Unser junger „Verein Säkularer Islam Hamburg e.V.", in dessen Vorstand ich mit Necla Kelek und Hamideh Kazemi sitze, befindet sich wenige Tage später schon im investigativen Fadenkreuz der Shiiten-Islamistenbrüder Özoguz vom shiitischen Portal "Muslim-Markt":
"Wenn Presstituierte zusammen mit Nichtmuslimen eine islamische Partei in Deutschland gründen".
Danke für die "Ehre", schon jetzt als "islamische Partei" firmieren zu dürfen – auf diese Idee sind wir noch gar nicht gekommen. Besonders angetan hat es Bruder Özoguz (Schwester Aydan Özoguz, SPD, war mal Integrationsbeauftragte der Bundesregierung), dass wir die ausländische Abhängigkeit vieler Islamverbände und Moscheen infrage stellen. Der Vergleich mit dem Papsttum war hier postwendend zu erwarten. Hier ist er in den Worten des Artikelschreibers:
"Absurd ist die Aufforderung, dass Muslime keine „Weisungen“ von ihren Religionsoberhäuptern erhalten dürfen, wenn diese nicht in Deutschland sitzen. Gibt es denn wirklich keinen einzigen halbwegs angesehenen Presstituierten, der den Rassismus in dieser Aussage bemerkt, welcher sich ausschließlich gegen Muslime richtet? Wie ist es denn mit der katholischen Kirche? Darf sie keine Weisungen aus dem Vatikan erhalten, nachdem der amtierende Papst nun nachweislich kein Deutscher mehr ist?"
Vor längerer Zeit hatte ich zu diesem Thema mal ein paar Gedanken aufgeschrieben, die ich hier gerne wiedergeben möchte:
"Normalerweise, wenn man die Beeinflussung der DITIB und anderer Islamverbände aus dem Ausland kritisiert (etwa jene, die die türkische Religionsbehörde DIYANET über die DITIB vornimmt), kommt danach prompt der schlaumeierische Einwand: "Ja, und was ist mit dem Vatikan und den päpstlich ernannten Bischöfen?" Wenn du das meintest, dann lass mich dazu mal folgendes Grundsätzliche sagen:
Wenn der Papst Geistliche ernennt (Bischöfe, Kardinäle etc.), dann nicht in Staatszweckerfüllung einer "ausländischen Macht" namens Vatikanstaat, sondern in Erfüllung einer überstaatlichen geistlichen Aufgabe ("Hirtenamt"), die sich päpstlich in der Institution "Heiliger Stuhl" inkorporiert (Papst als "personale Repräsentation" des Hl. Stuhls).
Diese Institution ist zwar ein Völkerrechtssubjekt, herrührend aus der Zeit, als die Päpste noch weltlich über den Kirchenstaat als Territorialstaat herrschten, was de facto 1870 mit der Einigung Italiens und de jure durch die Lateranverträge 1929 beendet wurde). Aber in kirchlichen Angelegenheiten entsendet der Papst die Bischöfe nicht als Vertreter des Staates der Vatikanstadt, sondern als Vertreter der Welt-Kirche und des päpstlichen Lehramtes. Der Papst entsendet bzw. ernennt einen Bischof namens der Kirche als solcher ("Leib Christi"), nicht als Vertreter eines bestimmten Staates, dem dazu noch ein nennenswertes Staatsvolk fehlt, dessen Interessen sein Staatsoberhaupt (der Papst) vertritt, der nicht mal von den ca. 500 Bewohnern des Vatikans, sondern aus den Reihen der internationalen Kirchenfürsten gewählt wird.
Der entscheidende Unterschied dürfte sein, dass der Papst ernennungspolitisch keine spezifischen politischen Interessen des Vatikanstaates durchsetzen will und kann, denn solche existieren bis auf wenige Reste gar nicht (solche würden auch eher nur das Verhältnis zu Italien betreffen und ein bisschen das Völkerrechtssubjekt "Heiliger Stuhl"). Allenfalls könnte der Papst seine eigenen persönlichen Präferenzen bei einer Personalie ins Spiel bringen.
Dann aber mehrt er bei einer einzelnen Personalie, z.B. bei der Neubesetzung eines vakanten Bischofsitzes, punktuell nur seine spezifische Lehrauffassung, etwa, indem er jemanden zum Kardinal beruft, der geistlich "auf seiner Linie" liegt. Da jeder Katholik als Teil des Ganzen die Kirche repräsentiert, sind die Gläubigen wiederum auch nicht "Agenten", geschweige denn Exilierte oder (potenzielle) Bürger des Vatikanstaats, an die sich der Papst qua kontinuierlicher apostolischer Ansprache als Manövriermasse päpstlicher "Kanzelpolitik" wendet, wie sich die DIYANET (und über sie letztlich, wenn auch unsichtbar, Erdogan) in zentral ausgearbeiteten wöchentlichen Predigten an die Auslandstürken als Teil der gedachten Gesamtnation Türkei wendet. Die von allen Kanzeln verlesenen päpstlichen "Hirtenbriefe" sind auch hier keine "Beeinflussung aus dem Ausland" mit einer besonderen "ausländischen" Interessens-Färbung à la DIYANET, sondern sie sind die aktuelle individuelle Verbalisierung eines apostolischen, seit 2.000 Jahren bestehenden Lehr- und Anleitungsamtes, in dem sich die gesamte Kirche selbst ausdrückt und in dem sie zu sich selbst findet.
Das, was oberflächlich betrachtet "Ausland" am Papst ist, ist nur die, vom einfachen Gläubigen separierte und jenseits der eigenen Staatsgrenzen lokalisierte Vorrätighaltung eines geistlichen Führungsprinzips, nicht Ausdruck eines geistlich-religiös camouflierten, tatsächlich aber weltlich-politischen oder eigenen Staatswillens."
Ich hoffe, in diesem Falle ein wenig gegen den grassierenden "Whataboutism" abgeholfen zu haben.
Es freut mich abschließend, in den Özoguz-Brüdern nun auch fleißige Leser meiner Webseite zum Islam gefunden zu haben. Wer sich selber ein Bild machen will ...(zugegeben, sie ist ziemlich überfrachtet mit Links, man braucht etwas Zeit, um sich durchzufinden, ist aber in erster Linie für mich selbst gedacht).