Thilo Schneider / 04.07.2021 / 12:00 / Foto: Timo Raab / 133 / Seite ausdrucken

Angela, abgetaucht

Vielleicht haben Sie vergangene Woche eine prominente Politikerin vermisst. Sie wissen schon: eine nette ältere Dame, die sehr gerne rosa Blazer trägt und ein wenig an Dolores Umbridge aus Harry Potter erinnert. Nicht nur vom Aussehen her, sondern auch von der Art, Politik zu betreiben. Was sie unstrittig kann.

Korrekt, die Rede ist von „Mutti“, die diese Woche leider gar keine Zeit für uns brave Bürgerlein hatte. Seit den Morden von Würzburg am 25. Juni war von der beliebtesten Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland nichts zu sehen und nichts zu hören. Kein Statement, kein Wort des Trostes, nicht einmal das sang- und klanglose und kniebeugende Ausscheiden der „Schaft“ gegen England war der Chancelorette ein Wort wert. Oder die Rückkehr der letzten Soldaten aus Afghanistan. Ich hatte ursprünglich vor, ab Dienstag eine Vermisstenanzeige aufzugeben, aber – eigentlich habe ich sie ja nicht vermisst und habe es gelassen.

Aber sie ist wieder da. Auf großer „Angela-Merkel-Abschiedstournee“. Sie wird noch einmal all ihre beliebten Hits wie „Alternativlos durch die Nacht“, „Wir schaffen das“ oder „Nun sind sie einmal da“ spielen. Stand heute gastiert die beste Bundeskanzlerin, die Deutschland je hatte, in London und trinkt schön Kaffee mit der Queen und wird sich auch nochmal mit Boris Johnson treffen – schätzungsweise, um sich daran zu weiden, wie schlecht es den Engländern geht, seit sie aus der EU ausgetreten sind. 

Deutschland war Merkel immer egal. Und die Union auch

Man stelle sich eine Rede von Angela Merkel wie die des österreichischen Bundeskanzlers Kurz vor, nachdem ein 13-jähriges Mädchen „zuerst unter Drogen, dann missbraucht, dann getötet und wie ein Stück Abfall an einen Straßenrand geworfen wurde“. Können Sie nicht? Ich auch nicht. Ehrlich gesagt, bin ich tatsächlich dankbar, dass Angela Merkel den Mund gehalten hat, denn, ganz offen? Jedes einzelne Wort wäre geheuchelt gewesen. Es haben ja auch genug ihrer Lakaien verkündet, „wo ihre Gedanken sind“. Mit Angela Merkel tritt eine Kanzlerin ab, die in der langen Reihe von Bundeskanzlern tatsächlich diejenige gewesen ist, die dieses Land am nachhaltigsten verwüstet hat.

Nach 16 Jahren Merkel haben wir eine Gesellschaft, die heute gespaltener ist, als es das geteilte Deutschland jemals war. Denn bis 1989 waren wenigstens die Grenzverläufe des Sag- und Denkbaren sichtbar. Die heutigen unsichtbaren Grenzen laufen durch Köpfe und Herzen der Menschen und verschieben sich permanent. Wer gestern noch völlig unbedarft ein richtiges Wort sagte, findet sich heute Morgen plötzlich auf der ganz ekelhaften, ganz rechtsextremen Seite. Ein Satz wie „Die multikulturelle Gesellschaft ist eine Illusion von Intellektuellen“ würde heute Helmut Schmidt seine SPD-Mitgliedschaft kosten. Franz-Josef Strauß würde definitiv wegen „Volksverhetzung“ im Knast landen.

Es hat sich viel verändert in Deutschland. Betroffen sind davon allerdings nicht die, die sich „über Veränderungen freuen“, sondern die, die dafür ihre Gesundheit oder ihr Leben lassen mussten und trotzdem tapfer die Veränderungsfreudigen mit ihren Steuergeldern verhältnismäßig hoch alimentieren. Betroffen sind die, die sich nach Einbruch der Dämmerung nicht mehr in die Stadtparks oder Fußgängerzonen trauen. Und das nicht, weil es da so schrecklich viele Nazis gäbe. Betroffen sind die, deren Stadtteile zu NoGo-Areas geworden sind und die keinen einzigen Namen am Klingelschild des eigenen Wohnblocks mehr aussprechen können. Und deren Kinder Deutsch als erste Fremdsprache lernen.

„Mutti“ ist das egal. Sie hat es hinter sich. Im Grunde glaube ich, dass Deutschland Angela Merkel immer egal war. So, wie ihr auch die Union egal war. Ohne Angela Merkels Politik gäbe es heute keine AfD. Posten und Partei waren ihr nur Mittel zum Zweck, um irgendwie in die Geschichtsbücher zu kommen – und das möglichst positiv. Sie hatte immer ein höheres Ziel und das hieß Europa. Diesem Europa hat Angela Merkel ihr Land, ihre Bürger und deren Ein- und Auskommen geopfert. Mögen sie toben und schreien, die deutschen Kleinbürger oder mögen sie einfach den Mund halten und weiterwursteln – es interessiert die Kanzlerin nicht. Sie tritt ab, bevor sie abgetreten wird. Falls sich überhaupt jemand fände, der sie so ablöst, wie sie einst Helmut Kohl abgelöst hat.

Ich werde sie keine Sekunde vermissen

Es ist nicht so, dass Angela Merkel es nicht angekündigt hätte: „Wenn wir uns jetzt noch entschuldigen müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land". Und sie hat dies auch konsequent immer wieder gezeigt. Angela Merkel wird als große Kanzlerin und große geschichtliche Persönlichkeit aus dem Amt scheiden – eine echte deutsche Bundeskanzlerin war sie ebenso wenig, wie die „Mannschaft“ die „deutsche Nationalmannschaft“ ist. „Ihr“ Volk und „ihr“ Land hat es nie gegeben. Es gab auf der einen Seite Angela Merkel und auf der anderen Seite Deutschland. Was ihre Politik mit dem Land und den Menschen macht, die darin leben und von dem sie qua Amtseid „Schaden abwenden“ sollte, war nie ihr Thema. Es dürfte Bücher füllen, sämtliche diesbezüglichen Handlungen aufzuführen. Mutmaßlich wird dies auch passieren.     

Angela Merkel dachte immer in viel größeren Zusammenhängen, viel multidimensionaler. Nur Deutschland war ihr viel zu klein! Sie hat es aber geschafft, dies lange, viel zu lange, zu verbergen. Auch, was sie da konkret denkt. Ich vermute, irgendetwas mit der Überschrift „Legende der europäischen Geschichtsschreibung“. So eine Art multilateral erbautes Pharaoninnengrab, dessen Reden und Vertrags- und Gesetzestexte Myriaden von künftigen Studenten der Politologie durchvertikutieren dürfen.

Ich habe keine Ahnung, was in 50 Jahren über sie in den Geschichtsbüchern stehen wird – allein deshalb schon, weil ich bis dahin Teil der Friedhofserde sein werde – ich kann von mir selbst aber sagen, dass ich sie keine Sekunde vermissen werde. Sie mich auch nicht. Es ist mir durchaus bewusst, dass keiner ihrer drei potenziellen Nachfolger einem Helmut Schmidt oder einem Willy Brandt das Wasser wird reichen können – aber das konnte und wollte sie ja auch nicht. So werden wir also im September keinen besseren Kanzler und keine bessere Politik bekommen – allerdings wäre ich für meinen Teil schon zufrieden, wenn es nicht noch schlechter würde. Ich bin bescheiden geworden: Ein deutscher Bundeskanzler oder eine deutsche Bundeskanzlerin würden mir genügen. Leider tritt diesbezüglich niemand an. Suchen wir uns also den nächsten Kanzlerdarsteller heraus, dem zu Würzburg und den Konsequenzen seiner Politik so gar nichts einfällt. Wenn er oder sie denn nur generell den Mund hält…

(Weitere Packungen des Autors unter www.politticker.de)  

 
Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Foto: Timo Raab

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Leserpost

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Ridley Banks / 05.07.2021

Und dereinst wird die in der Unterwelt schmoren, und um Endlichkeit bitten.

Sigrid Leonhard / 04.07.2021

@Karla Kuhn, zu ““Da müssen wir eben alle durch!” “Naja, das ist eben so - was soll man da machen.” So etwas hörte ich von durchaus netten Menschen,” Das sind keine netten Menschen. Das sind allerhöchstens Menschen, die sich in Sonnenzeiten normaler Weise nett verhalten.

Peer Doerrer / 04.07.2021

@Sabine Heinrich / 04.07.2021 Was mich entsetzt hat , der regelrecht geisteskranke Gehorsam vieler Mitmenschen wirklich jeden Corona - Blödsinn mitzumachen . Bedingungslos ! Abstand , nehmen sie Abstand… brüllte mich ein feister Herr im Baumarkt an , als hätte ich Ebola . Mitleid konnte ich nirgends feststellen , im Gegenteil : ist mir doch egal , war die allgemeine Grundhaltung , eisige Kälte statt Mitgefühl besonders Alten und Kindern gegenüber . Selbst die Fußball- Tore auf dem Spielplatz wurden den Kindern weggenommen , erzählte mir mein Enkel . Regelrechte Waschungen mit Desinfektionslösung vor dem Supermarkt : ich konnte es mir nicht verkneifen…schütten sie doch auch was auf den Kopf mein Herr , zu sagen . Er brabbelte was von dümmlichen Sprüchen . Wenn die Kanzlerin der Herzen angeordnet hätte : gehen auf allen vieren , wäre ganz Deutschland gekrochen . Nie im Leben habe ich hier im Westen soviel Unterwürfigkeit gesehen , nicht einmal in dreißig Jahren DDR .

Elias Schwarz / 04.07.2021

Ich habe auch keine Ahnung, was in 50 Jahren über sie in den Geschichtsbüchern stehen wird – aber wenn es mit Schulbildung und Ersatzreligin weiter so läuft, habe ich einen großen Zweifel, daß es in 50 Jahren nocht jemanden geben wird, der noch die alte Kunst des Lesens - sei es diese Geschichtsbücher oder Bildzeitung - beherrschen wird.

Bernd Schreller / 04.07.2021

Merkel ist ein Rad des Plans einer weltweiten Umformung. Das kleiner zu sehen, wird ihr und dem bösen Ende nicht gerecht. Sie wird sich als erfolgreicher und böser als Adolf erwiesen haben, weil die Konsequenzen ihrer Verbrechen weitreichender und unumkehrbar sein werden.

Michael Schweitzer / 04.07.2021

Herr Schneider,die Deutschen wollen einfach aus ihrer Geschichte mit durchgeknallten Führern was ihnen nie gut tat nichts lernen ,weil sie alles glauben,dumm sind(es wird nichts hinterfragt) feige und obrigkeitshörig veranlagt sind.Deswegen passiert das immer wieder.Schaun sie auf das Ende des Zweiten Weltkriegs,wo die GIs unter Drohung und Benutzung des Gewehrkolbens die Bevölkerung durch die KZs geführt haben.Hier muß immer alles schlimm enden und sie können in ihrem Wahn nur noch von aussen gerettet werden.Wir sind zu wenige,aber ich halte stand.

Andreas Rochow / 04.07.2021

@ Xaver Huber - Ihr Statement gefällt mir, weil ich es für voll zutreffend halte. Ich teile auch den Kummer darüber, dass Mehrheiten der Kanzlerin ihre Rechts- und Verfassungsbrüche durchgehen lassen. Als Erklärung fällt mir nur ein: Im Windschatten, den Hitlers verbrechen hinterlassen haben, ist jeder Rechts- und Verfasdungsbruch der Groko-Kanzlerin ein Vogelschiss. Dennoch muss und wird es ein Tribunal geben. Ich schlage als Auszragungsort Nürnberg vor. Trump würde sagen: “Wir holen uns unser Land zurück.”

Marco Stein / 04.07.2021

Wenn man Deutschland in ein multikultikulturelles Siedlungsgebiet ohne Zugehörigkeits-,Heimatgefühl und Zusammenhalt transformieren will, muss man das so machen. Deshalb haben die Opfer wie zuvor schon in Berlin und sonstwo keine Namen, die Tat ansich wird wie immer linksgrün relativiert, und der Held, der die Würzburger vor dem frommen Mann bei seinem persönlichen Dschihad gerettet hat ist natürlich ein Muslim, hier ein Iraner.  Alle Deutschen standen anscheinend nur dumm herum und haben natürlich keinen Orden verdient. Anlalog dazu ist der Held von Wien, der die 4 Afghanen auffliegen ließ, die vorgestern eine 13 jährige erst unter Drogen gesetzt, dann gruppenvergewaltigt und dann erwürgt haben, natürlich ein Muslim. ......Und täglich grüßt der Einzelfall. Ich erinnere mich übrigen an nicht einen buddhistischen, hinduistischen, taoistischen, shintoistischen, jüdischen, jesidischen….Terrorakt. Da gibt es scheinbar ein muslimisches Monopol. Trotzdem bereichern uns jedes Jahr aufs neue hundertausende, die hier auf Staatskosten leben möchten. Abschiebungen ? Fehlanzeige. Den Leibwächter von Osama bin Laden, der hier auf Staatskosten residierte und “versehentlich” abgeschoben wurde sollte gegen Zwangsgeld und Gerichtsurteil zurückgeholt werden. In jedem Werbespot ist heute mindestens ein Farbiger zu sehen, in jeder TV Talkshow sitzt mindestens ein Migrant oder Muslim, die Tagesshau wird von Migranten moderiert, die Liebespaare in deutschen TV Produktionen sind gefühlt immer black + white. Im Tatort ist immer der Migrant das Opfer, in deutschen Gefängnissen sitzen weit überproportional Auslände, Schulklassen sind bis zu 95% Migrantenkinder…..., 2017 waren laut BKA bei Totschlag und Mord 42% Ausländer die Täter, so dass man dies so langsam als den Normalfall ansieht.  Deutschland mit Deutscher Bevölkerung war gestern. Schon am 2.6.2000 sagte Nadeem Elyas: Das Ende des säkurären Staates ist da, wenn Muslime in der Mehrheit sind. Allzu lange dauert das nicht mehr.

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