Peter Grimm / 25.01.2022 / 15:00 / Foto: Sandro Halank / 35 / Seite ausdrucken

Ankündigung des kommunalpolitischen Ungehorsams

In Sachsen kündigen erste Kommunalpolitiker an, die Impfpflicht-Regeln für medizinisches Personal nicht konsequent vollstrecken zu wollen.

(Eine aktuelle Fortsetzung zu diesem Beitrag finden Sie hier)

Die Regierenden gewöhnen sich im fast zwei Jahre währenden Ausnahmezustand immer mehr an das obrigkeitsstaatliche Herrschen. Grundrechte können auf dem Verordnungswege aufgehoben und eingeschränkt werden, die Bürger können mittlerweile in einem zuvor unvorstellbaren Maße einem ganzen Regelwerk von staatlichen Geboten und Verboten unterworfen werden. Der aktuelle Höhepunkt ist die der Allgemeinheit drohende Impfpflicht. Die Mitarbeiter im Gesundheitswesen und in der Pflege sind dieser Pflicht bekanntlich schon in einigen Wochen unterworfen.

Doch jetzt könnte der Corona-Staat vor einer Herausforderung stehen, die sein Funktionieren auf dem Verordnungswege vielleicht existenziell gefährdet. Was passiert eigentlich, wenn in Berlin und in den Landeshauptstädten Regeln gemacht werden, die niemand mehr vor Ort vollstrecken will? 

Am Montag haben viele Bautzener – wie Bewohner etlicher anderer Städte auch – wieder gegen die Corona-Politik und die Impfpflicht demonstriert. So weit, so normal in diesen Tagen. Es ist schon eher ungewöhnlich, wenn kommunale Verantwortungsträger als Redner vor den Demonstranten auftreten, wie am Montag der Bautzener Vize-Landrat Udo Witschas (CDU). Doch hat wohl noch kein Kommunalpoltitiker bei einer solchen Gelegenheit öffentlich den kommunalen Ungehorsam angekündigt.

„Wer soll sich um die Pflegebedürftigen kümmern“

So hat ihn zumindest der Berichterstatter für mdr.de verstanden, denn dort hieß es:

„Der Landkreis Bautzen will die ab März geplante Impfpflicht in seinen Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern nicht durchsetzen. Das kündigte Vize-Landrat Udo Witschas am Montagabend vor rund 600 Demonstrantinnen und Demonstranten an. ‚Wenn Sie mich danach fragen, was das Gesundheitsamt des Landkreises Bautzen machen wird, dann werden wir unseren Mitarbeitern in der Pflege und im medizinischen Bereich kein Berufsverbot, kein Betretungsverbot erteilen‘, erklärte Witschas unter tosendem Beifall der Anwesenden, der an der Eingangstür des Landratsamtes zu den Demonstranten sprach. Landrat Michael Harig und er könnten die Gefühlslage der Mitarbeitenden der Pflege sehr gut verstehen, die nicht wüssten, ob sie in vier Wochen noch zur Arbeit gehen.“

In dem zitierten Bericht wird auch deutlich, warum der Landrat und sein Stellvertreter den kommunalen Ungehorsam ankündigen. Sie wollen damit keine Zeichen setzen (was sie wohl de facto dennoch tun), sondern ganz pragmatisch auf ein Problem reagieren. Wörtlich wird Witschas zitiert:

„Ich kann Ihnen sagen, warum es bei uns am 16.3. das Betretungsverbot nicht geben wird. Es gibt eine ganz einfache Antwort auf diese Frage: Wer soll sich um diese Pflegebedürftigen und hilfsbedürftigen Menschen kümmern, wenn Sie nicht mehr da sind?“

Landrat Michael Harig (ebenfalls CDU) hat sich nicht vor Demonstranten zu Wort gemeldet, aber dafür einen Brief an den sächsischen Ministerpräsidenten und seinen Parteifreund Michael Kretschmer geschrieben, den er auch auf der Webseite des Landkreises veröffentlicht hat. Darin heißt es unter anderem zu den Demonstrationen, die von Kretschmer übrigens verurteilt werden:

„Wir beobachten die Versammlungen genau und müssen feststellen, dass der Zuwachs der Zahlen vor allem auf die Teilnahme von medizinischem und pflegenden Personal zurückzuführen ist. Dass am heutigen Montag auch zunehmend Genesene und Menschen mit einer Janssen-Impfung teilnehmen werden, ist absehbar. Mit der Diskussion um eine allgemeine Impfpflicht wird es auch weitere Teile der Grundimmunisierten zu den Demonstrationen ziehen. Beispielhaft hat auch der designierte CDU-OB_Kandidat für die Stadt Bautzen sich als Redner auf der Montagsversammlung präsentiert und gegen die Impfpflicht ausgesprochen.“

„Gesichtswahrend in eine andere Richtung lenken“

Und der Landrat versucht seinen Parteivorsitzenden auch zu einer Abkehr von seinem Hardliner-Kurs zu bewegen.

„Die Wissenschaft kommt zunehmend zu der Erkenntnis, dass der Wandel von der Pandemie zu Endemie kurz bevorsteht. Weitere Impfstoffe und Medikamente stehen in Kürze zur Verfügung. Es besteht mithin kein Grund, die Spannungen in der Gesellschaft durch Impfpflichten u.ä. weiter anzuheizen.

Die Entwicklungen in der Welt, die gemachten Erfahrungen mit den gegenwärtigen Mutationen und ein Vertrauen auf ein eigenverantwortliches Handeln der Menschen sollten ausreichende Gründe dafür liefern, die Diskussion gesichtswahrend in eine andere Richtung zu lenken.“

Für die CDU-Landräte ist das eine Existenzfrage. Bei der letzten Bundestagswahl fiel die CDU, die sich in Sachsen seit Wiedererrichtung des Freistaats quasi als natürliche Regierungspartei sah, hinter die AfD auf Platz zwei zurück. Im Frühsommer werden in Sachsen die Landräte direkt gewählt. Da empfiehlt es sich nicht, Landes- und Bundesregierung weiter auf Irrwegen zu folgen. Die Motivation für sächsische Landräte zum Ungehorsam ist sicher auch deshalb groß.

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Foto: Sandro Halank

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Leserpost

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Jörg Themlitz / 25.01.2022

Wenn ich die Meldungen richtig lese und verstehe, ist die alles beherrschende Omikron Welle auf dem Höhepunkt und in diversen Staaten im Sinkflug. Biontech und Pfizer beginnen gerade mit der ersten klinischen Studie eines speziellen Omikron Impfstoffes. Was spritzen die gerade und wogegen soll das sein? Meine “Lieblingsnachrichtenquelle” RND meldet zur Ungefährlichkeit der Impfstoffe: “Betrachtet man nur die schwerwiegenden Reaktionen, liegt die Melderate bei 0,2 Verdachtsfällen pro 1000 Impdosen - 0,02 Prozent.”, “Als “schwerwiegend” definiert das Arzneimittelgesetz Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung erfordern oder zu bleibenden Schäden führen.”; Ich rechne, wenn ich mich irre, bitte korrigieren. Damit die Mitarbeiter von RND das verstehen, nehme ich runde Werte. Von 10.000 Impfdosen 2 “Verdachtsfälle”. Viele haben jetzt 3 Impfdosen. 10.000 durch 3 Impfdosen pro Person heisst, bei 3333 Geimpften 2 “Verdachtsfälle”. Im Herbst 2021 erklärte Herr Sahin von Biontech sinngemäß: ´Im Frührjahr weden wir die 4. und später wahrscheinlich die 5. Impfung brauchen.` Womit und wogegen unklar, siehe paar Zeilen höher. Mit 5 Impfdosen ganz einfach, 10.000 durch 5 = 2 “Verdachtsfälle” auf 2000 Personen. Schwerwiegend entsprechend Arzneimittelgesetz. Als Impfstoffproduzent könnte ich da nicht ruhig schlafen.

Nico Schmidt / 25.01.2022

Sehr geehrter Herr Grimm, Wenn die CDU noch mehr solche Politiker wie in und um Bautzen in das Feld führen könnte, wären sie bei 50% oder mehr. Mit unserem Ministerpräsidenten wird das eher nichts. Mfg Nico Schmidt

Heiko Stadler / 25.01.2022

Noch viel wichtiger finde ich es, eine klare Position gegen den allgemeinen Impfzwang zu beziehen. Die Regierung handelt doch nach dem Prinzip: Wenn wir das Pflegepersonal nicht gezielt treffen können, dann gibt es eben das allgemeine Flächenbombardement.

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