Obwohl es aus einer liberalen Sicht, die den Menschen als Erwachsenen für mündig hält, kein gutes Argument für ein Inzestverbot gibt, hat der Autor natürlich trotzdem Recht. Alleine die Grösse der persönlich betroffenen Gruppe (einige dutzend Menschen in Deutschland?) sollte davon abhalten, ohne Not, ohne gesellschaftlichen Druck und fast ohne persönlich Betroffene eine per se hochgradig aufgeladene Debatte zu eröffnen, geschweige denn, dafür etwa Gesetze zu ändern. If it ain´t broken, don´t fix it. Der überflüssige Aufruf des Ethikrates (wollte da jemand unbedingt in die Medien?) bestärkt mich nur einmal mehr darin, dass es uns in Deutschland nicht schlecht geht. Sondern so gut, dass wir - ernsthaft und seriös - marginale Minimalstproblemchen diskutieren können. Gruss, Thorsten Haupts
Das klingt hilf- und einfallslos. Lassen Sie mich Ihren Artikel kurz zusammenfassen: “Da könnte ja jeder kommen. Wo kommen wir denn da hin? Das haben wir ja noch nie so gemacht.”
Der Ethikrat hat vollkommen recht. Die Justiz ist nicht für die Gesinnung zuständig, sondern für die Festsetzung der Strafe bei Übertretung eines Gesetzes, das sie selbst nicht formuliert hat. Das nennt man Gewaltenteilung, und es ist das Grundprinzip eines jedes Rechtsstaates. Rette sich wer kann von denen, die glauben, die Justiz sei dazu da, Moralvorstellungen zu fixieren.
Wird unsere Gesellschaft wirklich gefährdet, wenn erwachsene Geschwister miteinander schlafen, juristisch: „den Beschlaf vollziehen“? Warum eigentlich? Die Abschaffung dieser Vorschrift ist überfällig. Sie verursacht Leid und bewirkt nichts Gutes. Der Anstoß des Ethikrates sollte vom Gesetzgeber aufgegriffen werden. Es gibt sicherlich nur wenige Menschen, die von dieser Vorschrift betroffen sind. Das ist jedoch kein Grund, diese Vorschrift aufrecht zu erhalten. Der Fall des Geschwisterpaares mit vier Kindern ging durch alle Medien. War es wirklich im Sinne unserer Wertvorstellungen und eines liberalen Rechtsstaates, den Vater der Kinder ins Gefängnis zu schicken. Ist nicht der Schutz der Familie wertvoller als das Aufrechterhalten eines Tabus? Hintergrund des Tabus ist die Furcht, dass die Kinder einer solchen Beziehung behindert sein könnten. Der Ethikrat weist zurecht darauf hin: “Das Risiko, ein genetisch belastetes Kind zu bekommen, führt in keinem anderen Kontext dazu, ein Verbot auszusprechen.
Familie sollte doch Schutzraum sein. Sexualität draußen lassen. Inzest-Tabu ist für mich ein Zeichen von Zivilisation: in die Welt hinausgehen und sich einen adäquaten Partner suchen. Bei Milliarden von Menschen ist es möglich. Alles andere ist doch hinterwäldlerisch, wie in einem Kaff hinter den sieben Bergen. Gesellschaftlicher Fortschritt geht anders.
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