Ramin Peymani, Gastautor / 12.04.2021 / 10:00 / Foto: Pixabay / 91 / Seite ausdrucken

Angriffe auf das Grundgesetz – springt jemand ab?

Es wäre so wichtig für unsere Demokratie, wenn der Widerstand aus den staatlichen Reihen endlich massiver würde. Immerhin hat der deutsche Landkreistag nun deutliche Worte gefunden. Und auch der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Richterbundes erteilte der geplanten Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes (siehe vor allem § 28b Abs. 7) eine harsche Absage.

Bis Ende 2019 stand Jens Gnisa dem größten Berufsverband von Richtern und Staatsanwälten vor. Sein Urteil zu Merkels radikalen Plänen fällt vernichtend aus: „Man sieht mich selten fassungslos. Aber nun ist es so weit“, empörte sich Gnisa. „Ab einer Inzidenz von 100 nächtliche Ausgangssperren zu verhängen, obwohl von Gerichten deren Wirksamkeit angezweifelt wurde, ist eine Nichtachtung der Justiz“, mahnte der renommierte Richter. Dies sei „auch nicht der Brückenlockdown von 2 oder 3 Wochen, der diskutiert wird, sondern ein nicht mehr einzufangender Dauerlockdown.“

Klarer kann ein Urteil nicht ausfallen. Und tatsächlich erscheint das, was Merkels Regierung im Schweinsgalopp durchpeitschen will, als ein Angriff auf Demokratie und Gewaltenteilung. Die Kanzlerin hat jedes Maß verloren. Lange hoffte mancher wohl, die Selbstregulierungskräfte des demokratischen Rechtsstaats würden sie schon bremsen. Dieser naiven Hoffnung sitzt Deutschland nicht zum ersten Mal auf. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die von Panik geschüttelten Wahlschafe das ungute Treiben der Regierungschefin wohl auch noch mehrheitlich goutieren. Es gehören eben immer zwei dazu, wenn der Totalitarismus siegt: Skrupellose Mächtige hätten ohne die Masse willfähriger Gefolgsleute wenig Chancen.

Ein System, das auf totalen Zentralismus setzte

Dass sich auch in manchen Bundestagsreihen Widerspruch regt, kann man wahrscheinlich getrost vergessen. Die Opposition, die lieber gegen die AfD-Fraktion kämpft, als dem regierungsgetriebenen Angriff auf die Grundrechte Einhalt zu gebieten, ist zahnlos. Die gespielte Empörung ist bei vielen nicht mehr als Theater, wie die Abstimmung zur europäischen Schuldenunion unlängst gezeigt hat.

Ernster kann man da schon die Wortmeldung des Präsidenten des Deutschen Landkreistages nehmen. Reinhard Sager bezeichnete den Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes am Wochenende als „in Gesetz gegossenes Misstrauensvotum gegenüber Ländern und Kommunen“ und dürfte damit nicht einmal falsch liegen. Tatsächlich hat Angela Merkel zuletzt keinen Hehl daraus gemacht, dass sie Ländern und Kommunen nicht mehr vertraut. Sie scheinen ihr vor allem deshalb ein Dorn im Auge zu sein, weil sie ihr das Durchregieren verleiden.

Überhaupt macht der Föderalismus einer Kanzlerin immer mehr zu schaffen, die in einem System ausgebildet worden ist, das auf totalen Zentralismus und eine starke Blockbildung setzte. Dass zu diesem System auch Einschüchterung, Denunziation, Gleichschaltung und die Verfolgung Andersdenkender gehörte, sei nur am Rande bemerkt. Es weiß niemand besser, wie auf die Verhältnisse vor Ort zu reagieren ist, als die Verantwortlichen in den Landkreisen und Städten. Insofern hat der Präsident des Landkreistages die Argumente auf seiner Seite. Es ist völlig unsinnig, einem dünn besiedelten Landkreis, in dem schon einige wenige positiv Getestete die Inzidenz hochtreiben, die gleichen martialischen Maßnahmen zu verordnen wie einer Großstadt, in der es erheblicher Infektionszahlen bedarf, um denselben Inzidenzwert zu erreichen.

Grundrechte sind Abwehrrechte

Auch für die unpolitischen, unkritischen, staatsgläubigen Mitläufer wird es nun Zeit, aufzuwachen. Glauben Sie wirklich, dass ehemalige und aktuelle treue Staatsdiener plötzlich zu Corona-Leugnern, Rechtspopulisten oder gar „Nazis“ mutiert sind? Halten Sie es für wahrscheinlich, dass die Frauen und Männer an der kommunalen Front dümmer sind als das Bundeskabinett? Sind Sie tatsächlich der Meinung, dass die ausschließlich auf die Inzidenzwertbetrachtung ausgerichtete Corona-Politik auf irgendeiner wissenschaftlichen Grundlage beruht? Wachen Sie auf!

Was sich derzeit in unserem Land ereignet, ist der Versuch einer Bundesregierung, ihre Machtfülle immer weiter auszudehnen, indem sie die Axt an das Grundgesetz legt. Die Herrschenden machen sich an den Grundpfeilern der Demokratie zu schaffen. Man könnte gar den unguten Eindruck gewinnen, sie sind auf dem Weg, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen. Grundrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat und nicht in dessen Belieben gestellt.

Wer dies anders sieht, stellt sich außerhalb des demokratischen Spektrums. Es ist erschreckend, dass so viele Bürger, vor allem aber fast alle Bundestagsparteien das Grundgesetz inzwischen eher als hinderlich beim Bestreben zu erachten scheinen, eine andere Gesellschaftsordnung zu errichten. Ganz bewusst haben die „Väter des Grundgesetzes“ dies nach den Erfahrungen des „Dritten Reichs“ in einer brillanten Verfassungsschrift zu verhindern versucht. Sie haben dabei darauf gesetzt, dass sich nie wieder eine Mehrheit dafür findet, die demokratische Grundordnung abzuschaffen. Hoffen wir, dass sie sich nicht getäuscht haben.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis „Liberale Warte".

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Leserpost

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Peter Meyer / 12.04.2021

Herr Nitzsche, das IST es eben, die Abgeordneten sind ihrem GEWISSEN verpflichtet, nicht den Wählern, das ist ein grundlegender Konstruktionsfehler, denn glauben Sie, daß Leute wie Roth, Schäuble, Spahn, Merkel, Scholz, Kühnert, Baerbock, Henning-Wellsow usw. ein GEWISSEN haben? Vielleicht ein totalitäres Gewissen, daß Ihnen vorgibt, für alles zu sein, was den Demos entrechtet und den Sozialismus stärkt. Ansonsten fehlt eine klagefähige juristische Defition für “Gewissen”, und damit kann jeder machen, was er will. Und Geld hat schon manches Gewissen beruhigt…

E. Müsch / 12.04.2021

Verrückte Welt, die wahren Verfassungsfeinde in der Regierung können unbehelligt ihre autoritäre Diktatur installieren, während eine kleine und nahezu unbedeutende Oppositionspartei, die das Grundgesetz und die Demokratie erhalten will so wie es ist, vom sogenannten Verfassungsschutz beobachtet wird, Repressalien, Drohungen und offener Gewalt ausgesetzt ist.  Auf Menschen, die für die Einhaltung des Grundgesetzes demonstrieren wird von der Polizei eingeprügelt, und die faschistischen Schlägertruppen des Regimes die sich ironischer Weise Antifa nennen, gehen für Ihre Übergriffe auf friedliche Demonstranten straffrei aus, während die selbsternannten Qualitätsmedien in Verdrehung der Tatsachen von Gewalt der regimekritischen Demonstranten herumlügen (wie zur Demo in Kassel geschehen). Hätte die Republik funktionierende staatliche Organe der Gewaltenteilung müsste der Verfassungsschutz und die Judikative das Merkel Regime stoppen und anklagen. Das entmannte Parlament wird Merkels Ermächtigungsgesetz wohl durchwinken. Es ist das 2. totale Staatsversagen einer parlamentarischen Demokratie auf bunt deutschem Boden. Ich habe mich wie so viele gefragt, wie konnte es zu einer Diktatur wie im 3. Reich kommen, heute sehen wir die Antwort. Der Punkt wehret den Anfängen ist längst überschritten. Was soll noch geschehen und was können wir tun?

Frank Baumann / 12.04.2021

Nein. Das wird durchgewunken. Alles. Unter Jubel. Ich hatte heute ein Gespräch mit einer Person, die ich vom Stand her der intellektuellen Elite zurechnen möchte. Mein Hinweis auf die Problematik der geplanten Gesetzänderung wurde zwar als solches respektiert und durchaus wahrgenommen, aber nur, weil “das auch das falsche Hände geraten könne”. Daher gäbe es auch derzeit keinen Grund zur Beunruhigung. Nein, ich weiß auch nicht, was die alle genommen haben und wieso es bei mir nicht wirkt.

E Ekat / 12.04.2021

Ihr könnt ja rübermachen… (Ach nee, geht ja nicht mehr). Unsere staatliche Strukturen gleichen zunehmend jenen der KPC. Und das so kurz vor den Wahlen. Wer hätte das gedacht. Unser Parlament wird die erforderliche 2/3 Mehrheit aufbringen, diesmal sogar mit der SPD.  denn diese Frau weiß, was sie macht. Sie wird weitermachen, bis nichts mehr geht.  Keiner hat annähernd das Potential, sie aufzuhalten.

Thomas Schmied / 12.04.2021

Deutschland gilt als aufgeklärtes Land, das ist es aber nicht. Die Mehrheit weiß nicht mal mehr, was Aufklärung überhaupt ist. Man wird in der Regel annehmen, dass es hier um Sex geht. „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung. (...)” Diese Sätze sind keine intellektuelle Geheimformel, sie gehören an jede freie Wand! Kant hat schon 1784 genau definiert, was mAn auch das heutige Problem ist: “Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung freigesprochen (naturaliter majorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein.” Demokratie ist nicht die Herrschaft der Vernunft, sondern die der Mehrheit. Die Mehrheit kontrolliert, wer sie am lautesten anschreit und dafür die größten Megafone bestitzt. Leider! Mächtige Medien sind das Herrschaftsinstrument, nicht die besseren Argumente. Nur das Grundgesetz setzt hier Grenzen und einen guten Rahmen. Wenn sie jetzt noch die Axt an das Grundgesetz legen und niemand dem etwas entgegensetzt… Wage wieder selbstständig zu denken, Deutschland! SAPERE AUDE!

E. Albert / 12.04.2021

@Dirk Göske - Dieses Gericht hat Merkel doch sowieso bereits längst einem treuen Vasallen, Stephan Harbarth (ehem. CDU-Bundestagsabgeordneter), anvertraut. Daher ist von dort bestimmt keine Hilfe mehr zu erwarten. So nahm der Präsident des Bundesverfassungsgerichts die Bundesregierung gegen Diktatur-Vorwürfe wegen ihrer Corona-Politik in Schutz, statt denen mal die Leviten zu lesen: „Wer die Gegenwart als ‘Diktatur’ bezeichnet, relativiert die Naziherrschaft und diffamiert die beste Republik unserer Geschichte“, sagte Harbarth der Rheinischen Post. So etwas seien „absurde und bösartige Parolen“.)

T. Schneegaß / 12.04.2021

@Rolf Rüdiger: Eines der Argumente meines Vaters (Sozialdemokrat, ich hoffe, man nimmt mich jetzt nicht in Sippenhaft) damals als Jugendlicher auf meine Fragen, wie es 1933 dazu kommen konnte, war sinngemäß: eine Mehrheit? war der Meinung, lasst diesen Hitler ruhig mal an die Macht, es wird bei diesem Charakter nicht lange dauern, bis er scheitert und die kollektive Vernunft des Volkes siegt. Dass ein ganzes Volk dermaßen diktaturaffin ist, hätten viele sich nicht vorstellen können. Hat sich viel geändert?

Fred Burig / 12.04.2021

@lutzgerke: “Die Rechtsausleger sind das größte Problem…..” Oh, der Impfstoff hat tatsächlich Nebenwirkungen!  “Von dieser neurechten Agentenbagage werden auch MEINE Grundrechte angegriffen!”......, den Placebo- Effekt gibt’s tatsächlich!  MfG

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