Zielgruppe: Reisende, die ihre Zeit in Ländern verbringen, deren Bauwirtschaft mafiös unterwandert ist. Israel spielt zumindest hier in einer Liga mit dem Libanon.
Sozialprestige: Wer den Nahen Osten aus rein touristischen Gründen bereist, muss stets dieselben Fragen beantworten: „Ist es denn nicht gefährlich in Tel Aviv?“. Seitdem der Anti-Terror-Zaun steht, kann man guten Gewissens antworten: „Nicht gefährlicher als in Castrop-Rauxel – aber natürlich eher um Potenzen als um Faktoren schöner.“ Die großartigste Metropole der Welt ist dieser Tage dennoch ein exotischeres Urlaubsziel als Bali. ***** / *****
Wahnwitzfaktor: Die Gefahr, einem Terroranschlag zum Opfer zu fallen, ist momentan praktisch nicht existent. Von einem durchschnittlichen israelischen Autofahrer versehentlich umgebracht zu werden, ist sehr viel wahrscheinlicher. Da der „Beton“, aus dem die Feuertreppe meines Hotels bestand, bei vorsichtigem Auftreten in faustgroßen Stücken abfiel, halte ich es für durchaus nicht unrealistisch, dass das ganze Ding im Fall einer Evakuierung komplett vom Haus abbricht und mit allen Leuten darauf 45 Meter tief stürzt. Der TÜV Rheinland gäbe mir gewiss recht, wäre er mal dort gewesen. * / *****
Persönlicher Nutzen: Der Grund weswegen ich die Feuertreppe im achtzehnten Stockwerk betrat, war mein Wunsch, Fotos aus dieser ungewohnten Perspektive zu machen. Der Grund das Drecksding in seiner ganzen Länge hinabzusteigen, war hingegen meine Doofheit: Fluchttüren haben außen keine Klinken. Trotz einer Kamera, die mindestens unter grauem Star leidet, wurden die Bilder von Tel Aviv bei Nacht aber wunderschön – manche Motive kann nichts entstellen. ***** / *****
Gesellschaftlicher Schaden: So lange das Hotel weder tatsächlich brennt, noch irgendein Scherzbold dort den Feueralarm aus Jux und Dollerei betätigt, sind die hier beschriebenen Baumängel völlig egal. Da ich aber davon ausgehe, dass die Luftschutzbunker auf allen Etagen aus derselben Betonpersiflage gefertigt sind, würde ich einen – extrem unwahrscheinlichen - Raketenangriff eher im geräumigen Zimmer vor dem Fernseher, als dort zusammengepfercht verbringen. *** / *****
Fazit: Wer sich von solchen Lächerlichkeiten abhalten lässt, die großartigste Stadt der Welt selbst zu erleben, soll bitte zu Hause bleiben und sich das Genick brechen, weil er dort unter der Dusche ausrutscht. Allen anderen freundlichen Menschen wünsche ich die Möglichkeit, im Gegensatz zu mir gleich dort bleiben zu können und viel Spaß in Tel Aviv! ***** / *****
Fotos bei David Harnasch