Frau Stephan, 2005 haben Sie Angela Merkel gewählt. Jetzt sind Sie enttäuscht. Warum?
Ich habe „Angie“ gewählt, eine Frau mit einer deutlichen Sprache und einem mutigen Reformprogramm. Und habe Mutti bekommen, eine Kanzlerin, die entscheidungsschwach und matt vor sich hinregiert.
Wann hat Merkel Ihre Zustimmung verloren?
Ach, ich habe wie viele andere lange die Hoffnung nicht aufgegeben. Aber es bewegte sich einfach nichts. Und dann kam die Sarrazin-Debatte. Da ist mir der Geduldsfaden gerissen. Wie bitte? Die Frau, die von Mut und Freiheit geredet hat, erklärt ein Buch für „nicht hilfreich“, das sie noch nicht einmal gelesen hat? Da erinnert sie mich an Erich Honecker. Müssen Bücher und Meinungen heute wieder „nützlich“ sein? Werden sie sonst verboten?
Was kritisieren Sie inhaltlich?
Dass sie nicht eine der versprochenen Reformen zustande gebracht hat, noch nicht einmal eine winzig kleine Steuerreform, uns aber weismachen will, sie könnte das Weltklima oder wenigstens die marode EU retten. Dass sie sich den Strukturen des Systems unterworfen hat. Sie, die Außenseiterin, hatte eine historische Chance. Sie hat sie nicht ergriffen.
Was vermissen Sie an Merkels Regierungsstil?
Das entscheidungsfreudige „Durchregieren“, das sie einst angekündigt hatte.
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Siehe auch bLogisch.