor dem Stimmbruch gar nicht oder nur geringfügig. Jedoch ist die Klangfarbe anders. Mit einem gemischten Kinderchor könnte man niemals das Klangbild eines reinen Knabenchores schaffen. Das sollte eigentlich schon als Grund reichen.

Es gibt allerdings noch einen weniger offensichtlichen Grund: Mangel an Männerstimmen. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung und aus vielen Anekdoten meines Chorleiters, dass selbst Knabenchöre oft viel zu wenig Männerstimmen haben. Viele verlassen den Chor, noch bevor sie Männerstimmen werden, denn Chor ist ein zeitaufwendiges Hobby. Viele gehen wegen des Abiturstresses oder weil sie zum Studieren oder für ihre Ausbildung umziehen. Später hinzukommen ist allerdings sehr schwer, da wir für gewöhnlich in der ersten Klasse mit einer intensiven Stimmausbildung anfangen. In gemischten Chören ist das Ungleichgewicht zwischen Sopran/Alt und Tenor/Bass noch viel extremer, denn Frauen können – wie der Name schon sagt – keine Männerstimmen werden. In meinem Schulchor sind wir dementsprechend etwa 30 Frauen-/Knabenstimmen und gerade einmal vier Männerstimmen.

Gleichberechtigung hin oder her, ein Knabenchor ist ein Knabenchor und ein Mädchen hat dort nichts zu suchen. Das ist nicht sexistisch, es wäre doch auch komisch, wenn ich jetzt plötzlich in einem Mädchenchor als Sopran anfangen würde.

Dass sich Knabenchöre und eben nicht Mädchenchöre durchgesetzt haben, muss man einfach hinnehmen und jeder, der damit ein Problem hat, sollte sich mal fragen, warum es eigentlich kein Germany’s Next Topmodel für Jungs gibt.

 

Manuel Freund ist Schüler aus Hamburg und schrieb diesen Beitrag zuerst für den Jugend- und Schülerblog Apollo-News.

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Sabine Heinrich / 12.08.2019

Lieber Manuel, danke für Ihren fundierten Beitrag, dem nichts hinzuzufügen ist! - Dennoch muss ich dies tun und meiner geballten Ladung Vorurteile gegen die Mutter Ausdruck verleihen. Wie stelle ich mir so eine Frau vor? Eine alleinerziehende linke feministische, männerhassende, frustrierte Spätgebärende aus wohlhabendem Hause, deren Tochter seit der Geburt wie eine Prinzessin hofiert wird, der man jeden Wunsch von den Lippen abliest und keinen versagt - selbst wenn das Kind kein Baby mehr ist. Kind - weiblich - könnte ja schreien und toben! Grenzen setzen? Viel zu anstrengend! Da versucht Frau Mutter lieber, ihren und des Kindes Willen per Klage durchzusetzen; die Gerichte haben ja auch sonst nichts zu tun. Die Mutter - vielleicht gelangweilte Rechtsanwältin mit fehlenden Aufträgen - die glücklicherweise ihr Kind von 7.00 Uhr bis 13 Uhr in der Schule und anschließend bis mindestens 16 Uhr im sogenannten Hort abgeben kann, damit sie in Ruhe im Straßencafe ihren Cappucino schlürfen und ihre Kenntnisse als Rechtsanwältin endlich einmal sinnvoll einsetzen kann. Ah ja - Fernziel ist natürlich die Auflösung der (erfolgreichen) Knabenchöre.  Mir schwant bei der heutigen Einstellung vieler Gerichte nichts Gutes. Wenn diese - vermutlich Helikoptermutter - mit ihrer Klage Erfolg hat, begehre ich die Mitgliedschaft in einem benachbarten dörflichen Shantychor. Ist mir doch egal, wie mich die alten Männer anfeinden - Hauptsache, ich habe mich durchgesetzt! HA! - Und wenn dann noch die Ehefrauen der betagten Männer vor Eifersucht platzen - HA! Das wird ein Fest!

Jürgen Probst / 12.08.2019

So einfach ist das! Ich hab’s verstanden. Alles andere ist Ideologie.

H.Milde / 12.08.2019

Hmmm, Mutter-Kind (XX)-Knabenchor-Klage-Berlin? Ich vermute:  Lehrende/Beschulerin mit Doppelnamen, maßlose Frustrationsintoleranz und Anpassungsstörung mit Projektion auf die Brut (leider nur XX)? Der Klage wird in R²G-Sexy-Berlin bestimmt stattgegeben. Masel tov.

Hans Heppner / 12.08.2019

Könnte man als Aufnahmekriterium anstatt des Geschlechtes nicht das Erreichen einer bestimmten Stimmlage nehmen? Wer das kann, ist drin, wer nicht, nicht.

Lutz Herzer / 12.08.2019

Dem von der Klage betroffenen Chor würde ich empfehlen, in seiner Klageerwiderung auch einen Hinweis auf das Gesetz zur “Beschneidung des männlichen Kindes”, § 1631d BGB, sowie auf § 226a StGB zu bringen. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber geschlechtsspezifische anatomische Unterschiede in die Rechtsetzung einfließen lässt, ist ein zusätzliches Argument für den Ausschluss von Mädchen aus Knabenchören, auf das man nicht verzichten sollte.

Stefan Zorn / 12.08.2019

Deutschland ist ein Irrenhaus!

Sabine Schönfelder / 12.08.2019

Mein Vorschlag: lieber ins Affenhaus in den Berliner Zoo einklagen. Die Chancen stehen gut, just sind Obi und Philippa ausgebüchst, also Platzmangel lassen wir nicht als Ausrede zur Aufnahmeverweigerung gelten! Selbst für die liebe Mammi wäre dort noch ein Plätzchen frei, ich bin ganz sicher, daß sie sich dort seehrrr wohlfühlen wird mit ihrer Kleinen, und musikalisch sind Affen auch und Veganer, wenn man ihnen nur Bananen gibt…....

Thomas Taterka / 12.08.2019

Das deutlich überhitzte Rechtsverständnis dieser Frau sollte man durch Distanz wieder runterkühlen lassen und die ideologisch missbrauchte Tochter hat mein Mitgefühl, für alles, was ihr noch bevorsteht mit dieser ” besorgten ” Trittbrettfahrerin von Mutter. Au, au, au - was für eine Hirnverbranntheit unter der Schädeldecke der Weltverbesserung!

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