Annalena zwischen Scheuklappen und Landeklappen

Hier soll keineswegs die Sinnhaftigkeit der Reisetätigkeit einer Außenministerin infrage gestellt werden, denn sie fliegt ja zum Wohle des deutschen Volkes um die Welt. Dafür müssen Umwelt und Steuerzahler die eine oder andere Kröte schlucken. So etwa auf dem Flug Richtung Australien. Hier eine aerodynamische Musterrechnung.

Wenn die Strömung der Luft um ein Flugzeug herum genügend Auftrieb erzeugt, um sein Gewicht zu tragen, dann fliegen wir. Dieser Auftrieb hängt hauptsächlich von Größe und Gestalt der Tragflächen ab, und er nimmt mit dem Quadrat der Geschwindigkeit zu. Dreifache Geschwindigkeit heißt also neunfacher Auftrieb – ceteris paribus.

Im Reiseflug soll ein Flieger schnell sein, etwa 870 km/h; am Boden, bei Start und Landung aber möglichst langsam – sagen wir ein Drittel davon, also 290 km/h. Der Auftrieb wäre bei dieser Geschwindigkeit aber nur noch 1/9,  also 11 Prozent des Auftriebs im Reiseflug – und beides Mal soll der ganze Flieger in der Luft bleiben? Das funktioniert nur deshalb, weil die Luft am Boden etwa viermal so dicht ist wie oben, weil der Pilot die Nase des Fliegers bei Start und Landung nach oben nimmt, und weil Auftriebshilfen, vulgo „Landeklappen“, ausgefahren werden, die für zusätzlichen Auftrieb sorgen – aber auch für mehr Luftwiderstand.

Besagte Auftriebshilfen sind auch beim Start nötig, denn auch da ist das Flugzeug ja noch langsam. Wenn es dann aber auf Strecke geht, dann sind die Dinger hinderlich, weil sie enorm bremsen. Deswegen fährt sie der Pilot nach dem Abheben schrittweise wieder ein, was für den Passagier durch ein gesundes Surren bemerkbar wird, und im Cockpit durch eine Anzeige.

Falls das Surren ausbleibt, dann haben wir Pech gehabt – keine Chance, den Flug fortzusetzen, man würde das Ziel niemals erreichen, weil die Klappen zu sehr bremsen. Man kehrt also zum Ausgangsort zurück. Da aber – aus diversen Gründen – das maximal zulässige Abfluggewicht deutlich über dem maximalen Landegewicht liegt, ist die mit Sprit vollgepumpte Maschine jetzt zu schwer. Um das zu korrigieren, wirft man nicht etwa Passagiere oder Gepäck ab, sondern Treibstoff.

Im Fall von Annalenas Flug waren das, nach Presseberichten, 80 Tonnen Kerosin. Sie kehrte auf ihrem Flug nach Australien zweimal um und kehrte zu ihrem Ausgangsort zurück wie ein Bumerang, obwohl sie sich doch erst in Abu Dhabi befand. Und das sogar zweimal, denn die Reparatur nach der ersten abgebrochenen Reise war erfolglos. Zweimal hintereinander dasselbe Spektakel, welches so manchem Airliner in seiner ganzen Karriere kein einziges Mal passiert. Joachim Ringelnatz (1883–1934) hätte jedenfalls seine Freude gehabt, wiederlegt zu werden: 

Bumerang

War einmal ein Bumerang;
War ein weniges zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
Aber kam nicht mehr zurück.
Publikum – noch stundenlang –
Wartete auf Bumerang.

Teurer Regen

Da wurden dann also aus etwa 2.000 m Höhe zweimal 80 Tonnen Kerosin abgeworfen, die in der Luft evaporierten, also nicht als Regen unten ankamen, die aber letztlich ihren Weg finden werden, um sich in CO2 und H2O zu verwandeln. Der Preis pro Tonne für die Airline – in diesem Fall die Bundeswehr – beträgt etwa 600 Dollar. In diesem Fall wurden also gerade mal 100.000 Euro in die Luft gepustet. Dafür muss dann ein braver Arbeiter zehn Jahre lang seine Steuern abdrücken. So geht Gerechtigkeit.

Und noch etwas: Besagte 160 Tonnen Kerosin sind umgerechnet etwa 200.000 Liter. Ein sparsamer Dieselfahrer käme damit 3 Millionen Kilometer weit, und 200 genügsame Dieselfahrer könnten damit ihren Jahresbedarf decken, beziehungsweise 200 Dieselfahrern muss ihr Auto ein Jahr lang verboten werden, um Annalenas Flugpannen klimamäßig zu kompensieren.

Das ist nicht schön. Aber man hat uns ja freundlicherweise Scheuklappen verpasst, damit wir all das Leid nicht sehen müssen.

 

Hans Hofmann-Reinecke studierte Physik in München und arbeitete danach 15 Jahre in kernphysikalischer Forschung. In den 1980er Jahren war er für die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien als Safeguards Inspektor tätig. Er lebt heute in Kapstadt. Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.

Foto: Montage Achgut.com

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Leserpost

netiquette:

Elias Schwarz / 16.08.2023

Das Fräulein auf dem Foto mit A-340 im Hintergrund hat überhaupt nicht gelächelt, sah sogar eher uninteressant aus. Aber wieviel nochmal bekommt der Fotograf?

Sam Lowry / 16.08.2023

“Das die Deutschen regungslos zuschauen, wie dumme Menschen ihr Land und ihre Zukunft plündern, bleibt mir wohl auf ewig ein Rätsel.”

Wolfgang Richter / 16.08.2023

@ Sam Lowry - “Wen interessiert schon..” Offenbar viele, die zB einen Clip ansehen, bei dem der Dame ein Zoo - Tiger folgt.

Wolfgang Richter / 16.08.2023

@ s. Busche - “Skulpturen „zurückgeben“, ” Also bitte, daß die “kulturelle Aneignung” früherer Dekaden endlich geheilt wird, verdient doch wohl Dank und Anerkennung (siehe “Benin-Bronzen”). Die entsprechend zu beschenkenden Aboriginies in Australien können sodann ihren Ahnen huldigen und das Zeug im StammesMuseum der interessierten Öffentlichkeit darbieten (ist auch Anlaß für zukünftige hiesige Politgenerationen, zum Spenden von Steuergeld auch noch mal hin zu fliegen). Und nie zu vergessen, Deutsche Kolonialschuld wird endlich Stück für Stück getilgt.

Wolfgang Richter / 16.08.2023

Statt ordentlicher Wartung wird der Flieger ja jetzt “verschrottet”. Glück, daß es schon länger keine Aschenbecher mehr im Flieger gibt, sonst hätte ihn das Schicksal schon früher ereilt, nach der ersten “Ascher-Füllung”.

S.Busche / 16.08.2023

Was soll die Urlaubs- und Besichtigung zu Eruptionen auf Fidschi, wenn im Ahrtal den Bürgern bis jetzt noch nicht alle Spendengeldern ausbezahlt wurden? Skulpturen „zurückgeben“, die angeblich in wenigen Jahren mit den Inseln im Ozean versinken? Grünkranke Logik. Vielleicht kann man dem Schnattermaul ein paar Tage Benimmschule in Arabien gönnen. Man kann nicht früh genug lernen, wie Frau ihren Kopf, Gesicht, Arme und Beine vor der Sonneneinstrahlung verhüllt.

D.Graue / 16.08.2023

Die Ministerdarstellerin und ihre Entourage sitzen in Dubai fest, ach herrje, das Flugzeug ist 23 Jahre alt, also sozusagen Schrott und die Flugbereitschaft scheint nichtmal dazu fähig ihre Flotte zu warten. Dazu schicke Fotos an der Gangway vom mitgereisten Profi, der den Steuermichel ein sechsstelliges Jahressalär kostet. Keiner der Funk- und Pressefritzen kommt auf die Idee, mal kritisch zu hinterfragen, wo Sinn und Notwendigkeit einer solchen Reise zu suchen sind, oder mal öffentlich nachzuhaken, was denn aus dem grossmäuligen Versprechen geworden ist, auf ebensolche Individualreisen zu verzichten und ganz im Sinne des Klimas, aus lauter Flugscham, die notwendigen Reisen per Linienflieger zu absolvieren. Großes moralinsaures Ankündigen, dem Plebs das Auto, die Heizung und die Urlaubsreise am liebsten verbieten, selber aber Reisen wie der Sonnenkönig mitsamt einem Hofstaat, um irgendwo Hunderttausende Kilometer entfernt in jedes offene Mikrofon, in unterirdischem Schulenglisch, mit dem Charisma einer Raufasertapete, irgendwelchen Blödsinn zu rülpsen und Ratschläge zu erteilen, die mit Blick auf den Zustand unseres Landes keine Sau braucht oder hören will. Gibt es auch nur irgendeine positive Sache, die diese unsägliche Person zustande gebracht hat, irgendein Ergebnis dass im Sinne oder zum Vorteil des Landes wäre? Was ist mit den Medien nur los?

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